Die Bedeutung kritischer Mineralien für moderne Technologien und die nationale Sicherheit kann kaum überschätzt werden. Diese seltenen Rohstoffe sind unerlässlich für die Herstellung von Elektronik, Batterien, Hightech-Materialien und militärischer Ausrüstung. Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen und insbesondere Chinas zunehmender Kontrolle über viele dieser Rohstoffe hat das US-Verteidigungsministerium (DoD) ein KI-gestütztes Programm ins Leben gerufen, das nun an die unabhängige Non-Profit-Organisation Critical Minerals Forum (CMF) übergeben wurde. Dieser Schritt markiert einen Meilenstein in der strategischen Sicherung und Verwaltung der globalen Rohstoffversorgung und eröffnet neue Perspektiven für den Bergbau, die Industrie und Politik. Das Programm, offiziell „Open Price Exploration for National Security AI metals programme“ genannt, wurde Ende 2023 gestartet, um Übervorteilungen und Marktmanipulationen – insbesondere durch den chinesischen Markt – zu erkennen und auszuschließen.
Es nutzt maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz, um die Preisentwicklung von Metallen, die für die nationale Verteidigung und andere kritische Industrien notwendig sind, vorherzusagen. Dafür stützt es sich auf ein umfangreiches Datenset von über 70 verschiedenen bergbaubezogenen Informationsquellen. Ziel ist es, die Unsicherheit in Handelsverhandlungen zu reduzieren und langfristige Investitionsentscheidungen zu erleichtern. Die Übertragung der Verantwortung für das AI-Programm vom Pentagon an die CMF, eine Organisation, die sich vornehmlich aus Bergbauunternehmen, Investoren und Herstellern zusammensetzt, unterstreicht das wachsende Bedürfnis nach einer innovativen und flexiblen Struktur zur Rohstoffversorgung. Zu den 30 Gründungsmitgliedern der CMF gehören namhafte Unternehmen wie Volkswagen, South32 (ein bedeutender Kupferbergbaukonzern), MP Materials (ein seltenerdrohstoffabbauendes Unternehmen) und der Rüstungshersteller RTX.
Diese vielfältige Mitgliedschaft zeigt den integrativen Ansatz der CMF, Produktion, Verarbeitung und industrielle Nutzung zusammenzuführen. Die CMF verfolgt eine Strategie, die sich deutlich von traditionellen Rohstoffhandelspraktiken unterscheidet. Durch die enge Zusammenarbeit mit westlichen Bergbauunternehmen und die Vermittlung an potenzielle Investoren wird ein stabileres und transparenteres Supply-Chain-Modell angestrebt. Das Ziel ist es, Lieferketten abzusichern, die aktuell stark von politischen und wirtschaftlichen Einflüssen in China abhängig sind. Besonders interessant ist hier die Rolle der CMF als Knotenpunkt für Projekte und Kapital, der den Aufbau und Ausbau von Bergbau- und Aufbereitungsanlagen in den USA und verbündeten Ländern aktiv fördert.
Die Finanzierung durch DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) bis mindestens 2029 sichert der CMF eine stabile Grundlage und ermöglicht die Weiterentwicklung der KI-Modelle sowie die Übernahme von geistigem Eigentum des Programms im Jahr 2027. DARPA ist bekannt für seine wegweisenden Technologieprojekte, die oft eine militärische oder sicherheitsrelevante Anwendung verfolgen. Die Innovationskraft, die diese Forschungsbehörde auszeichnet, kann der KI-Technologie zugutekommen und so eine zuverlässige Prognoseplattform liefern, die den komplexen und volatilen Markt für kritische Mineralien besser abbildet. Gleichzeitig steht das Programm im Fokus kritischer Stimmen aus der Fachwelt. Bei Branchenexperten ist Skepsis gegenüber dem tatsächlichen Nutzen von maschinellem Lernen zur Prognose von Rohstoffpreisen verbreitet.
Die Einschätzung eines Experten der Colorado School of Mines bringt diese Zweifel auf den Punkt: Bisher habe sich die Vorhersagekraft künstlicher Intelligenz am Beispiel von Rohölpreisen nicht verbessert, sodass auch der Nutzen für den Mineralienmarkt fraglich sei. Diese kritische Perspektive zeigt, dass trotz großen Erwartungen die Technologie und ihre Anwendung in volatilem Umfeld noch vor Herausforderungen stehen. Ungeachtet dessen hat die US-Regierung die Förderung von inländischer Produktion und Verarbeitung von kritischen Mineralien zu einer Priorität erklärt. Insbesondere unter der damaligen Präsidentschaft von Donald Trump wurden Maßnahmen erlassen, die Genehmigungsverfahren beschleunigen und neue Bergbauprojekte erleichtern sollen. Diese politische Unterstützung wird durch Projekte in den USA untermauert, für die aktuell Genehmigungen rasch erteilt werden, um die kritische Versorgungslücke zu schließen und die Abhängigkeit von fremden Märkten zu verringern.
Die Bedeutung des gesamten Vorhabens wird durch Chinas restriktive Exportpolitik noch deutlicher. Der anhaltende Exportstopp oder die begrenzte Versorgung mit zukunftsträchtigen Rohstoffen für westliche Märkte wirken sich unmittelbar auf Produktion und Innovationskraft zahlreicher Industriezweige aus. Die CMF kann hier als Bindeglied agieren, das westlichen Unternehmen ermöglicht, besser planen zu können und in Konkurrenz zum stark geprägten chinesischen Markt zu treten. Die Verlagerung des Programms an eine non-profit Organisation stellt dabei einen innovativen Governance-Ansatz dar. Anstelle eines ausschließlich staatlich kontrollierten Instruments entsteht ein branchenübergreifendes Netzwerk, das die Datenexpertise mit Marktkenntnissen kombiniert.
Diese Form der Zusammenarbeit könnte als Modell für weitere Rohstoffmärkte dienen, in denen Sicherheit und Stabilität von essenzieller Bedeutung sind. Die Herausforderungen vor der CMF sind dennoch beträchtlich: Neben der technologischen Weiterentwicklung der KI-Modelle erfordert das Marktumfeld mit geopolitischen Risikofaktoren, Preisschwankungen und Umweltauflagen ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Die Relevanz für Verteidigungstechnologien verlangt darüber hinaus vollständige Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der gesamten Lieferkette. Dies schafft jedoch eine einmalige Gelegenheit für neue Investitionen, Partnerschaften und Innovationen in einem hochsensiblen Feld. Abschließend ist festzuhalten, dass die Übertragung des Pentagon-KI-Programms an die Critical Minerals Forum eine bedeutsame Veränderung im Management kritischer Ressourcen darstellt.
Sie zeigt, wie sich militärische, wirtschaftliche und technologische Interessen zunehmend vermischen und Kooperationen zwischen Staat und Industrie notwendig werden, um Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Während die Effektivität der KI-Modelle noch überprüft werden muss, ist die Schaffung einer unabhängigen Plattform, die Anleger, Produzenten und Endnutzer zusammenführt, ein wichtiger Schritt zur Diversifizierung und Stabilisierung des kritischen Mineralienmarktes. Dies könnte weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft industrieller Technologien und die geopolitische Machtverteilung haben.