In der dynamischen Welt von Startups ist Geschwindigkeit das wichtigste Kapital. Es gilt, schnell zu iterieren, Funktionen zu liefern und damit Kunden zu überzeugen. Doch gerade in dieser kritischen Phase kann die Entscheidung für eine Microservice-Architektur mehr Schaden als Nutzen anrichten. Microservices – ein Begriff, der für viele Entwickler und Gründer wie ein technologisches Versprechen klingt – erfordern nämlich eine hohe Komplexität und einen erheblichen Mehraufwand, der in jungen Unternehmen kaum zu stemmen ist. Das Konzept von Microservices beruht darauf, Anwendungen in kleine, eigenständige Dienste aufzuteilen, die unabhängig voneinander entwickelt, bereitgestellt und skaliert werden können.
Auf dem Papier klingt das sinnvoll und ist ein populärer Ansatz für große Unternehmen mit ausgedehnten Teams und komplexen Systemen. Der Vorteil liegt in der Modularität und Skalierbarkeit. Doch in der Startup-Realität ist die Umsetzung oft eine enorme Belastung für Ressourcen und Zeit. Wenn Startups frühzeitig ihre Systeme in Dutzende Microservices aufspalten, laufen sie Gefahr, ihre Produktivität zu mindern. Die Entwickler verbringen unverhältnismäßig viel Zeit damit, Infrastrukturprobleme zu lösen, Deployments zu koordinieren und sich mit fragmentierten Codes zu beschäftigen, statt innovative Features zu bauen.
Auch die lokale Entwicklungsumgebung wird fragil. Häufig resultieren daraus komplizierte Docker-Setups, um mehrere Dienste gleichzeitig zu starten, was die Einarbeitung neuer Teammitglieder erschwert und den Entwicklungsprozess verlangsamt. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Vielzahl an CI/CD-Pipelines, die für jeden Microservice einzurichten und zu warten sind. Hier entstehen Doppelarbeiten und erhöhter Verwaltungsaufwand, der kleinen Teams schnell über den Kopf wächst. Zudem erschwert die vermeintliche Entkopplung der Services oft die Einführung von Änderungen, da dauerhafte Koordination zwischen den Teams und Services notwendig ist.
Die resultierende Organisationskomplexität kann in frühen Phasen eines Startups durchaus die gesamte Entwicklung lähmen. Der Aufbau einer umfassenden Beobachtbarkeit (Observability) über verteilte Systeme hinweg ist ebenfalls eine Herausforderung. Microservices verlangen das Implementieren von verteiltem Tracing, zentralem Logging und Monitoring, um Fehler zu erkennen und zu beheben. Dies schlägt mit Wochen intensiver Arbeit zu Buche, die von vielen Startups nicht eingeplant wird und oft auf Kosten der Produktentwicklung geht. Auch bei Tests zeigt sich eine fragmentierte Landschaft: die Tests für die Anwendung müssen serviceübergreifend laufen, was sie anfällig für Fehler macht und das Vertrauen in die Testabdeckung mindert.
Dadurch erhöht sich das Risiko für Bugs in der Produktion und verlängert die Time-to-Market. Dem gegenüber stellt sich die monolithische Architektur als sehr viel pragmatischere Lösung für Startups dar, die schnell wachsen möchten. Monolithen sind einfacher zu verstehen, zu testen und zu deployen, insbesondere wenn sie auf bewährten Frameworks basieren. Ein Beispiel dafür ist eine Anwendung, die auf Laravel, Django, Nest.js oder ASP.
Net basiert. Diese Frameworks sind hervorragend auf eine monolithische Nutzung ausgelegt und erhalten starken Support durch die Open-Source-Community. Monolithen bieten den großen Vorteil, dass Teams sich auf die eigentliche Kernkompetenz konzentrieren können: schnelles Liefern von Mehrwert und Überleben in einem hart umkämpften Markt. Selbst wenn der Code durch schnelles Wachstum an Komplexität gewinnt, wird das System dadurch nicht automatisch unbenutzbar. Vielmehr sind es unzureichend strukturierte Monolithen, die langfristig Skalierbarkeit erschweren.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Microservices von Anfang an der „richtige“ Weg seien. Tatsächlich zahlen nur große Organisationen mit echten Skalierungsproblemen und zahlreichen Teams den Preis für Microservices und profitieren davon. Für Startups ist das Risiko der vorzeitigen Aufspaltung oft größer als der Nutzen. Beispiele wie Segment zeigen, dass auch größere Unternehmen bereits Erfahrungen gemacht haben, bei denen eine Rückkehr zum Monolithen die Produktivität stark steigerte. Probleme mit voreiligen Servicegrenzen sind häufig.
Unter dem Deckmantel von Domain-Driven Design werden Services getrennt, bevor die tatsächliche Produktstruktur validiert ist. Dies führt zu komplizierten Datenbank-Sharing, unnötigem Abhängigkeits- und Kommunikationsaufwand und hemmt die schnelle Iteration. Ein konkreter Fall war die aufgeteilte Nutzer-, Authentifizierungs- und Autorisierungsarchitektur, die viele Deployment- und Koordinationsprobleme verursachte. Ein pragmatischer Ansatz empfiehlt, Flaschenhälse gezielt zu identifizieren und nur dort aufzubrechen, wo klare Skalierungsbedarfe existieren. Intern lässt sich mit Feature Flags und Deployment-Toggles experimentieren, um die spätere Migration vorzubereiten, ohne jetzt die volle Infrastrukturkomplexität aufzubauen.
