Im Jahr 2024 hat die Blockchain-Compliance-Firma Bitrace einen tiefgreifenden Report veröffentlicht, der beleuchtet, wie 649 Milliarden US-Dollar an Stablecoin-Transaktionen durch als risikoreich eingestufte Adressen flossen. Diese Summe entspricht einem Anteil von etwas über fünf Prozent des gesamten Stablecoin-Handelsvolumens im gleichen Zeitraum – eine Zahl, die trotz eines leichten Rückgangs im Vergleich zum Vorjahr immer noch alarmierend hoch ist und sogar die Werte aus den Jahren 2021 und 2022 deutlich übertrifft. Die Untersuchung wirft damit ein Schlaglicht auf die mit Stablecoins verbundenen Schattenseiten und illegalen Strömungen innerhalb des zunehmend mainstreamtauglichen Kryptosektors. Der Bericht hebt vor allem die Dominanz von Tethers USDT und Circles USDC hervor, die auf Blockchain-Netzwerken wie Ethereum und Tron als Hauptakteure im Umfeld illegaler Aktivitäten agieren. USDT, speziell auf der TRON-Plattform, blieb das bevorzugte Medium für riskante Transfers.
Parallel dazu hat auch USDC auf Ethereum eine beachtliche Zunahme in potentiell missbräuchlichen Transaktionen verzeichnet, was angesichts der Regulierung durch US-Behörden für Verwunderung sorgt. Interessant ist die Erkenntnis, dass der Anteil von USDC in riskanten Flows im Jahr 2024 von 5,22 Prozent im Jahr 2023 auf 13,36 Prozent gestiegen ist, was eine mehr als doppelte Zunahme darstellt. Das Wachstum der mit Online-Glücksspielen in Verbindung stehenden stablecoin-Transaktionen ist besonders auffällig. Sie beliefen sich auf 217,8 Milliarden Dollar im Jahr 2024 – ein Plus von 17,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Online-Glücksspiel hat sich damit zur zentralen Quelle für riskante Stablecoin-Bewegungen entwickelt, was eine Diskussion über regulatorische Herausforderungen und Verbraucherschutz im digitalen Zeitalter anstößt.
Diese Entwicklung zeigt, wie die Grenze zwischen legalen Anwendungen und potenziellen Missbrauchsflächen immer mehr verschwimmt. Ebenfalls enorm angestiegen sind die mit Betrug in Verbindung stehenden Stablecoin-Transfers. Die Betrugsbezogenen Zuflüsse stiegen im Jahr 2024 auf 52,5 Milliarden Dollar – ein dramatischer Anstieg gegenüber den Vorjahren, die kumuliert nur einen Bruchteil dieser Summe aufwiesen. 2021 beliefen sich diese Flüsse auf 2,13 Milliarden Dollar, stiegen 2022 auf 4,28 Milliarden und erreichten 2023 bereits 12,88 Milliarden Dollar. Dieser rapide Anstieg unterstreicht die drängende Notwendigkeit für weitergehende Sicherheits- und Compliance-Maßnahmen innerhalb des Krypto-Ökosystems.
Im Bereich Geldwäsche zeigt der Bericht eine gewisse Entspannung. Nach 118,02 Milliarden Dollar im Jahr 2023 sanken die mit Geldwäsche in Verbindung stehenden Stablecoin-Transaktionen im Jahr 2024 merklich auf 86,3 Milliarden Dollar. Dieser Rückgang wird größtenteils auf verstärkte regulatorische Überprüfungen und Durchsetzungsmaßnahmen in den letzten zwei Jahren zurückgeführt. Zentralisierte Kryptobörsen wie OKX verzeichneten ebenfalls einen Rückgang in ihrem Anteil an Geldwäsche-bezogenen Transaktionen, was auf eine engere Einhaltung von Compliance-Richtlinien schließen lässt. Tether und Circle reagieren auf diese Herausforderungen und haben im Jahr 2024 mehr als 1,3 Milliarden Dollar an illegalen Stablecoins eingefroren – eine Verdoppelung im Vergleich zur kumulierten Summe aus den Jahren 2021 bis 2023.
Das zeigt, dass die etablierten Anbieter zunehmend Verantwortung übernehmen, um Risiken einzudämmen und das Vertrauen in digitale Währungen zu stärken. Diese Entwicklungen fallen in eine Zeit, in der Stablecoins dabei sind, endgültig in der breiten Öffentlichkeit Fuß zu fassen. Beispielsweise hat Mastercard ein neues „End-to-End Stablecoin-Zahlungssystem“ vorgestellt, das nahtlose globale Transaktionen ermöglicht und eine Integration mit großen Plattformen wie OKX, Crypto.com und Circle vorsieht. Dadurch können Nutzer künftig Stablecoins wie USDC bei mehr als 150 Millionen Händlern weltweit einsetzen.
Diese Initiative unterstreicht den Wandel von Stablecoins hin zu einem festen Bestandteil sowohl traditioneller als auch krypto-nativer Ökonomien. Parallel zu technischen und marktgetriebenen Fortschritten hält auch die Gesetzgebung Schritt: Das STABLE-Gesetz wurde kürzlich vom US-amerikanischen Ausschuss für Finanzdienstleistungen im Repräsentantenhaus verabschiedet. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Herausgeber von Stablecoins stärker zu regulieren, indem es Banklizenzen und strengere Aufsichtsmechanismen fordert – ein lang ersehnter Schritt, um einen rechtlichen Rahmen für eine bis dato weitgehend regulierungsfreie Branche zu schaffen. Die Bitrace-Analyse bietet somit nicht nur einen ausführlichen Einblick in die Bereiche, in denen Stablecoins als Vehikel für illegale Aktivitäten genutzt werden, sondern zeigt auch, dass technologische Innovationen, Anpassungen bei den Emittenten sowie fortlaufende regulatorische Bemühungen Hand in Hand gehen, um die Risiken zu verringern. Dennoch bleibt eine gewisse Vorsicht geboten, denn die steigenden Betrugszahlen und das anhaltende hohe Volumen riskanter Transfers weisen darauf hin, dass Kryptoinvestoren und Nutzer auch weiterhin wachsam bleiben müssen.
Insgesamt reflektiert der Bericht das Spannungsfeld, in dem sich Stablecoins derzeit bewegen: Sie sind einerseits immer stärker in den alltäglichen Zahlungsverkehr integriert und bieten Vorteile wie schnelle, kostengünstige Transaktionen weltweit. Andererseits zeigen sie sich als attraktive Instrumente für illegale Aktivitäten, was erhebliche Herausforderungen für Regulierungsbehörden, Finanzdienstleister und die gesamte Kryptoindustrie schafft. Die Zukunft der Stablecoins wird maßgeblich davon abhängen, wie gut es gelingt, Transparenz, Sicherheit und regulatorische Klarheit zu gewährleisten, ohne dabei den Innovations- und Wachstumsspielraum der Blockchain-Technologie zu beschneiden. Die Erkenntnisse von Bitrace geben wertvolle Impulse für Entscheidungsträger und Marktteilnehmer, um Risiken besser zu verstehen und gezielte Maßnahmen zu entwickeln, die zur Stabilität und zum nachhaltigen Wachstum des Kryptosektors beitragen.