Die Übernahme der indonesischen E-Commerce-Plattform Tokopedia durch TikTok, eine Tochtergesellschaft des chinesischen Technologieriesen ByteDance, sorgt zunehmend für Diskussionen in Indonesien. Die Wettbewerbsbehörde des Landes hat klare Bedenken hinsichtlich eines möglichen Monopols geäußert, das sich aus dem Zusammenschluss ergeben könnte. Diese Entscheidung steht exemplarisch für die Herausforderungen, denen etablierte Regulatoren gegenüberstehen, wenn globale Tech-Unternehmen zentrale nationale Plattformen übernehmen. Die Übernahme wurde im Januar 2024 abgeschlossen, als TikTok 75,01 Prozent der Anteile von Tokopedia für 840 Millionen US-Dollar von der indonesischen Holding GoTo erwarb. Tokopedia ist als größte E-Commerce-Plattform Indonesiens von enormer Bedeutung für das digitale Handelsgeschäft sowie für Millionen von Unternehmern und Konsumenten im Land.
Die Wettbewerbskommission begründet ihre Sorge mit einer signifikanten Zunahme der Marktkonzentration nach der Transaktion und warnt vor möglichen Preiserhöhungen, die durch eine marktbeherrschende Stellung begünstigt werden könnten. Ein gestiegener Konzentrationsgrad ist in der Wettbewerbspolitik oft ein Hinweis darauf, dass ein Unternehmen so viel Marktmacht besitzt, dass es auf Kosten der Wettbewerber und letztlich der Endkunden agieren kann. Die Regulierungsbehörde sieht neben der Möglichkeit von Preissteigerungen auch das Risiko von sogenannten „Self-Preferencing“ Maßnahmen. Damit wird gemeint, dass TikTok und Tokopedia ihre eigenen Dienste und Produkte bevorzugt behandeln könnten und damit anderen Wettbewerbern auf der Plattform erschwerte Wettbewerbsbedingungen schaffen. Zudem wurde die Praxis der „Predatory Pricing“ genannt, bei der mit Verlustpreisen operiert wird, um Konkurrenten systematisch aus dem Markt zu verdrängen und anschließend die Preise deutlich zu erhöhen.
Die indonesische Wettbewerbskommission hat deshalb mehrere Auflagen erlassen. TikTok und Tokopedia müssen sicherstellen, dass Zahlungs- und Logistiklösungen offen und diskriminierungsfrei zugänglich bleiben. Ferner sind sie verpflichtet, für zwei Jahre vierteljährlich detaillierte Berichte vorzulegen, die auch bestehende sowie neue Partnerschaften im Bereich Logistik und Zahlungsabwicklung umfassen. Dies soll die Transparenz erhöhen und es der Regulierungsbehörde ermöglichen, Entwicklungen genau zu verfolgen und frühzeitig eingreifen zu können. Ein weiteres wichtiges Element der Auflagen ist ein Verbot von selbstbevorzugenden Praktiken, um den Wettbewerb für alle Teilnehmer auf der Plattform auf einem fairen Niveau zu halten.
Die nächste öffentliche Anhörung ist für den 10. Juni angesetzt, in der weitere Erkenntnisse erwartet werden. Daneben ist die Vorgeschichte des TikTok-E-Commerce-Angebots in Indonesien ein interessanter Kontext. TikTok war mit seinem Shop-Feature, das direktes Einkaufen über die App ermöglichte, in den indonesischen Markt eingetreten. Dieses Angebot wurde jedoch vom indonesischen Gesetzgeber im September 2024 verboten.
Die Begründung stützte sich auf den Schutz kleiner Händler vor möglicherweise benachteiligenden Wettbewerbssituationen sowie auf Datenschutzaspekte, die durch die Nutzung sozialer Medien für den Handel akut wurden. Das Verbot unterstreicht die empfindliche Balance im Umgang mit globalen Plattformen, die durch enorme Reichweite und Datenmengen vielgestaltige Risiken für Märkte und Verbraucher hervorrufen können. Indonesien befindet sich damit nicht allein in einer schwierigen Situation, die durch den rasanten Aufstieg großer Internetkonzerne gekennzeichnet ist. Ähnliche Wettbewerbsbehörden global verfolgen und untersuchen die Auswirkungen von Fusionen und dem Markteintritt großer ‚Tech-Giganten‘ mit großer Aufmerksamkeit. Die Bedenken in Indonesien spiegeln wider, wie kritisch es ist, das Wachstumsmomentum solcher Unternehmen zu beobachten, um monopolähnliche Strukturen zu vermeiden, die Innovation und Wahlfreiheit behindern könnten.
Gleichzeitig stellt die Übernahme für TikTok einen wichtigen Schritt dar, um am lukrativen E-Commerce-Markt Indonesiens zu partizipieren. Der Online-Handel in der Region boomt, getrieben durch eine wachsende Mittelschicht, einen immer besseren Internetzugang und veränderte Konsumgewohnheiten. Die Integration von Tokopedia in das Ökosystem von TikTok könnte neue Synergien bringen, etwa durch die Verbindung von Unterhaltung und Einkaufen (‚Social Commerce‘). Der Wettbewerb darin ist jedoch gleichzeitig ein grünes Feld, auf dem sich staatliche Instanzen und Markteilnehmer auf neues Terrain vorwagen. Aus Sicht der Verbraucher bieten Plattformen wie Tokopedia eine große Auswahl und oft attraktive Preise – jedoch nur, wenn der Wettbewerb lebendig und uneingeschränkt bleibt.
Die mögliche Monopolstellung könnte zu weniger Vielfalt, höheren Preisen und Einschränkungen im Zugang zu Zahlungsmethoden oder Versanddienstleistern führen. Auch für kleine Händler birgt eine steigende Marktmacht einzelner Plattformen Risiken, denn sie sind hier oft stark von den Konditionen abhängig, die von den Betreibern vorgegeben werden. Die Rolle der Regulierungsbehörde ist es deshalb, solchen Entwicklungen mit gebotener Strenge zu begegnen und sicherzustellen, dass Märkte weiterhin fair und offen funktionieren. Die Anforderungen an TikTok und Tokopedia setzen dabei wichtige Signale: Transparenz, Offenheit und die Wahrung eines gleichberechtigten Wettbewerbsumfelds stehen im Fokus. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie die Unternehmen auf die Vorgaben reagieren, ob sie bereit sind, Kompromisse einzugehen, und wie konsequent die Wettbewerbsbehörde ihre Auflagen durchsetzt.