Als Tesla im November 2019 den Cybertruck vorstellte, löste das futuristische Design und die ambitionierte Versprechung von Elon Musk Begeisterung und Verwunderung zugleich aus. Der Cybertruck sollte kein gewöhnlicher Pickup sein, sondern ein nahezu unzerstörbarer, apocalypse-tauglicher Begleiter für eine Welt voller Unsicherheiten. Mit seiner „ultra-harten, 30-fach kaltgewalzten Edelstahl-Panzerung“ und der versprochenen Fähigkeit, Kugeln abzuwehren, reihte er sich schnell in eine Reihe von Fahrzeugen ein, die mehr einem militärischen Panzer als einem zivilen Transportmittel ähnelten. Doch sechs Jahre später scheint das einstige Zukunftsversprechen immer mehr zu bröckeln. Die Frage, ob der Cybertruck wirklich ein zuverlässiger Begleiter im Katastrophenfall ist, wird zunehmend kontrovers diskutiert.
Was macht den Cybertruck so besonders, wo liegen seine Schwächen, und wie kann er in einer Welt, die von Krisen und Unsicherheiten geprägt ist, wirklich bestehen? Der Mythos vom Apokalypse-Truck Elon Musk präsentierte den Cybertruck als die Antwort auf ein Szenario, das so manche Menschen anspornt: das Ende der Zivilisation. „Hier bei Tesla haben wir die beste Technologie für die Apokalypse“, sagte Musk bei der Vorstellung. Diese Aussage war mehr als nur Marketing – sie zeigte Teslas Vision, ein Fahrzeug zu schaffen, das weder von extremen Umweltbedingungen noch von gegnerischen Angriffen zu stoppen ist. Die robuste Edelstahlkarosserie sollte für eine lange Lebensdauer sorgen, während die elektrische Antriebseinheit auch bei Stromausfällen genügend Energie bieten kann. Die vermeintliche Biowaffen-Abwehrfunktion der Klimaanlage klang sogar fast wie aus einem Science-Fiction Film.
Der Cybertruck schien auf den ersten Blick eine konsequente Weiterentwicklung gegenüber traditionellen Pickups wie dem Ford F-150 zu sein. Statt eines konventionellen Aufbaus setzte Tesla auf ein kantiges, futuristisches Design, das nicht nur optisch aneckte, sondern auch den Eindruck vermittelte, es mit jeder Art von Gefahr aufnehmen zu können. Ebenfalls beeindruckend waren die Performance-Daten: Geschwindigkeiten, die so manchen Sportwagen herausforderten, und eine Anhängelast, die so manche Konkurrenten verblassen ließ. Für viele Doomsday-Preppers und Technikbegeisterte war der Cybertruck daher ein Hoffnungsträger – auch wenn die Zukunft des Fahrzeugs von Beginn an mit Skepsis betrachtet wurde. Technische Herausforderungen und Alltagsprobleme Trotz der eindrucksvollen Versprechen gab und gibt es einige technische Hürden, die den Cybertruck in der Praxis einschränken.
Zum einen ist da die Unterboden-Konstruktion aus Aluminium. Dieser sehr leichte Werkstoff ist zwar gut für die Energieeffizienz, kann jedoch bei schwerer Belastung verbiegen oder sogar brechen. Das steht im Gegensatz zu den Erwartungen, die man an ein robustes Katastrophenfahrzeug stellt. Gerade in Situationen, in denen das Fahrzeug lange Zeit schwere Lasten oder schwieriges Terrain bewältigen muss, ist das ein bedeutender Nachteil. Das Verhalten auf verschiedenen Untergründen sorgt für weitere Kritik.
Videos aus dem Internet zeigen, wie der Cybertruck bei Schnee oder auf losem Sand schnell ins Trudeln kommt und kaum vorankommt. Im Vergleich dazu hat etwa der Rivian R1T, ein direkter Konkurrent im Segment der elektrischen Pickups, bereits Tests in harschen, naturbelassenen Umgebungen erfolgreich bestanden. Für Überlebenssituationen, in denen unwegsames Gelände und widrige Wetterbedingungen die Regel sind, spricht das nicht für den Cybertruck. Auch das Gewicht und die Maße des Fahrzeugs machen ihn im Alltag schwierig zu handhaben. Mit seiner Breite von über sechs Fuß und einer Länge von rund 18 Fuß ist der Cybertruck für engen Stadtverkehr wie in deutschen Städten kaum geeignet.
Die außergewöhnliche Form erschwert zudem die Sicht und die Einschätzung von Abständen, was das Manövrieren herausfordernd macht. Für eine ideale Flucht oder das Navigieren durch unübersichtliche Katastrophengebiete ist das keine gute Voraussetzung. Politische Kontroversen und Imageprobleme Neben technischen Mängeln hat der Cybertruck auch starke politische Kontroversen ausgelöst, die seine Wahrnehmung als „Endzeit-Fahrzeug“ stark beeinflussen. Elon Musks politisches Verhalten und seine Nähe zu rechten Kreisen haben ihn für viele potenzielle Käufer unglaubwürdig gemacht, insbesondere für die Prepper-Community, die traditionell eher unpolitisch oder linksorientiert ist. Ebenso belastend ist das Design: Es erinnert nicht nur an Science-Fiction-Fahrzeuge, sondern wurde von manchen Beobachtern mit dem Casspir verglichen – einem von Südafrikanern während der Apartheidzeit gefürchteten gepanzerten Fahrzeug.
