Mikroplastik in den Meeren ist längst kein Randphänomen mehr, sondern ein globales Umweltproblem von immensem Ausmaß. Diese winzigen Plastikpartikel, die zwischen einem Mikrometer und fünf Millimetern messen, dominieren mittlerweile die Gesamtheit des gemessenen Plastikmülls in den Ozeanen. Während sich die meisten Untersuchungen bislang auf die Meeresoberfläche konzentrierten, gewannen neuere Studien zunehmend an Bedeutung, die sich der Verteilung der Mikroplastiken unterhalb der Wasseroberfläche widmen. Diese sogenannte subsurface Verteilung umfasst Tiefenbereiche, die mit herkömmlichen Methoden oft nicht oder nur unzureichend erfasst werden, typischerweise unterhalb von 50 Zentimetern. Erstaunlicherweise zeigt sich, dass Mikroplastik im gesamten Wasserprofil – von der Küste bis in die Tiefsee – vorkommt und dabei eine vielfältige Verteilung und unterschiedliche Verhaltensweisen aufweist.
Grundsätzlich lässt sich zwischen kleinen Mikroplastikpartikeln mit einer Größe von einem Mikrometer bis zu 100 Mikrometern und größeren Partikeln bis zu fünf Millimetern unterscheiden. Diese Größenklasse beeinflusst maßgeblich, wie sich die Kunststoffpartikel in der Wassersäule bewegen und verteilen. Kleinere Mikroplastiken verteilen sich relativ gleichmäßig bis in größere Tiefen, wobei ihre Anzahl mit zunehmender Tiefe nur langsam zurückgeht. Größere Mikroplastiken hingegen zeigen eine Tendenz, sich eher in klar abgegrenzten Schichten des Wassers zu konzentrieren, beispielsweise an sogenannten Pyknoklinen. Diese sind Schichten mit starken Dichteunterschieden im Wasser, bedingt durch Temperatur- oder Salzgehaltsunterschiede, die wie Barrieren wirken und das Sinken der Partikel verlangsamen oder sie in bestimmten Tiefen halten.
Die Gründe für die unterschiedliche Verteilung liegen in mehreren physikalischen und biologischen Faktoren begründet. So bestimmen die Größe, Dichte und Form der Mikroplastikpartikel, wie schnell sie sinken oder schweben, welche Strömungen sie mitführen und wie sie sich mit biologischen Aggregaten oder Biofilmen verbinden. Biofilme beispielsweise – Ansammlungen von Mikroorganismen, die die Partikel besiedeln – können die Dichte des Plastiks verändern und so sein Sinken beschleunigen oder verlangsamen. Zudem beeinflussen biologische Prozesse, wie das Verschlucken und Ausscheiden durch Meerestiere, die vertikale Bewegung der Plastikteile. Interessanterweise reichen die bekannten Ansammlungszonen großer Kunststoffpartikel, die zum Beispiel in subtropischen Wirbeln an der Meeresoberfläche beobachtet werden, auch in die Wassersäule hinab, aber meist nur in den oberen 100 Metern.
Diese Zonen werden durch komplexe Wechselwirkungen von Wind, Strömungen und physikalischen Merkmalen des Wassers geprägt. Kleine Mikroplastiken zeigen hingegen diese Konzentrationen seltener und verteilen sich oft viel homogener, was auch eine längere Verweildauer im Wasser impliziert. Die Mengen an Mikroplastiken in den verschiedenen Tiefenbereichen sind beeindruckend und teilweise erschreckend hoch. Studien an über 1.800 Messstationen weltweit zeigen eine Spannweite von extrem niedrigen Konzentrationen von 0,0001 Partikeln pro Kubikmeter bis hin zu Werten von 10.
000 Partikeln pro Kubikmeter Wasser. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Ozean nicht nur über die Oberfläche, sondern in der gesamten Wassersäule ein Reservoir für diese Kunststoffpartikel darstellt. Insbesondere nah an Küstengebieten lässt sich eine extrem hohe Konzentration finden, die oft um ein Vielfaches über den Konzentrationen im offenen Ozean liegt. Die Nähe zu terrestrischen Quellen wie Flüssen, Siedlungen und industriellen Anlagen spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Der Einfluss von Mikroplastiken auf marine Ökosysteme und die globalen biogeochemischen Kreisläufe wird zunehmend erforscht.
