Die Entwicklung des Webs hat sich über Jahrzehnte stetig verändert, was sich auch in den Technologien widerspiegelt, mit denen Websites aufgebaut werden. HTML, die Hypertext Markup Language, bildet die Basis dafür, wie Inhalte strukturiert und präsentiert werden. Dennoch gibt es eine einfache Anforderung, die HTML von Haus aus nicht erfüllt: die Möglichkeit, Inhalte aus externen Quellen einzubinden – sogenannte Includes. Warum ist das so? Warum bietet HTML nicht einfach eine native Möglichkeit, beispielsweise eine Kopfzeile oder ein Menü einmal anzulegen und auf allen Seiten zu verwenden, ohne diese mehrfach zu kopieren? Diese Frage beschäftigt Entwickler seit Langem und ist das Resultat vieler technischer sowie konzeptioneller Überlegungen, die wir im Folgenden kennenlernen werden. Im Kern dient HTML zur Strukturierung von Inhalten, nicht als Programmiersprache oder Verarbeitungsebene.
HTML beschreibt, wie Texte, Bilder und weitere Medien dargestellt werden, ist aber nicht dafür gemacht, Logik oder dynamische Abläufe zu verwalten. Diese Trennung von Präsentation und Verhalten ist historisch gewachsen und war eine bewusste Designentscheidung. Während CSS für Styling zuständig ist und JavaScript Logik und Interaktivität anbietet, bleibt HTML statisch und zustandslos. Ein nativer Include-Mechanismus würde aber zwangsläufig dynamische Aspekte hineinbringen, die diese klare Trennung verwischen. Einer der technischen Gründe, warum HTML keine Include-Funktion besitzt, betrifft den Ablauf des Seitenladens und die Performance.
Moderne Browser verfügen über sogenannte Preload-Scanner, die Ressourcen frühzeitig erkennen und laden, um die Darstellung so schnell wie möglich zu ermöglichen. Werden Teile einer Seite dynamisch nachgeladen und eingesetzt, ohne dass dies explizit im ursprünglichen Dokument vorgesehen ist, erschwert dies diesen Prozess erheblich. Asynchrone Ladeprozesse können zu unerwünschtem Content-Shift führen, bei dem sich das Layout der Seite während des Ladens verschiebt und so eine schlechte Nutzererfahrung entsteht. Ein fest definierter Include-Tag müsste also genau regeln, wie und wann externe Inhalte geladen und gerendert werden, was zusätzliche Komplexität erzeugt. Sicherheitsaspekte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
HTML-Includes könnten blockweise ganze HTML-Snippets laden, die neben strukturellen Elementen auch Scripts oder Styles enthalten. Diese könnten in Konflikt mit der existierenden Inhalte und Sicherheitsrichtlinien wie Content Security Policy (CSP) oder Cross-Origin Resource Sharing (CORS) geraten. Insbesondere die dynamische Ausführung von Skripten aus externen Quellen stellt die Browser vor große Herausforderungen, um Sicherheitsrisiken wie Cross-Site-Scripting (XSS) zu verhindern. Schon heute wird deshalb sehr genau kontrolliert, welche Ressourcen von welchen Domains geladen und ausgeführt werden dürfen. Einen Standardmechanismus für Includes zu definieren, der sicher und dennoch flexibel ist, erweist sich hier als äußerst schwierig.
Ein weiterer Faktor ist die Komplexität durch mögliche verschachtelte oder zirkuläre Includes. Es müsste verwaltet werden, dass beispielsweise Datei A Datei B inkludiert und Datei B wiederum Datei A. Ohne eine strenge Kontrolle könnte dies zu Endlosschleifen führen, die den Browser oder Server erheblich belasten. Zusätzlich muss definiert werden, wie Fehler beim Laden oder Einbinden zu handhaben sind. Wie soll der Browser reagieren, wenn die inkludierte Datei nicht verfügbar ist? Wie wird das Rendering fortgesetzt? Wer behebt solche Probleme und wie? Ein historischer Ansatz für eine Art von HTML-Importen ließ sich bereits mit „HTML Imports“ finden, die als Teil der früheren Web Components Spezifikation geplant waren.
Diese sahen vor, HTML-Dokumente inklusive ihrer Styles und Skripte als Module laden zu können. Allerdings wurde das Feature von wichtigen Browsern wie Firefox und Safari nie voll unterstützt und schließlich zurückgezogen, da die Umsetzung komplex war und Webentwickler alternative Lösungen bereits über externes JavaScript oder Build-Tools gefunden hatten. Die Community hat diese Lücke mit vielfältigen Lösungen gefüllt. Server-Side-Includes (SSI) und statische Seitengeneratoren, wie Eleventy oder Hugo, sind verbreitet, um Inhalte vor Auslieferung der Seite zum Nutzer zusammenzusetzen. JavaScript-basierte Ansätze laden und fügen Inhalte zur Laufzeit im Browser ein, was Flexibilität bringt, aber auch mit Performance-Kosten und potenziellen SEO-Nachteilen verbunden ist.
Zudem existieren Web Components, die isolierte, wiederverwendbare UI-Elemente ermöglichen, jedoch keinen vollwertigen Include-Mechanismus auf HTML-Ebene darstellen, sondern eher Komponenten-Logik voraussetzen. Die fehlende native Include-Funktion ist auch ein Ergebnis der engen Rückkopplung zwischen Webstandards und Browserherstellern. Standards folgen häufig den Bedürfnissen und Wünschen großer Entwicklergruppen, und die bestehende Vielzahl an Tools reduziert den Druck, eine universelle Lösung in HTML selbst zu verankern. Zudem ist HTML als „lebender Standard“ konzipiert, der kontinuierlich schrittweise, aber vorsichtig erweitert wird. Großflächige Änderungen, die fundamental in die Funktionsweise eingreifen, sind daher selten und schwer durchsetzbar.
Aus Sicht vieler Entwickler wäre ein einfacher, deklarativer HTML-Tag, der ein externes HTML-Snippet nahtlos einfügt, äußerst praktisch. Doch die technischen Herausforderungen und Kompromisse in Bezug auf Sicherheit, Performance und Komplexität schlagen dem entgegen. Der Wunsch nach modularen, wartbaren Seitenstrukturen wird daher weiterhin durch Tooling und Skripte realisiert, anstatt nativ vom Browser unterstützt zu werden. Insgesamt spiegelt die Abwesenheit von nativen HTML-Includes eine bewusste Designentscheidung wider, die HTML pur statisch, einfach und sicher halten will. Die Dynamik und Logik des modernen Webs werden über CSS, JavaScript oder den Server gelöst.
So wird ein klarer Baukasten geschaffen, bei dem jede Technologie ihre Stärken ausspielen kann, ohne den Browser unnötig zu belasten oder Sicherheitsregeln zu verwässern. Für Entwickler bedeutet dies, dass das Thema Includes gut verstanden und zu Beginn der Entwicklung die passende Lösung gewählt werden sollte. Die in vielen Online-Diskussionen erwähnten Probleme zeigen, dass eine einfache Lösung nicht existiert. Mit Frameworks, statischen Generatoren oder JavaScript-Bibliotheken wie HTMX oder Web Components lassen sich aber die meisten Anwendungsfälle gut abbilden. Es bleibt spannend, ob zukünftige Webstandards hier eine Vereinfachung bringen.