In den letzten Jahren hat die Verbreitung von künstlich generierter Musik durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) deutlich zugenommen. Diese technologische Innovation ermöglicht es, Musikcomputerprogramme und Algorithmen zu verwenden, um Songs zu komponieren, zu produzieren und zu veröffentlichen, ohne dass menschliche Musiker direkt daran beteiligt sind. Während diese Entwicklung neue kreative Möglichkeiten eröffnet, bringt sie auch eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich – allen voran den massiven Anstieg von Streaming-Betrug auf Plattformen wie Deezer. Laut jüngsten Berichten sind bis zu 70 Prozent der Streams von KI-generierter Musik auf Deezer betrügerisch. Diese beunruhigenden Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die Problematik des illegalen Profitstrebens im digitalisierten Musikmarkt und die Notwendigkeit, wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Deezer, eine der führenden Musik-Streaming-Plattformen mit über zehn Millionen Abonnenten weltweit, hat in einer umfassenden Analyse festgestellt, dass KI-generierte Musik derzeit lediglich etwa 0,5 Prozent aller Streams auf ihrer Plattform ausmacht. Dennoch heben sie alarmierend hervor, dass bis zu 70 Prozent dieser Streams manipuliert und von betrügerischen Bots generiert werden, um unrechtmäßig Tantiemen zu erlangen. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass Künstler, die tatsächlich handgemachte Musik produzieren, weniger Geld erhalten und unter ungerechtfertigter Konkurrenz leiden. Der Streaming-Betrug funktioniert dabei meist auf eine sehr raffinierte Art und Weise: Kriminelle oder organisierte Gruppen programmieren Bots, also automatisierte Programme, die millionenfach bestimmte KI-generierte Songs abspielen, um die künstliche Wiedergabeanzahl so in die Höhe zu treiben, dass die Plattformen den Künstlern Tantiemen ausbezahlen. Da Streaming-Dienste ihre Tantiemen basierend auf der Anzahl der Streams auszahlen, entsteht so ein lukratives Geschäftsmodell, welches ganz legal wirkt, aber eigentlich auf Täuschung beruht.
Diese betrügerischen Aktivitäten haben in der Streaming-Branche weitreichende Folgen. Zum einen wird das Vertrauen in digitale Musikdienste untergraben, wenn Hörer und Künstler solche Machenschaften wahrnehmen. Zum anderen werden legitime Künstler finanziell geschädigt, da ein Teil der Gelder, der eigentlich ihnen zusteht, durch Fake-Streams abgeschöpft wird. Dies ist besonders schädlich, weil gerade jüngere und unabhängige Musiker häufig auf Streaming-Tantiemen als Haupteinnahmequelle angewiesen sind. Deezer reagiert auf diese Welle von Streaming-Betrug mit eigenen technischen Entwicklungen.
Die Plattform hat ein spezielles Tool eingeführt, das in der Lage sein soll, zu 100 Prozent aus KI erzeugte Musik zu erkennen – insbesondere von den bekanntesten und meistgenutzten KI-Musikmodellen wie Suno und Udio. Sobald ein Lied als KI-generiert identifiziert und im Zusammenhang mit betrügerischen Streaming-Aktivitäten gebracht wird, werden keine Tantiemen dafür ausgezahlt. Zudem entfernt Deezer vollständig AI-generierte Musik aus ihren algorithmischen Empfehlungslisten, um das Wachstum dieser Musikform innerhalb ihrer Nutzerbasis einzudämmen. Die Zahl der hochgeladenen KI-generierten Tracks ist jedoch enorm: Im April des Jahres berichtete Deezer, dass inzwischen rund 18 Prozent aller Uploads auf der Plattform komplett AI-generiert sind – das entspricht etwa 20.000 Titeln pro Tag.
