Kering, der französische Luxusgüterkonzern unter der Führung von Francois-Henri Pinault, steht derzeit vor großen Herausforderungen. Die einstige Wachstumsstory rund um das Aushängeschild Gucci hat sich zunehmend als zweischneidiges Schwert erwiesen. Pinaults Versuch, die Abhängigkeit vom Markenflaggschiff Gucci zu reduzieren und das Portfolio durch strategische Zukäufe zu diversifizieren, hat nicht nur neue Chancen eröffnet, sondern auch eine enorme Schuldenlast erschaffen, die den Konzern in eine schwierige Lage bringt. Das Geschäftsmodell von Kering und die dahinterstehende Führung haben es geschafft, Gucci als weltweite Luxusmarke zu etablieren. Dabei wurden kreative Innovationen und markante Designs zum Erfolgsrezept.
Doch nach Jahren spektakulären Wachstums begannen die Herausforderungen. Die Pandemie veränderte das Kaufverhalten der Verbraucher und ließ den Glanz um Gucci etwas verblassen. Die extravaganten Designs von Alessandro Michele, einst die treibende Kraft hinter der Marke, verloren an Attraktivität. Die Nachfrage moderaterer, klassischer Looks nahm zu, was eine Neuausrichtung von Pinault und seinem Team erzwang. Um die Risiken, die mit der starken Konzentration auf eine einzelne Marke einhergehen, zu reduzieren, startete Kering eine Offensive zur Portfolioerweiterung.
Die Beteiligung an Valentino, dem Parfümhersteller Creed, bedeutende Investitionen in Immobilien und eine Beteiligung an einer Hollywood-Talentagentur zählen zu den wichtigsten Zukäufen. All diese Aktivitäten wirkten zunächst wie ein cleverer Schachzug, die Abhängigkeit von Gucci zu mindern und die Ertragsquellen zu verbreitern. Allerdings sind diese Expansionsmaßnahmen nicht ohne Folgen geblieben. Kering erreichte Ende 2024 eine Nettoverschuldung von 10,5 Milliarden Euro, ein drastischer Anstieg gegenüber nahezu null im Jahr 2021. Diese Summe entspricht etwa der Hälfte der Marktkapitalisierung des Unternehmens.
Gleichzeitig steht die Familienholding Artemis, die Kering kontrolliert, ebenfalls unter erheblichem finanziellen Druck. Die dort angesammelte Schuldenlast verlangt unter anderem eine Rückzahlung von 500 Millionen Euro an Investoren nach dem Ablauf einer Wandelanleihe, was die Liquiditätslage zusätzlich belastet. Die hohe Schuldenquote des Konzerns erfolgt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die globale Luxusbranche befindet sich in einer langanhaltenden Wachstumsflaute, verschärft durch geopolitische Spannungen, wie den Tarifdrohungen der amerikanischen Administration unter Donald Trump, und die veränderten Konsumgewohnheiten nach der Pandemie. Die Kering-Aktien sind im Verlauf der letzten zwei Jahre um 60 Prozent gefallen, was das Vertrauen der Anleger deutlich schmälert.
Kostensenkungen und der Verkauf von Anteilen an Immobilien sollen zwar die finanzielle Schieflage abmildern, ein rasches Ende der Schuldenproblematik ist jedoch nicht in Sicht. Die Gefahr einer weiteren Herabstufung des Kreditratings droht, womit Kering in puncto Kapitalbeschaffung und Investitionsfähigkeit weiter eingeschränkt würde. Zugleich verschärft sich der Konkurrenzkampf im Luxussegment. Namen wie Hermès, Chanel oder das Branchenriesen LVMH bewegen sich mit geringerer oder gar keiner Verschuldung, investieren weiterhin kräftig in die Stärkung und Innovation ihrer Marken und sichern sich so nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Finanzexperten sehen in der aktuellen Phase für Kering eine perfekte Sturmfront aus sinkenden Umsätzen, rückläufigen Gewinnen und steigenden Zinsen.
Die Möglichkeit, bestehende Schulden zu günstigen Konditionen umzuschulden, ist stark eingeschränkt. Dies trifft Kering besonders hart, da die Zinskosten steigen und gleichzeitig der operative Cashflow unter Druck gerät. Die Strategie von Pinault, auf verschiedene Marken zu setzen und Gucci zu sparen, entpuppt sich so paradoxerweise als finanzielle Belastung. Die Zukäufe bedürfen noch weiterer Kapitalzuführungen, so etwa im Falle von Valentino, dessen kompletter Erwerb für das kommende Jahr geplant ist. Der Wunsch, Gucci durch diversifizierte Angebote zu stabilisieren und neu zu beleben, braucht erhebliche finanzielle Mittel, die das angeschlagene Unternehmen erst aufbringen muss.
Pinaults Herausforderung ist es somit, eine Balance zu finden zwischen künstlerischer Innovation und wirtschaftlicher Tragfähigkeit. Die Dynamik im Luxusmarkt verlangt einerseits Kreativität und Mut, andererseits aber auch solide Finanzen und effizientes Management. Kritiker bemängeln, dass die verschuldungsgetriebene Expansionsstrategie von Kering zu einer finanziellen Überforderung geführt hat, die das Potenzial birgt, den einst hochgelobten Konzern in Turbulenzen zu stürzen. Trotz der Schwierigkeiten will Kering an seinem Weg festhalten und sieht sich selbst als langfristig aufgestellt, um die Transformation des Unternehmens zu meistern. Die Kombination aus der Wiederbelebung Gucci-spezifischer Kollektionen und der erfolgreichen Integration der Neuakquisitionen soll das Geschäft stabilisieren und neue Wachstumsperspektiven eröffnen.