TradingView zählt zu den meistgenutzten Chartanalyse-Plattformen weltweit und wird von Millionen von Anlegern und technischen Analysten genutzt, um Finanzmärkte, einschließlich Krypto, Aktien und Forex, zu beobachten und zu bewerten. Das umfassende Toolset, das unter anderem auch Fibonacci-Retracements umfasst, macht es besonders für Trader attraktiv, die auf technische Analyse setzen. Doch seit einigen Tagen sorgt ein Vorwurf, der über Twitter laut wurde, für Aufsehen: Ein Fehler im Fibonacci-Retracement-Werkzeug von TradingView soll seit mehr als fünf Jahren bekannt, aber nie behoben worden sein. Der Ursprung der Kritik liegt bei einem als „Cryptoteddybear“ bezeichneten Twitter-Nutzer, der sich selbst als zertifizierter Elliott-Wellen-Analyst beschreibt. In einem veröffentlichten Video erklärt er, dass das Fibonacci-Retracement-Tool bei logarithmischen Charts lineare Berechnungen durchführt, was die Genauigkeit und Relevanz der Analyse stark beeinträchtigt.
Dies ist entscheidend für Trader, die Elliott-Wellen-Theorien folgen, da eine fehlerhafte Berechnung grundlegende Fehldeutungen und somit falsche Handelsentscheidungen erzeugen kann. Fibonacci-Retracements sind ein fundamentaler Bestandteil vieler Trading-Strategien. Sie basieren auf der Annahme, dass sich Kursbewegungen oft in bestimmten, durch Fibonacci-Zahlen definierten Proportionen zurückziehen oder fortsetzen. Diese Zahlen sind besonders für ihre irrationale, jedoch häufig beobachtete Präsenz in Marktbewegungen bekannt. Entsprechend genau müssen die Werkzeuge sein, die solche Werte berechnen und visualisieren.
Die Problematik besteht darin, dass TradingView bei der Darstellung von Fibonacci-Retracements auf logarithmischen Skalen nicht das korrekte Rechenverfahren anwendet. Logarithmische Charts sind besonders bei langfristigen Betrachtungen von Märkten oder bei breiten Kursbewegungen relevant, da sie prozentuale Veränderungen besser abbilden als lineare Darstellungen. Wird die Berechnung linear durchgeführt, ergeben sich ungenaue Werte und die bewertete technische Analyse verliert an Aussagekraft. Laut dem Twitter-Nutzer wurde die Problematik bereits im November 2014 erstmals auf der Community-Seite „getsatisfaction“ veröffentlicht, einer Plattform, auf der Nutzer ihre technischen Probleme und Verbesserungsvorschläge an Unternehmen richten. Allerdings wurde der Fehler offenbar damals weitgehend ignoriert.
Ein weiterer Beitrag im Juni 2017 mit dem gleichen Anliegen erhielt zwar eine Antwort von TradingView, in der ein Fix bzw. dessen Planung angedeutet wurde, doch auch nach diesen Jahren scheint sich in der Praxis nichts geändert zu haben. Die Reaktion von TradingView auf den aktuellen Vorwurf war eine öffentliche Ankündigung, das Problem werde untersucht. Der Twitter-Account der Firma zeigte Bereitschaft, das Thema ernst zu nehmen, was immerhin von Cryptoteddybear begrüßt wurde. Trotzdem wurde bestätigt, dass der Fehler technisch weiterhin besteht.
Eine fingierte Lösung oder Understatement des Problems konnte durch die Stellungnahme des CTOs wenig später jedoch nicht aufrechterhalten werden. Er äußerte, dass der vorgebrachte Bug-Report teilweise inkorrekt gewesen sei und der Nutzer seine Behauptungen zumindest teilweise zurückgezogen habe. Diese wechselnden Aussagen tragen zur Verwirrung in der Community bei. Viele Trader sind auf akkurate Tools angewiesen, um Risiken richtig einzuschätzen und ihre Handelsentscheidungen zu treffen. Ein so grundlegendes Problem, das über Jahre bestehen soll, wirft Fragen zur Zuverlässigkeit und zum Support von TradingView auf.
Insbesondere angesichts der großen Bedeutung technischer Charts in modernen Märkten ist eine lückenlose, korrekte Darstellung essenziell. Die Auswirkungen eines solchen Fehlers sind vielschichtig. Einerseits kann es zu verfrühten oder falschen Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkten im Handel kommen, die das Kapital der Trader gefährden. Andererseits verliert das Vertrauen in die Plattform, die trotz Popularität und weit verbreiteter Nutzung als führend gilt. TradingView hingegen ist in jüngster Zeit auch aufgrund seiner Kooperationen und Innovationen in der Kryptoszene im Gespräch.
Das Unternehmen hat beispielsweise die Integration des „CIX100“-Index angekündigt, eines KI-gestützten Indexes, der die stärksten 100 Kryptowährungen abbildet. Zudem beobachten Marktteilnehmer, dass der Crypto-Bereich mit neuen Smart-Beta-Index-Initiativen aufwacht, wie sie etwa Coin Metrics mit dem Erwerb von Bletchley Indexes vorantreibt. Diese Entwicklungen zeigen, dass TradingView sich am Puls der Zeit bewegt und technisch anspruchsvolle Features anbietet. Dennoch stellt der angebliche, seit Jahren unbehandelte Fehler bei der Fibonacci-Retracement-Berechnung einen schwerwiegenden Mangel innerhalb der Plattform dar, der einige Nutzer kritisch sehen. Experten verweisen darauf, dass technische Analysewerkzeuge ständig gepflegt und auf dem neuesten Stand der mathematischen und softwaretechnischen Erkenntnisse gehalten werden müssen.
Offensichtlich können auch populäre Plattformen Fehler aufweisen, die erst durch die Aufmerksamkeit einzelner Nutzer öffentlich werden. Solche Fälle weisen auf die Bedeutung einer aktiven User-Community hin, die Probleme meldet und somit zur Qualitätsverbesserung beiträgt. Die Diskussion verdeutlicht auch, wie kritisch es für Trading- und Investment-Plattformen ist, auf Feedback aus der Nutzerschaft nachhaltig zu reagieren und Transparenz bei Fehlerbehebungen zu gewährleisten. Eine klare Kommunikation, regelmäßige Updates und die schnelle Umsetzung von Bugfixes sind essentielle Faktoren, damit Anwender Vertrauen in die angebotenen Instrumente behalten. Abschließend bleibt abzuwarten, wie TradingView das Problem endgültig löst und ob der Fehler bei der Fibonacci-Retracement-Berechnung weiter Bestand hat.
Nutzer sind gut beraten, bei der Anwendung technischer Analyse immer mehrere Quellen und Tools zu konsultieren, um sich nicht allein auf eine einzelne Plattform zu verlassen. Auf dem heutigen Markt, in dem präzise Daten und zuverlässige Analyseentscheidungen entscheidend sind, sollte kein Systemfehler fünf Jahre ohne Behebung offenbleiben. Der Fall zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, technische Tools sowohl kritisch zu hinterfragen als auch Fehlermeldungen ernst zu nehmen, um die Qualität und das Vertrauen in die Marktanalyse sicherzustellen.