Plastik stellt dabei einen zusätzlichen Kohlenstoffpool im Meer dar, da es im Gegensatz zu natürlichem organischem Material kaum biologisch abgebaut wird. Verhältnisse zeigen, dass der Anteil von Kohlenstoff aus Mikroplastiken im Partikularkohlenstoff mit zunehmender Tiefe ansteigt und in größeren Tiefen bis zu fünf Prozent des gesamten organischen Partikularkohlenstoffs ausmachen kann. Diese Tatsache kann das marine Kohlenstoffsystem nachhaltig beeinflussen, ebenso wie die Genauigkeit von Altersbestimmungen und Klimaproxys, die auf bestimmten Kohlenstoffisotopen basieren. Die genetische, chemische und physikalische Vielfalt der Mikroplastiken erschwert jedoch nicht nur die Analyse, sondern auch das Verständnis der Wirkungen und Verteilungsmechanismen. Mikroplastiken entstehen durch die Fragmentierung größerer Plastikfragmente, polarisieren unterschiedliche polymerbasierte Eigenschaften, weisen verschiedene Formen – von Fasern bis zu faserförmigen oder plättchenartigen Strukturen – auf und sind mit zahlreichen Zusatzstoffen versehen.
Zahlreiche biologische Interaktionen, wie die Belagerung durch Mikroorganismen, Viren oder potenzielle Krankheitserreger, tragen zusätzlich zur Komplexität bei. Die Messmethodik der Mikroplastiken ist einer der Hauptgründe für die großen Unsicherheiten bei der Abschätzung von Konzentrationen und Verteilung. Unterschiedliche Filtergrößen, Probenahmemethoden und Analysetechniken führen zu erheblichen Schwankungen in den Ergebnissen. Aktuelle Techniken wie μ-FTIR (mikro-Fourier Transform-Infrarot Spektroskopie) oder μ-Raman-Spektroskopie erlauben mittlerweile die zuverlässige Detektion von Partikeln bis zu einer Größe von zehn Mikrometern, was zu deutlich höheren Nachweiszahlen führt als frühere optische Verfahren. Dennoch müssen standardisierte Methoden und transnationale Kooperationen weiter vorangetrieben werden, um vergleichbare und belastbare Datengenerationen zu gewährleisten.
Modelle, die versuchen, die Verteilung und das Verhalten von Mikroplastiken in der Wassersäule zu simulieren, stehen vor vergleichbaren Herausforderungen. Viele berücksichtigen bereits physikalische Parameter wie Strömungen, Windmischung und Diffusion, doch wichtige biologische Prozesse wie Biofouling, Aggregation mit Meerespartikeln oder Transport durch Organismen werden oftmals nicht oder nur unzureichend abgebildet. Die Berücksichtigung dieser Faktoren ist essenziell, um die tatsächliche Verweildauer, Transportwege und Akkumulationszonen von Mikroplastiken präziser abzubilden und damit auch deren mögliche ökologische Auswirkungen besser einschätzen zu können. Die Zusammensetzung der Mikroplastiken ist ebenfalls sehr variabel. Häufig stammen die Partikel aus Polyethylen, Polypropylen, Polyester oder Polyamiden.
Es zeigen sich Unterschiede zwischen küstennahen und offenen Ozeangebieten in der Dominanz bestimmter Polymerarten, die mit Produktionstätigkeiten, Abbauprozessen oder Eingabepfaden in Zusammenhang stehen. Besonders dichtematerialische Mikroplastiken, etwa aus Polyester, sind häufiger in den Offshore-Bereichen zu finden, während leichtere, auftriebfähige Arten nahe der Küsten vorkommen. Zudem ist zu beobachten, dass Polypropylen sich im Wasser schneller abbaut als Polyethylen aufgrund seiner chemischen Anfälligkeit gegenüber UV-Strahlung. Die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse unterstreichen den dringenden Bedarf an einer internationalen und multidisziplinären Zusammenarbeit zur Standardisierung von Erhebungsmethoden, zur räumlich-zeitlichen Erweiterung der Datenerhebung sowie zur Weiterentwicklung von Modellen und Analyseverfahren. Nur so lässt sich die Verbreitung von Mikroplastiken im Ozean im Detail verstehen und deren Risiken für marine Lebewesen eingrenzen.
Dabei hat die Erforschung der tieferen Wasserschichten, die bisher durch die meisten Studien vernachlässigt wurden, zentrale Bedeutung, da hier die größten Wissenslücken bestehen. Zusätzlich sollten innovative Technologien wie autonome Messplattformen oder optische Sensoren verstärkt zum Einsatz kommen, um kontinuierlich und flächendeckend Daten auf verschiedenen Tiefenleveln zu sammeln. Durch eine verbesserte Auflösung können Verschiebungen bei saisonalen Bedingungen, in verschiedenen Ökosystemen sowie in unterschiedlichen marinen Provinzen präziser nachverfolgt werden. Das Bewusstsein für die Umweltrisiken, die von durch Mikroplastiken verbreiteten Schadstoffen oder Mikroorganismen ausgehen, wächst ebenso wie das Wissen um deren vielfältige Interaktionen mit marinen Organismen, von planktonischen Kleinstlebewesen bis zu höheren Tieren. Die Auswirkungen auf die Nahrungsketten und die biologische Kohlenstoffpumpe sind dabei potenziell gravierend und eröffnen ein noch weites Feld für zukünftige Untersuchungen.