Genesis, eine der führenden Plattformen im Bereich Krypto-Kredite, hat im Mai 2025 eine bemerkenswerte Klage gegen ihre Muttergesellschaft Digital Currency Group (DCG) sowie deren Gründer und CEO Barry Silbert eingereicht. Ziel dieser Klage ist es, über drei Milliarden US-Dollar zurückzuerheben, die aufgrund angeblichen Fehlverhaltens und einer Reihe rein interner Transaktionen verloren gegangen sein sollen. Die Verfahren, die sowohl vor dem Delaware Court of Chancery als auch dem New Yorker Insolvenzgericht anhängig sind, werfen ein Schlaglicht auf die steigenden Risiken und Unsicherheiten in der Kryptobranche, speziell bei der Kreditvergabe und bei organisatorischen Verflechtungen innerhalb großer Kryptounternehmen. Die Klage von Genesis beschreibt hierbei ein Bild von Missmanagement, Täuschung und unethischen Verhaltens, das die Reputation der beteiligten Firmen und deren Verantwortung in der Krise hinterfragt. Genesis argumentiert, dass Barry Silbert und sein Netzwerk von Beteiligten die Firma risikoreich und nachteilig geführt haben.
Es wird behauptet, dass durch selbstbezogene Geschäftspraktiken und irreführende finanzielle Darstellungen das Unternehmen gezielt ausgebeutet und letztendlich in die Insolvenz getrieben wurde. Diese Vorwürfe beinhalten insbesondere die Falschdarstellung der finanziellen Lage von Genesis, um persönliche und unternehmensinterne Vorteile zu sichern, wobei auch Grayscale Investments als indirekt profitierender Akteur erwähnt wird. Die erste Klage, eingereicht in Delaware, fordert die Rückgabe von mindestens 2,2 Milliarden US-Dollar in Form von Krypto-Assets wie Bitcoin und Ethereum. Das Ziel ist es, diese Mittel an die Gläubiger umzuleiten, die weiterhin auf ihre Zahlungen warten. Parallel dazu umfasst die zweite Klage, die im New Yorker Insolvenzgericht erhoben wurde, eine Untersuchung von über einer Milliarde US-Dollar, die in Form sogenannter „betrügerischer Transfers“ an DCG und verbundene Unternehmen überwiesen wurden.
Herausragend sind hierbei acht einzelne Überweisungen mit einem Gesamtvolumen von rund 450 Millionen US-Dollar, die direkt an DCG geschickt wurden sowie weitere Kryptotransfers in Höhe von nahezu 300 Millionen US-Dollar an die DCG Tochterfirma DCG International. Zusätzlich wird ein Betrag von etwa 34 Millionen US-Dollar als unrechtmäßige Steuerzahlungen an DCG bezeichnet. Die rechtlichen Einreichungen zeigen auch, dass diese Transaktionen in einer Phase stattfanden, in denen Genesis mit erheblichen Liquiditätsproblemen zu kämpfen hatte. Diese Probleme wurden durch den Zusammenbruch der Terra-Luna-Kryptowährung im Jahr 2022 und den allgemeinen Markteinbruch verstärkt. Überraschend ist jedoch, dass Genesis bereits Ende 2021 faktisch insolvent war und Kredite im Umfang von rund 14 Milliarden US-Dollar unbedient ließ.
Das Insolvenzverfahren offenbart zugleich eklatante Mängel bei den internen Kontrollsystemen von Genesis, die trotz rasant wachsender Risiken kaum Maßnahmen ergriffen hatten, um das Unternehmen vor dem finanziellen Absturz zu bewahren. In diesem Zusammenhang wurde DCG bereits im November 2021 durch die renommierte Beratungsfirma Oliver Wyman vor der prekären Lage von Genesis gewarnt. Trotzdem unterblieben wirksame Schritte seitens der Holding, um das finanzielle Risiko zu minimieren oder gar die Insolvenz abzuwenden. Die Probleme von Genesis rührten ursprünglich von der Pleite des Hedgefonds Three Arrows Capital (3AC) im Jahr 2022 her, was in der Kryptoszene weitreichende Folgen hatte. Die Situation verschärfte sich weiter durch den spektakulären Zusammenbruch der Krypto-Börse FTX Ende 2022.