Das schnelle Wachstum dieser Musikform lässt sich einerseits mit technologischen Fortschritten erklären, andererseits mit dem Anreiz, durch die Generierung und Verbreitung von künstlichen Songs Geld zu verdienen. Der globale Markt für Musik-Streaming ist gigantisch und wurde im vergangenen Jahr mit einem Volumen von 20,4 Milliarden US-Dollar bewertet. Vor diesem Hintergrund wirken die aktuellen Betrugsversuche wie ein Wettlauf zwischen Gaunern und Anbietern, die ihre Plattformen schützen wollen. Der Director für Tantiemen und Berichte bei Deezer, Thibault Roucou, beschreibt die Täter als gut organisiert und mit der Absicht, möglichst hohe Gewinne durch betrügerische Streams zu erzielen. Solche Streaming-Betrugsfälle sind kein Einzelfall und beschränken sich nicht auf Deezer.
Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) betont in ihrem aktuellen globalen Musikbericht, dass betrügerisches Streaming ein ernstes Problem darstellt, das vor allem durch die Entwicklung generativer KI-Technologien verschärft wird. Die IFPI warnt davor, dass Millionen von Dollar, die aus Streaming-Einnahmen stammen, von Betrügern abgegriffen werden, wodurch die legitimen Künstler um dringend benötigte Einkünfte gebracht werden. Ein besonders drastisches Beispiel zeigt der Fall eines US-Musikers, Michael Smith, der im vergangenen Jahr strafrechtlich verfolgt wurde. Er hatte hunderte Tausende KI-generierter Songs produziert und diese rechtswidrig Milliarden von Mal gestreamt, wodurch er über 10 Millionen US-Dollar an Tantiemen erlangte. Solche Fälle veranschaulichen das Ausmaß und die Professionalität, mit der der Betrug organisiert sein kann.
Trotz der Herausforderungen zeigt die technische und rechtliche Entwicklung Hoffnungsschimmer. Musik-Streaming-Plattformen investieren zunehmend in Technologien zur Erkennung und Abwehr von Betrugsversuchen. Die stetige Verbesserung von Algorithmen zur Unterscheidung zwischen menschlich und künstlich erzeugter Musik ist ein entscheidender Faktor. Darüber hinaus wächst das Bewusstsein und die Sensibilität innerhalb der Branche gegenüber den Risiken von KI-generierter Musik und den damit verbundenen Betrugsfällen. Darüber hinaus sind auch Gesetzgeber und Regulierungsbehörden gefragt, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die Betrug effektiv verhindern und die Rechte von Künstlern schützen.
Dabei müssen sie einen Balanceakt zwischen technologischer Innovation, künstlerischer Freiheit und Schutz vor finanziellen Schäden meistern. Gleichzeitig sollten Musiker und Produzenten mehr über mögliche Risiken von KI-Technologien aufgeklärt werden, damit sie sich gegen Missbrauch besser wappnen können. Der Einsatz von KI in der Musikproduktion ist zweifellos eine spannende Entwicklung, die das kreative Potenzial erweitert und neue Ausdrucksformen ermöglicht. Doch die dunkle Seite dieser Entwicklung ist der Missbrauch durch Betrüger, die auf einfache Weise und mit wenig Aufwand große Gewinne erzielen wollen. Die Branche steht daher am Scheideweg, um den Umgang mit KI-generierter Musik zu definieren und die Integrität der Streaming-Plattformen zu wahren.
Insgesamt zeigt der Fall Deezer, wie wichtig Wachsamkeit und Innovation sind, um Streaming-Betrug im Zeitalter von KI und Digitalisierung zu bekämpfen. Die weitere Entwicklung wird maßgeblich davon abhängen, wie gut die Industrie, Technologieanbieter und Gesetzgeber zusammenarbeiten können, um diesen neuen Herausforderungen effektiv zu begegnen. Nur so kann die Musiklandschaft fair, kreativ und nachhaltig gestaltet werden – zum Wohle von Künstlern, Fans und der gesamten Branche.