Der Markt für Fusionen und Übernahmen in den USA hat sich nach einer Phase erheblicher Unsicherheiten und Rückgänge durch die Zollpolitik der Trump-Administration spürbar erholt. Zu Beginn des Jahres 2025 zeichnete sich eine vielversprechende M&A-Dynamik ab, die allerdings durch die Ankündigung und Einführung hoher Zölle abrupt gestoppt wurde. Doch nun, da die höchsten Zölle ausgesetzt wurden und die Nervosität an den Märkten nachlässt, kehrt zunehmend Optimismus zurück und die Dealaktivitäten nehmen Fahrt auf – ein Trend, der das Potenzial hat, den M&A-Sektor erneut in Schwung zu bringen. Der Rückgang der M&A-Aktivitäten im April war dramatisch: Die US-Deals fielen laut Daten von Mergermarket binnen einer Woche um 66 Prozent auf lediglich neun Milliarden US-Dollar. Weltweit sank das Transaktionsvolumen ebenfalls, wenn auch moderater.
Diese Einbrüche spiegelten die hohe Unsicherheit wider, die die Zollmaßnahmen in verschiedenen Branchen und bei Investoren ausgelöst hatten. Die Angst vor Handelskonflikten führte dazu, dass viele potenzielle Akteure an den Kapitalmärkten zögerten, umfangreiche Transaktionen anzustoßen, zumal die höheren Finanzierungskosten durch steigende Zinsen die Lage zusätzlich erschwerten. Vor der Zollankündigung profitierte die M&A-Branche von der deregulierten Agenda der Trump-Regierung und einer insgesamt gut gelaunten Wirtschaft, die sich nach den Inflationssorgen der Vorjahre langsam erholte. Diese Rahmenbedingungen hatten optimistische Erwartungen für das Jahr 2025 genährt und der moderate Aufwärtstrend von 2024 schien bestätigt. Die angekündigten Zölle hingegen schufen kurzfristig erhebliche Marktinstabilität und warfen viele der Hoffnungen über den Haufen.
Mittlerweile hat die Wiederaufnahme der M&A-Aktivitäten eine bemerkenswerte Dynamik entwickelt. Bereits im März stiegen die Transaktionswerte auf über 227 Milliarden US-Dollar, auch wenn die Anzahl der Deals mit etwa 586 im Vergleich zu späteren Monaten leicht variierte. Für den Monat Mai wurden bisher mehr als 300 Deals mit einem kumulierten Wert von über 125 Milliarden US-Dollar registriert. Besonders auffallend ist, dass die durchschnittlichen Transaktionsvolumina größer geworden sind, was auf die Rückkehr großer und bedeutender Akteure in den Markt hinweist. Die Entspannung im Handelsumfeld und die Stabilisierung der Aktienmärkte haben einen entscheidenden Beitrag geleistet.
Kevin Ketcham, Mergermarket-Analyst, verweist darauf, dass insbesondere Branchen, die stark durch Zölle belastet wurden – wie Technologie, Telekommunikation und Versorgungsunternehmen – nun wieder vermehrt M&A-Aktivitäten verzeichnen. Die zunehmende Klarheit über die Handelspolitik wirkt sich positiv auf die Risikobereitschaft der Investoren aus. Die Wiederaufnahme der größeren Deals unterstreicht die generelle Rückkehr von Vertrauen ins Marktgeschehen. Zu den bedeutenden Transaktionen dieses Jahres zählen unter anderem der Erwerb von Calpine durch Constellation Energy für 16,4 Milliarden US-Dollar, die Privatisierung von Walgreens in einem Deal, der insgesamt 23,7 Milliarden US-Dollar erreichen könnte, sowie Googles Übernahme des Cloud-Sicherheitsunternehmens Wiz für 32 Milliarden US-Dollar. Auch im Bereich der Telekommunikation gab es mit der Ankündigung der Fusion von Charter Communications und Cox Communications sowie dem Kauf der Glasfaserbranche von Lumen Technologies durch AT&T für 5,75 Milliarden US-Dollar große Bewegungen.