Diese Ereignisse verursachten eine Kettenreaktion, die letztlich zu massiven Liquiditätsengpässen bei Genesis führte. Nach der Insolvenzanmeldung im Januar 2023 wurde bekannt, dass das Unternehmen Schulden in Höhe von über 3,5 Milliarden US-Dollar gegenüber seinen wichtigsten Gläubigern hatte, darunter Größen der Branche wie Gemini und VanEck. In der Folge arbeitete Genesis – unter gerichtlicher Aufsicht – an einem umfassenden Restrukturierungsplan, der im August 2024 abgeschlossen wurde. Seitdem hat das Unternehmen begonnen, über 4 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten an seine Gläubiger zurückzuführen, was ein Licht am Ende des Tunnels für die von den Verlusten Betroffenen darstellt. Neben den Zivilklagen hat die US-Börsenaufsicht SEC ebenfalls den Fokus auf DCG und Genesis gerichtet.
Anfang 2025 wurden durch die SEC Maßnahmen angekündigt, die sich gegen die Unternehmen richten, da sie angeblich Investoren durch irreführende Aussagen getäuscht haben. Im Zuge dessen erklärte sich DCG bereit, einen Bußgeldbescheid in Höhe von 38 Millionen US-Dollar zu akzeptieren, ohne jedoch eine ausdrückliche Anerkennung der Vorwürfe. Dieses Vorgehen verdeutlicht das gestiegene regulatorische Interesse an den Geschäftsmodellen im Krypto-Sektor und erhöht den Druck auf Unternehmen, für mehr Transparenz und Compliance zu sorgen. Die Klagen von Genesis verdeutlichen die Risiken, die entstehen, wenn enge Verflechtungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften bestehen und finanzielle Transaktionen nicht offen sowie fair behandelt werden. Sie zeigen ebenso, welche Herausforderungen die Kryptobranche im Hinblick auf interne Governance und Risikomanagement bewältigen muss, um die Stabilität und das Vertrauen der Nutzer und Investoren langfristig zu sichern.
In der Öffentlichkeit und für Anleger ist das Geschehen bei Genesis zu einer Mahnung geworden: Die volatilen und oft undurchsichtigen Märkte im Bereich der Kryptowährungen erfordern erhöhte Vorsicht und kritische Prüfung aller Parteien, besonders wenn große Summen bei Kreditvergabe und Investitionen bewegt werden. Auch das regulatorische Umfeld wird hierdurch voraussichtlich weiter verschärft, um Missbrauch und Fehlverhalten vorzubeugen. Insgesamt reflektiert der Rechtsstreit zwischen Genesis, DCG und Barry Silbert die derzeitige Unsicherheit und die zahlreichen Probleme, die sich im Zuge der Expansion der Kryptokreditvergabe in einem komplexen Marktumfeld ergeben haben. Die Ergebnisse dieser juristischen Auseinandersetzungen könnten richtungsweisend sein für zukünftige Standards in der Branche, speziell hinsichtlich der Aufsichtspflichten von Konzernmüttern gegenüber ihren Tochterunternehmen und der Verantwortung von Führungspersonen. Beobachter und Marktteilnehmer sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen, da hieraus wichtige Erkenntnisse über die aktuelle Marktlage und die Funktionsweise von Krypto-Finanzinstitutionen gewonnen werden können.
Genesis macht dabei deutlich, dass der Schutz der Gläubigerinteressen und die Einfordern von Verantwortlichkeiten in einem Markt, der von hoher Dynamik und teilweise unklaren Rahmenbedingungen geprägt ist, entscheidend sind, um nachhaltige Stabilität und Vertrauen im globalen Krypto-Ökosystem zu fördern. Der Fortgang des Verfahrens wird zeigen, wie die Gerichte mit den komplexen Herausforderungen umgehen und welche Lehren die Branche daraus zieht.