In San Francisco gibt es viele Alltagsprobleme wie Graffiti, falsch geparkte Autos oder Müll auf den Straßen, die der Stadtverwaltung gemeldet werden müssen, um schnell behoben zu werden. Für die Bürger war das Melden solcher Beschwerden bislang oft mühsam und zeitaufwendig, hauptsächlich über die offizielle 311-App oder die Hotline. Doch seit Januar 2025 hat eine neue App namens „Solve SF“ diese Situation grundlegend verändert. Patrick McCabe, ein Elektroingenieur aus der Nachbarschaft Castro, hat das Tool entwickelt, das es ermöglicht, Beschwerden in nur zehn Sekunden mit künstlicher Intelligenz direkt an die Stadt zu schicken. Trotz der hohen Nutzerzahlen und der positiven Resonanz aus der Community droht nun das Aus für „Solve SF“, denn die Stadtverwaltung kündigte an, die dafür notwendige Schnittstelle, die sogenannte Open 311 API, zum 12.
Juli zu schließen. Diese überraschende Entscheidung wirft zahlreiche Fragen auf und sorgt für Unmut bei Anwendern und Experten. „Solve SF“ punktet vor allem mit seiner Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit. Während die offizielle 311-App etwa eine Minute benötigt, um einen Bericht zu erstellen, erledigt „Solve SF“ dies in nur zehn Sekunden. Der Grund dafür ist die intelligente Nutzung von KI, die automatisch eine Beschreibung aus einem aufgenommenen Foto generiert und die passende Kategorie auswählt.
Dieser unkomplizierte Prozess erspart den Nutzern lästiges Suchen und langwieriges Ausfüllen. Seit der Veröffentlichung haben mehr als 900 Menschen die App heruntergeladen und über 16.000 Meldungen abgegeben, viele davon über Probleme wie falsch geparkte Autos oder Verschmutzungen in der Stadt. Experten und Freiwillige, die regelmäßig in der Stadt unterwegs sind, schwärmen von der Zeitersparnis und der praktischen Handhabung der App. Die positiven Stimmen zu „Solve SF“ reichen von privaten Anwendern über aktive Umweltschützer bis hin zu bekannten Persönlichkeiten wie Jeremy Stoppelman, CEO von Yelp, der die App täglich nutzt, um beispielsweise Graffiti oder falsch geparkte Fahrzeuge zu melden.
Solch prominente Unterstützung zeigt das Potenzial der Technologie auf, die Art und Weise zu verändern, wie Bürger mit der Stadtverwaltung interagieren. Trotz dieser Erfolge gaben Vertreter der Stadtverwaltung an, dass der Betrieb der Open 311 API zu teuer und zu aufwendig sei. Die Schnittstelle werde von keiner anderen Anwendung als „Solve SF“ genutzt, sei veraltet und musste bei jeder Aktualisierung der offiziellen 311-App angepasst werden. Deshalb hat die Stadt beschlossen, sie zu schließen, was faktisch das Ende von „Solve SF“ bedeutet. Die offiziellen 311-App und die Hotline bleiben somit zwar erhalten, doch die innovative Alternative verschwindet vom Markt.
Diese Begründung stößt bei McCabe und vielen Nutzern auf Unverständnis. Er selbst habe nie Rückmeldungen erhalten, dass Berichte über seine App falsch oder unbrauchbar gewesen seien. Die Behauptung, dass sein Service mehr Arbeit für die Stadt bedeute, sei unbelegt. Kritiker sehen darin eine verpasste Chance für die Stadt, von den Vorteilen einer modernen, effizienten und nutzerfreundlichen Software zu profitieren, die den Zugang für Bürger erleichtert und damit auch die Bearbeitung von Beschwerden beschleunigt. Die Abschaltung der API hat auch symbolische Bedeutung: In Zeiten, in denen Städte weltweit versuchen, durch digitale Innovationen das Leben der Bürger zu verbessern, scheint San Francisco einen Schritt zurückzumachen.
