Die Elektroenzephalographie, kurz EEG, ist eine essenzielle nicht-invasive Methode zur Erfassung der elektrischen Aktivitäten des menschlichen Gehirns. Sie ermöglicht Einblicke in physiologische Zustände und neurologische Erkrankungen mit hoher zeitlicher Auflösung, die für die klinische Diagnostik, Therapiekontrolle und neurowissenschaftliche Forschung unverzichtbar sind. Trotz ihrer Bedeutung stößt die EEG-Technologie in der Praxis, insbesondere bei chronischer Anwendung auf behaarter Kopfhaut, oftmals auf erhebliche Herausforderungen. Diese resultieren vor allem aus der schwachen Signalstärke, der Beeinträchtigung durch Kopfbehaarung sowie durch Bewegungsartefakte, die die Signalqualität deutlich mindern können. Aus diesen Gründen sind stabile, komfortable und langzeittragbare Elektroden für eine verlässliche EEG-Aufzeichnung von großer Bedeutung.
Traditionelle EEG-Systeme verwenden meist starre Metallkontakte, wie Goldbecher- oder Ag/AgCl-Elektroden, die mit leitfähigem Gel auf der Haut fixiert werden. Obwohl sie als Standard gelten, bringen diese Systeme Einschränkungen mit sich, die die kontinuierliche Nutzung erschweren. Die Verwendung von Gels verursacht nicht selten Hautreizungen, ist zeitaufwendig in der Vorbereitung und das Gel trocknet rasch aus, was häufiges Nachauftragen erforderlich macht. Diese Prozeduren mindern sowohl den Tragekomfort als auch die Akzeptanz der Nutzer, besonders bei Langzeitmonitorings, wie etwa bei Epilepsie oder Schlafstörungen. Zudem führt die geringe Flexibilität der Elektroden und die mögliche Verschiebung während der Bewegung zu instabilen Kontaktflächen, die Artefakte erzeugen und somit die Datenqualität beeinträchtigen.
Angesichts dieser Limitationen ermöglicht die neuartige Entwicklung bioadhäsiver, haarähnlicher Elektroden einen Paradigmenwechsel in der EEG-Messtechnik. Inspiriert von der Natur und der Struktur menschlichen Haares, bieten diese hauchdünnen, flexible und dehnbare Sensoren eine diskrete und zugleich hochwirksame Lösung für die Aufnahme bioelektrischer Signale auf behaarter Kopfhaut über längere Zeiträume hinweg. Durch ihre Federausführung passen sie sich optimal an die Kopfhautkontur sowie an die umgebenden Haare an, wodurch Interferenz reduziert und der Hautkontakt deutlich verbessert wird. Die innovative bioadhäsive Schicht sichert zudem eine starke und gleichzeitig hautschonende Haftung ohne komplizierte Hautvorbereitung oder Gelauftragung. Kernbestandteile und Fertigung dieser haarähnlichen Elektroden basieren auf hochleistungsfähigen, leitfähigen Polymerhydrogelen sowie robusten, aber flexiblen Polydimethylsiloxan (PDMS)-Schichten zur Versiegelung.
Die leitfähigen Polymere wie Poly(3,4-ethylenedioxythiophen):polystyrolsulfonat (PEDOT:PSS) gewährleisten hierbei exzellente elektrische Leitfähigkeit gepaart mit hoher Dehnbarkeit. Die bioadhäsive Komponente wird durch ein speziell entwickeltes Polyurethan-basiertes Polymer mit integrierten Poly(acrylsäure)-Ketten realisiert, die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften sowohl Wasser aufnehmen als auch durch kovalente Bindungen eine dauerhafte, sichere Haftung auf der Haut gewährleisten. Das Herstellungsverfahren nutzt die Direkt-Ink-Write (DIW)-3D-Drucktechnologie, die hochpräzises, schichtweises Auftragen der verschiedenen Komponenten mit feinjustierter Viskosität ermöglicht. So entstehen filigrane Elektroden, deren Dimensionen mit menschlichem Haar vergleichbar sind, wodurch eine nahezu unsichtbare Integration in das Haarbild erzielt wird. Diese biomimetische Gestaltung trägt dazu bei, soziale Hemmungen oder Unwohlsein beim Tragen zu minimieren, was gerade bei langzeitiger Anwendung ein entscheidender Vorteil ist.