Auch die Verwaltung von Repositories und Infrastruktur wird mit mehreren Microservices bedeutend aufwendiger. Kleine Teams leiden unter context switching, fragmentierter Codeverwaltung und mehrfachen Konfigurationsanforderungen. Nutzung von Monorepos, bei denen alle Services zentral verwaltet werden, kann diesen Effekt abmildern. Tools wie nx oder Turborepo für Node.js ermöglichen ein besseres Zusammenspiel und Testen in einer Codebasis, stellen aber auch eigene Herausforderungen dar.
Deshalb ist ein sauber gepflegtes Monorepo eine unverzichtbare Grundlage. Die lokale Entwicklungsumgebung stellt eine häufig unterschätzte Hürde dar. Fehlender Support für verschiedene Betriebssysteme führt zu erheblichen Produktivitätsverlusten, insbesondere in heterogenen Teams. Aufwändige lokale Microservice-Aufbauten mit zahlreichen Docker-Containern und instabilen Skripten können zu hohen Einstiegshürden für neue Entwickler werden. Hier ist es ratsam, einfache Setup-Prozesse zu entwickeln, die eigenständig nachgebaut werden können – idealerweise mit einem simplen git clone und einem Makefile-Befehl.
Die Wahl der Programmiersprache und des Tech-Stacks hat ebenfalls Einfluss auf die Komplexität. Sprachen wie Node.js und Python ermöglichen schnelle Iteration, bergen aber Herausforderungen bei der Verwaltung von Abhängigkeiten über unterschiedliche Services hinweg. Go punktet mit schnellen Builds und stabilen statischen Binärdateien und findet einen natürlicheren Einsatz in echten Microservice-Szenarien. Die Balance zwischen Performance und Entwicklerproduktivität gilt es früh zu bedenken, denn ein späterer Wechsel der Technologie ist oft teuer und aufwendig.
Neben der direkten Code- und Infrastruktur-Komplexität bringt die Kommunikation zwischen Services erhebliche Herausforderungen mit sich. Retry-Mechanismen, Circuit Breaker, API-Versionierung und zuverlässige asynchrone Nachrichtenverarbeitung sind wichtige Bausteine. Für kleine Teams bedeutet dies zusätzlichen Aufwand, um Fehlerquellen zu vermeiden und stabile Abläufe sicherzustellen. Ein einfacher Monolith hat hier eindeutig die Nase vorn, da viele dieser Probleme gar nicht erst entstehen. Dennoch haben Microservices durchaus ihre Berechtigung, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
Workload-Isolation ist einige Beispiele dafür, etwa wenn rechenintensive Prozesse wie Bildverarbeitung oder Machine Learning von der Hauptanwendung entkoppelt werden müssen. Auch bei sehr unterschiedlichen Skalierungsanforderungen verschiedener Systemteile ist eine Trennung sinnvoll, etwa wenn das Frontend leichtgewichtig bleibt, während backendseitig GPUs für KI-Modelle benötigt werden. In Fällen mit komplett unterschiedlichen Runtime-Umgebungen, wie Legacy-Code in C++ neben moderneren Systemen, bietet sich die Abkopplung als Dienst an, da eine monolithische Kompilierung unmöglich oder unwirtschaftlich ist. Langfristig oriеntierte Firmen mit zahlrеichen Teams und etablierten Prozessen wie Uber haben gezeigt, wie Microservices sinnvoll eingesetzt werden können. Allerdings ist dieser Schritt immer das Ergebnis organischen Wachstums und nicht ein Vorgehen, das sofort zu Beginn der Entwicklung gewählt werden sollte.
Für Gründer und CTOs ist daher klar: Starten Sie mit einem robusten, gut strukturierten Monolithen. Nutzen Sie bewährte Frameworks und legen Sie das Hauptaugenmerk auf schnelle Feature-Lieferung und einfache Deployments. Verzichten Sie auf den frühen Microservice-Zwang, um das Team nicht durch unnötige Komplexität zu bremsen. Halten Sie Ihre Repository- und CI/CD-Infrastruktur schlank und gut dokumentiert und erleichtern Sie den Entwicklern mit einem einfachen lokalen Setup die Arbeit. Wenn ein echter Bedarf an Serviceaufteilung entsteht, gehen Sie diese gezielt an.
Planen Sie ausreichend Ressourcen für die notwendige Automatisierung, Standardisierung der Schnittstellen und ein durchgängiges Monitoring ein. Setzen Sie auf zuverlässige Protokolle, stabile Testumgebungen und möglichst kleine, wartbare gemeinsame Bibliotheken. Die Architektur eines Startups bestimmt maßgeblich den Erfolg. Oleg Pustovits Erfahrung mit diversen Early-Stage-Projekten unterstreicht die zentrale Rolle von Einfachheit und Pragmatismus. Premature Microservices sind eine Kostenfalle, die Sie sich zu Beginn kaum leisten können.
Überleben Sie zuerst. Skalieren Sie später. Optimieren Sie für Geschwindigkeit und Entwicklerzufriedenheit. Denn nicht jedes moderne Buzzword bringt im Startup-Kontext Mehrwert – manchmal ist weniger einfach mehr.