Dabei zeigen die Zahlen, wie relevant „Solve SF“ bereits jetzt ist. In einigen Stadtteilen, etwa im Bereich von Valencia Street, wurden fast die Hälfte aller Graffiti-Meldungen über die App getätigt. Ähnlich sieht es bei Meldungen zu falsch geparkten Autos aus. Der Erfolg innerhalb weniger Monate ist außerordentlich, vor allem wenn man bedenkt, dass „Solve SF“ noch keinen großen Marketingapparat oder professionelle Wachstumsstrategien verfolgt. Die Nutzer der App betonen, wie sehr „Solve SF“ die Kommunikation mit der Stadt erleichtert.
Freiwillige Müllsammler, die ohnehin viel unterwegs sind, nutzen die Möglichkeit, während ihrer Runde schnell ein Foto zu machen und das Problem an die Verwaltung zu melden – ohne Umwege und nerviges Ausfüllen. Sie sprechen von einer echten Verbesserung im Alltag. Der Verlust dieser Möglichkeit wird von vielen mit Bedauern betrachtet und als Schritt weg von bürgerfreundlicher Innovation empfunden. In der Diskussion um „Solve SF“ spiegelt sich eine größere Debatte über die Öffnung und Vernetzung öffentlicher Daten wider. APIs sind Schlüsseltechnologien, die es Drittanbietern erlauben, Anwendungen zu entwickeln, die bestehende Verwaltungsangebote ergänzen und verbessern.
Das Beispiel von „Solve SF“ zeigt, dass eine offene Schnittstelle enorme Chancen bietet, um digitale Services kundenorientierter und effizienter zu machen. Wird eine solche Infrastruktur jedoch nicht nachhaltig gepflegt und genutzt, gehen wertvolle Impulse verloren. Unklar bleibt, welche Alternativen den Nutzern von „Solve SF“ nach der Abschaltung geboten werden. Die offizielle 311-App dürfte weiterhin bestehen, doch sie kann nicht mit der schnellen und intuitiven Bedienung von McCabes App mithalten. Zudem fordert die Stadt einen komplett neuen, aufwändigen Aufbau einer eigenen Schnittstelle, was angesichts begrenzter Ressourcen als schwierig gilt.
Ob und wann es eine vergleichbare Lösung geben wird, ist offen. Die Geschichte von „Solve SF“ ist auch ein inspirierendes Beispiel für bürgerschaftliches Engagement und kreativen Umgang mit städtischen Herausforderungen. McCabe investierte über 500 Arbeitsstunden in sein Projekt, das aus der Frustration darüber entstand, wie kompliziert und unpraktisch die bestehenden Kanäle waren. Sein Einsatz zeigt, wie unabhängige Entwickler mit moderner Technologie und ohne großen finanziellen Hintergrund eine spürbare Wirkung erzielen können. Dass nun der Boden unter seinen Füßen weggezogen wird, ist für ihn und viele andere ein herber Rückschlag.
Langfristig zeigt sich, dass öffentliche Verwaltungen im Bereich digitaler Innovation an Agilität und Offenheit gewinnen müssen, um die Bedürfnisse der Bürger besser zu erfüllen. Die Herausnahme einer gut funktionierenden, wenn auch kleinen, Anwendung wie „Solve SF“ zeigt dagegen, dass bürokratische oder finanzielle Hürden oft verhindern, dass Fortschritt Realität wird. Die Zukunft des „smarten“ Bürgermeldens hängt daher nicht nur von technischen Mitteln ab, sondern vor allem von der Bereitschaft der Stadt, neue Ideen zu integrieren und auf Nutzerbedürfnisse einzugehen. San Francisco steht somit an einem Scheideweg: Will die Stadt weiterhin auf bewährte, aber wenig benutzerfreundliche Kanäle setzen, oder wird sie Wege finden, innovative Projekte wie „Solve SF“ zu unterstützen und in ihre Strukturen einzubinden? Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Open 311 API symbolisiert mehr als eine technische Frage – sie steht für den Willen zu digitaler Transformation und Bürgernähe. Für die Anwender der „Solve SF“-App bedeutet die aktuelle Situation, sich bald auf Alternativen einzustellen.