Darüber hinaus zeigen sich vermehrt auch mittelgroße und kleinere Deals, die zunehmend auf spezieller Anlagelage basieren. Das Interesse an sogenannten „Special Situations M&A“, also Transaktionen mit motivierten Verkäufern und größeren strukturellen Flexibilitäten, nimmt zu. Solche Deals sind oft leichter zu finanzieren und unterliegen weniger regulatorischen Hürden, was sie in einem Umfeld höherer Finanzierungskosten besonders attraktiv macht. Charles Corpening, Investmentchef bei West Lane Partners, erwartet, dass die M&A-Aktivitäten nach der Sommerpause noch einmal an Fahrt gewinnen. Er rechnet damit, dass besonders gut performende Unternehmen ihre Transaktionen bewusst hinauszögern, um auf ein wirtschaftliches Umfeld mit mehr Stabilität und günstigeren Bedingungen zu warten, während Unternehmen in schwieriger Lage eher früher verkaufen würden.
Im Konsumgütersektor zeigen Unternehmen wie Kraft Heinz eine flexible Herangehensweise. Das Unternehmen prüft sowohl Verkäufe langsamer wachsender Markensegmente als auch potenzielle Akquisitionen innerhalb seiner Kernkategorien, um Marktchancen zu nutzen. Diese Anpassungen spiegeln eine pragmatische Strategie angesichts der makroökonomischen Rahmenbedingungen wider und zeigen, dass Unternehmen ihre M&A-Strategie dynamisch ausrichten, statt sie pausieren zu lassen. Weiterhin sind „Abwehrmaßnahmen“ von Seiten der Zielunternehmen zu beobachten. Ein Beispiel dafür ist Victoria’s Secret, das eine sogenannte „Giftpille“ eingeführt hat, um einen potentiellen feindlichen Übernahmeversuch zu erschweren.
Gerade bei lukrativen und stabilen Unternehmen bleibt die Angst vor Übernahmeangeboten präsent, wodurch defensive Strategien an Bedeutung gewinnen. Der Blick auf die kommenden Monate zeigt, dass der M&A-Markt vor einer entscheidenden Phase steht. Die Fortsetzung der Erholung hängt wesentlich von der Entwicklung der Finanzierungskosten, der weiteren Handelspolitik und der globalen wirtschaftlichen Stabilität ab. Sollte es der Wirtschaft gelingen, die Unsicherheiten weiter zu reduzieren, könnte sich die Nachholeffekte bei Fusionen und Übernahmen verstärken und zu einem nachhaltigen Boom führen. Es ist zudem zu erwarten, dass die Art und Weise, wie M&A-Transaktionen gestaltet werden, an die neue Realität angepasst wird.
Flexiblere Vertragsstrukturen, engere Zusammenarbeit mit Kreditgebern und eine differenzierte Bewertung von Unternehmen werden wichtiger. Die Rolle von Technologie, Innovation und spezialisierten Beratungsdienstleistungen im M&A-Prozess gewinnt deutlich an Bedeutung, um Risiken besser steuern und Chancen effizienter nutzen zu können. Insgesamt zeigt sich, dass der M&A-Markt in den USA trotz der vorübergehenden Rückschläge robust ist. Die schnelle Erholung nach der Aussetzung der Zölle verdeutlicht, wie eng verflochten unternehmerische Aktivitäten, politische Entscheidungen und Finanzmärkte sind. Für Investoren, Unternehmen und Berater ergeben sich daraus weitreichende Möglichkeiten, die sie mit einer sorgfältigen Analyse und flexiblen Strategien erfolgreich nutzen können.
Die Entwicklungen im Deals-Sektor sind damit ein Spiegelbild der größeren wirtschaftlichen und geopolitischen Dynamiken, die die globalen Märkte prägen. In einer Zeit, in der Unsicherheit oft die Tagesordnung bestimmt, sind Transparenz, Agilität und die Bereitschaft, sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen, entscheidend für den Erfolg. Das aktuelle Aufleben der M&A-Aktivitäten macht deutlich, dass trotz kurzfristiger Einschränkungen langfristige Wachstumschancen bestehen – und dass die Akteure im Markt bereit sind, diese Chancen beherzt zu ergreifen.