Diese Assoziation verleiht dem Cybertruck ein geradezu martialisches Image, das ambivalente Reaktionen hervorruft. Darüber hinaus sind Berichte über ausbleibende Zuverlässigkeit im militärischen Einsatz aufsehenerregend. Zum Beispiel musste ein Cybertruck, den der tschetschenische Warlord Ramzan Kadyrow als Kriegsfahrzeug einsetzte, bald wieder abgeschleppt werden, nachdem er ausgefallen war. Kadyrow beschuldigte Tesla oder Musk, das Fahrzeug per Fernsteuerung abgeschaltet zu haben – eine Sorge, die viele Tesla-Kunden umtreibt. Die Abhängigkeit von Software und eine mögliche Fernsteuerbarkeit sind bei einem Fahrzeug, das als Flucht- oder Überlebenswagen dienen soll, ein gewaltiges Problem.
Unzureichende Vorbereitung auf das Katastrophen-Szenario Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass der Cybertruck, trotz des apokalyptischen Images, technisch eher ein modernes Hightech-Fahrzeug ist, das im Katastrophenfall an seine Grenzen stoßen könnte. Elektrische Fahrzeuge sind zwar im Normalbetrieb effizient, doch bei großflächigen Stromausfällen werden ihre Akkus zur Achillesferse. Die durchschnittliche Reichweite von etwa 300 Meilen kann schnell aufgebraucht sein, wenn Ladestationen ausfallen oder nicht erreichbar sind. Ohne großflächige Solar- oder andere alternative Energiequellen droht die Gefahr, unterwegs ohne Saft dazustehen. Zudem sind Reparaturen an so einem komplexen Elektrofahrzeug eine Herausforderung, wenn das tägliche Leben zusammenbricht.
Viele Prepper setzen aus genau diesem Grund auf einfache, mechanische Fahrzeuge ohne viele Elektronikbauteile, um improvisieren und reparieren zu können. Der Cybertruck hingegen ist mit Computerchips, Sensoren und einer Vielzahl elektronischer Systeme ausgestattet, die bei einem elektromagnetischen Puls (EMP) oder anderen katastrophalen Ereignissen ausfallen könnten – und dann unbrauchbar werden. Auch die Tatsache, dass der Cybertruck bereits mehrfach zurückgerufen wurde, unterstreicht mögliche technische Schwächen und mangelnde Langzeithaltbarkeit. Sicherheit und Familienfreundlichkeit Auch im Hinblick auf Sicherheit ist der Cybertruck umstritten. Im Gegensatz zu modernen PKWs, die bei Unfällen bewusst verformbare Karosserien haben, um die Unfallenergie besser abzuleiten, ist der Cybertruck speziell darauf ausgelegt, seine Struktur möglichst stabil zu halten.
Das kann schwerwiegende Folgen für Insassen bei Unfällen haben. Zudem besitzt der Cybertruck keine konventionellen Türgriffe, was im Ernstfall ein schnelles Verlassen des Fahrzeugs erschweren kann. Das Risiko wurde bei einem Unfall im Jahr 2024 deutlich, als ein Jugendlicher in Los Angeles schwer verletzt wurde und das Fahrzeug nur mit großem Aufwand zu öffnen war. Für Familien mit Kindern ist der Cybertruck ebenfalls nicht die beste Wahl. Die extrem harte Edelstahlkarosserie kann bei versehentlichen Berührungen statische Elektrizität übertragen, und die scharfen Kanten des Designs bergen Verletzungsgefahren.
Das macht ihn für den Alltag wenig geeignet, obwohl er ursprünglich auch als vielseitiges Familienfahrzeug gelten sollte. Alternative Elektro-Pickups und SUVs bieten in dieser Hinsicht deutlich bessere Fahreigenschaften, Handhabung und Sicherheitsmerkmale. Marktentwicklung und Zukunftsaussichten Was den Verkauf angeht, hat sich der Cybertruck als ein schwieriges Produkt herausgestellt. Obwohl zu Verkaufsbeginn Millionen von Reservierungen eingingen und die Vorfreude riesig war, sind die Absatzzahlen mittlerweile nicht mehr so beeindruckend, und Tesla veröffentlicht diese Zahlen schon gar nicht mehr explizit. Das Fahrzeug hat mit hoher Lagerbeständen, überhöhten Preisen und harten Konkurrenzkämpfen durch etablierte Hersteller zu kämpfen.
Während Tesla die vermarkteten apokalyptischen Träume nicht mehr offensiv bewirbt, bleiben viele Kunden skeptisch. Experten prognostizieren, dass der Cybertruck in seiner jetzigen Form vermutlich keine lange Lebensdauer auf dem Markt haben wird. Ein möglicher Nachfolger könnte moderner, konventioneller und vor allem praxistauglicher ausfallen – also einen Weg zurück zu den bewährten Standards gehen, statt mit kantigem Design und Hightech-Experimenten zu polarisieren. Doch derartige Entwicklungen werden Zeit brauchen, während Rivian, Ford und andere Hersteller bereits aufholen. Fazit: Mehr Schein als Sein Der Tesla Cybertruck bleibt ein faszinierendes Zeugnis von Elon Musks unbändigem Willen, das Rad der Automobilindustrie neu zu erfinden – und gleichzeitig ein Beispiel für die Herausforderungen, die damit verbunden sind.