In zahlreichen Praxistests wurde die Haftung und Funktionalität der Haar-Elektroden unter Alltagsbedingungen evaluiert. Selbst bei Tätigkeiten mit erhöhter Bewegung wie Sport oder beim Tragen von Kopfbedeckungen blieb die Anhaftung stabil. Die Bioadhäsive zeigte dabei eine deutlich höhere Haftkraft als herkömmliche EEG-Pasten, hielt sogar rund um die Uhr und war wasserresistent gegenüber Schweiß oder Dusche. Zudem hinterließ das Entfernen keine Rückstände oder Hautschädigungen, was die Hautverträglichkeit unterstreicht. Messungen der elektrischen Impedanz belegen, dass die haarähnlichen Elektroden eine geringere und konstantere Haut-Elektroden-Schnittstellenimpedanz aufweisen als traditionelle Goldelektroden in Kombination mit EEG-Pasten.
Dies resultiert aus der stabilen und engen Verbindung mit der Kopfhaut und dem flexiblen Aufbau, der Bewegungskomfort und Signalintegrität maximiert. Langzeitmessungen über 24 Stunden demonstrierten stabile Impedanzwerte ohne nennenswerte Verschlechterungen, was auf die Robustheit und Zuverlässigkeit des Systems hinweist. Die praktische Wirksamkeit wurde anhand von EEG-Aufzeichnungen an Probanden mit dichter Kopfbehaarung erprobt. Dabei konnten charakteristische Hirnwellenmuster wie Alpha-Rhythmen, die typischerweise im entspannten, augen geschlossenen Zustand auftreten, klar und rauscharm detektiert werden. Frequenzanalysen der Signale bestätigten die Herausbildung deutlicher Peaks um etwa 10 Hertz im Augen-zu-Zustand, wohingegen sie bei geöffneten Augen erwartungsgemäß unterdrückt waren.
Diese Ergebnisse lassen die hohe Signalqualität und das Potenzial der Haar-elektroden für klinische sowie neurologische Forschungsanwendungen erkennen. Darüber hinaus besitzt die Technologie vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, die weit über traditionelle EEG-Anwendungen hinausgehen. Die Kompatibilität mit verschiedenen Haartypen und Farben wurde gezielt durch Einfärbung der Polymere realisiert, um eine unauffällige Integration zu ermöglichen. Damit eignet sich das System nicht nur für medizinische Langzeitüberwachung, zum Beispiel bei epileptischen Anfällen, sondern auch für Wearables zur mentalen Gesundheitskontrolle, Stress- und Kognitionsüberwachung oder als smarte Schnittstelle für Gehirn-Computer-Interaktionen. Das Haar-elektroden-System vollzieht damit den Übergang von konventionellen, oft unbequemen und wartungsintensiven EEG-Hilfsmitteln zu modernen, nutzerfreundlichen und leistungsstarken Bioelektronik-Lösungen.
Seine hohe mechanische Belastbarkeit, kombinierte Flexibilität und dauerhafte Adhäsion eröffnen neue Perspektiven für die Überwachung neurologischer Signale auch bei Alltagstätigkeiten, Sport und im Schlaf. Zusammenfassend stellt die Entwicklung der stick-and-play bioadhäsiven haarähnlichen Elektroden einen bedeutenden Fortschritt in der nicht-invasiven Neuromonitoring-Technologie dar. Sie überwindet entscheidende Hindernisse traditioneller Systeme und liefert hochwertige EEG-Daten mit hohem Tragekomfort. Die Fähigkeit, EEG-Signale über lange Zeiträume zuverlässig und unauffällig zu erfassen, macht diese Innovation zu einem vielversprechenden Werkzeug für zukünftige medizinische Diagnostik, Therapie und Wissenschaft. In Kombination mit weiteren Fortschritten bei tragbaren Geräten, Signalverarbeitung und KI-gestützter Analyse könnte dieses System die neuroelektrische Überwachung nachhaltig verändern und die Lebensqualität von Menschen mit neurologischen Erkrankungen verbessern.
Der Einsatz solcher biokompatiblen, flexiblen Materialien und fortschrittlicher Fertigungsmethoden zeigt exemplarisch, wie Multidisziplinarität aus Materialwissenschaft, Ingenieurwesen und Neurologie innovative Lösungen für komplexe klinische Fragestellungen liefern kann. In einer Zeit, in der personalisierte Medizin und digitale Gesundheitsanwendungen zunehmend an Bedeutung gewinnen, bietet die bioadhäsive haarähnliche Elektrode einen wegweisenden Ansatz zur Verknüpfung von Komfort, Ästhetik und technischer Exzellenz im EEG-Recording.