Bitcoin, die führende Kryptowährung, hat seit seiner Einführung zahlreiche Veränderungen durchlebt. Besonders auffällig war über die Jahre hinweg das sogenannte „Wild Weekend“-Phänomen, bei dem das Handelsvolumen an Wochenenden besonders hoch war und die Preise oft starke Schwankungen erlebten. Dieses bemerkenswerte Merkmal des Kryptomarktes, das Bitcoin von traditionellen Märkten unterschied, scheint jedoch zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Neuere Untersuchungen eines führenden Krypto-Marktforschungsunternehmens zeigen, dass das Bitcoin-Wochenendhandelsvolumen auf ein historisches Tief von nur noch 16 Prozent gesunken ist. Dieser drastische Rückgang hat tiefgreifende Auswirkungen auf den gesamten Markt und signalisiert ein grundlegendes Wandel in der Art und Weise, wie Bitcoin gehandelt wird.
Der wesentliche Auslöser für diese Entwicklung ist die Einführung von Bitcoin Exchange-Traded Funds (ETFs), die Anfang 2024 von der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC genehmigt wurden. ETFs sind Investmentfonds, die an traditionellen Börsen gehandelt werden und es institutionellen sowie privaten Anlegern ermöglichen, in Bitcoin zu investieren, ohne die Kryptowährung direkt besitzen oder verwalten zu müssen. Dadurch wird das Investieren in Bitcoin zugänglicher und koordinierter, da der Handel an den regulären Börsenzeiten orientiert ist. Im Gegensatz zu Kryptowährungen, die rund um die Uhr und an jedem Tag der Woche gehandelt werden können, folgen Bitcoin-ETFs dem traditionellen Handelskalender, was bedeutet, dass kein Handel an Wochenenden stattfindet. Dies hat zu einer Verschiebung im Verhalten der Marktteilnehmer geführt.
Während früher viele Käufer und Verkäufer auch am Wochenende aktiv waren, hat sich das Handelsvolumen inzwischen auf die Wochentage konzentriert. Interessanterweise stieg gleichzeitig das Handelsvolumen innerhalb der regulären Börsenzeiten, insbesondere während des sogenannten „Benchmark Fixing Window“ nachmittags zwischen 15 und 16 Uhr, einem Zeitraum, in dem die ETF-Preise festgesetzt werden. Dieses Zeitfenster verzeichnete einen Anstieg des Handelsvolumens von 4,5 Prozent im vierten Quartal 2023 auf nunmehr 6,7 Prozent, was die zunehmende Bedeutung der ETFs für den Bitcoin-Handel unterstreicht. Die Folgen dieser Umstrukturierung des Handelsverhaltens sind vielfältig. Zum einen führt das fehlende Handelsvolumen an den Wochenenden zu einer deutlich geringeren Volatilität.
Während Bitcoin in der Vergangenheit mit starken Preisschwankungen auffiel – insbesondere an Wochenenden –, hat sich diese Dynamik verflacht. Die Volatilität ging von fast 106 Prozent im November 2021 auf rund 40 Prozent im März 2024 zurück und hält seit Anfang 2023 unter 50 Prozent. Dieses Muster lässt darauf schließen, dass Bitcoin als Anlageklasse reifer wird, was für viele Investoren eine positive Nachricht ist, da weniger extreme Schwankungen für eine bessere Planbarkeit sorgen. Ein weiterer Faktor, der das Wochenendvolumen beeinflusst, ist der Zusammenbruch von zwei ehemals sehr krypto-freundlichen Banken – Silicon Valley Bank und Signature Bank – im März 2023. Diese Institute hatten durch ihre 24/7-Zahlungsnetzwerke den Marktmachern des Krypto-Sektors ermöglicht, auch außerhalb der normalen Handelszeiten Liquidität bereitzustellen und Preise zu stabilisieren.
Mit ihrem Ausfall gingen wichtige Mechanismen verloren, die den Handel am Wochenende erleichterten und attraktiver machten. Dadurch ist das Angebot an Liquidität an Wochenenden deutlich zurückgegangen. Marktmacher, die auf die Spreads zwischen Kauf- und Verkaufspreisen angewiesen sind, haben somit weniger Anreiz, am Wochenende aktiv zu sein, was die Lücke zwischen Wochenend- und Wochentagshandel weiter vergrößert. Diese Entwicklung verändert auch die Wahrnehmung von Bitcoin als Anlageinstrument. Lange Zeit galt die Kryptowährung als sehr spekulativ mit hoher Risiko- und Gewinnchance durch die hohen Volatilitäten und die 24/7-Handelsmöglichkeiten.
Die Abkühlung des Wochenendhandels und die damit einhergehende Stabilisierung des Preises signalisieren, dass Bitcoin mehr und mehr als ein etabliertes Finanzprodukt betrachtet wird. Institutionelle Investoren finden zunehmend Vertrauen, was durch die hohen Mittelzuflüsse in Bitcoin-ETFs bestätigt wird – etwa BlackRock mit seinem 20 Milliarden Dollar großen Fonds, der aktuell als größter Bitcoin-ETF weltweit gilt. Die Frage bleibt jedoch, ob diese ruhiger gewordene Marktdynamik tatsächlich die neue Norm ist oder nur eine Übergangsphase. Einige Experten meinen, die Umstellung hin zu einem marktorientierteren Handelsrhythmus an Börsenzeiten sei ein Schritt in Richtung Traditionalisierung und Professionalisierung des Kryptomarktes, was langfristig zu nachhaltigeren Preisentwicklungen und stabileren Marktbedingungen führen kann. Andere wiederum warnen davor, dass die beschränkten Handelszeiten an ETFs auch Risiken bergen: In Zeiten plötzlicher Marktereignisse oder globaler wirtschaftlicher Unsicherheiten kann das Fehlen eines 24/7-Handels die Preislage weniger flexibel machen und zu Korrekturen führen, sobald die Börsen wieder öffnen.
Weiterhin bleibt zu beobachten, wie sich technische Innovationen und neue Regulierungsansätze auf den Krypto-Handel auswirken. Beispielsweise könnten alternative Handelsplattformen oder neue Finanzprodukte, die das Beste aus beiden Welten – regulierten ETFs und dem freien 24/7-Handel – vereinen, entstehen. Auch die Entwicklung von Brücken zwischen traditionellen Finanzmärkten und dezentralisierten Exchanges könnte die derzeitigen Modalitäten erneut verändern. Insgesamt zeigt die Forschung, dass der Rückgang des Wochenendhandels bei Bitcoin ein Symptom für eine tiefgreifende Transformation im Kryptosektor ist. Der einst rebellische, volatil geprägte digitale Vermögenswert befindet sich im Prozess der Anpassung an etablierte Finanzstrukturen, was sowohl Chancen für breitere Akzeptanz als auch Herausforderungen für die Flexibilität des Marktes birgt.
Für Anleger bedeutet dies, dass ein besseres Verständnis der Handelszeiten, der Auswirkungen von ETFs und des sich wandelnden ökonomischen Umfelds essenziell ist, um fundierte Entscheidungen zu treffen und von den Entwicklungen im Bitcoin-Markt langfristig zu profitieren.