Die rasante Entwicklung im Bereich der Satellitenkommunikation fordert eine Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen, die seit Jahrzehnten unverändert sind. Die US-amerikanische Federal Communications Commission (FCC) hat Ende April 2025 ein neues Notice of Proposed Rulemaking (NPRM) veröffentlicht, das eine grundlegende Überprüfung und Modernisierung der Spektrum-Sharing-Regeln für Satelliten-Breitbanddienste zwischen geostationären (GSO) und nicht-geostationären (NGSO) Satellitensystemen vorsieht. Ziel dieser Maßnahme ist es, innovative Entwicklungen zu beschleunigen, die Effizienz der Frequenznutzung zu steigern und den amerikanischen Markt im Wettbewerb zu stärken. In den letzten Jahren hat sich die Satellitenindustrie dynamisch entwickelt. Vor allem NGSO-Systeme, deren Satelliten mit geringer Erdumlaufbahn operieren, haben tausende Satelliten gestartet und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bereitstellung hochleistungsfähiger, latenzarmer Breitbanddienste.
Gleichzeitig modernisieren traditionelle GSO-Systeme ihre Satellitenflotten und erweitern ihre Leistungsfähigkeit. Die aktuellen FCC-Regeln, welche bereits vor über 25 Jahren eingeführt wurden, bergen Einschränkungen, die NGSO- Betreiber in ihrem Wachstum und Leistungsumfang bremsen. Das NPRM adressiert diese veralteten Vorschriften insbesondere in den Frequenzbereichen zwischen 10,7 und 12,7 GHz, 17,3 und 18,6 GHz sowie 19,7 und 20,2 GHz – Bänder, die sowohl von GSO- als auch NGSO-Satelliten gleichzeitig genutzt werden und deren Koexistenz durch Equivalent Power Flux Density (EPFD) Beschränkungen geregelt ist. Das Verfahren zur Festlegung der EPFD-Limits entstand in den 1990er Jahren und basiert auf Annahmen und Systemparametern der damaligen Satellitentechnik. Die heutigen NGSO-Systeme weisen jedoch eine deutlich höhere Komplexität und Anpassungsfähigkeit auf, mit dynamischer Steuerung der abstrahlenden Leistung und präziser Ausrichtung von Antennenbündeln, was die Effizienz im Spektrum deutlich steigern kann.
Gleichzeitig haben sich die GSO-Systeme technisch weiterentwickelt, etwa durch den Einsatz von Adaptive Coding and Modulation (ACM), wodurch sie resilienter gegen Interferenzen sind und flexiblere Schutzkriterien erfordern. Die FCC erkennt an, dass die aktuell geltenden EPFD-Limits den betriebswirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten moderner NGSO-Systeme nicht mehr gerecht werden. Sie beschränken die maximale Strahlungsleistung, erzwingen große Vermeidungswinkel entlang des geostationären Satellitenbogens und begrenzen die Zahl der gleichzeitig aktiven Satelliten und Strahlen auf eine Weise, die eine optimale Ausnutzung des Frequenzspektrums und der Satellitenkonstellationen verhindert. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass die Reduzierung des Vermeidungswinkels von 16 auf 6 Grad in einem NGSO-System mit 425 Satelliten die weltweite Abdeckung signifikant erhöhen kann, was direkt dem Endkunden zugutekommt. Parallel dazu kritisieren Experten, dass die bestehenden EPFD-Anforderungen nicht nur NGSO-Systeme einschränken, sondern auch bezüglich GSO-Systeme intern inkonsistent sind und teilweise sogar übermäßigen Schutz garantieren, welcher angesichts moderner Technologien überholt erscheint.
Der Abstand zwischen GSO-Satelliten, der sich auf die Vermeidung gegenseitiger Interferenz auswirkt und in internationalen Standards vorgesehen ist, wird durch die EPFD-Regelungen in einigen Frequenzbändern als viel zu restriktiv angesehen. Dies verdeutlicht den Bedarf, die zugrundeliegenden Schutzmechanismen und Referenzlinks einer zeitgemäßen Neubewertung zu unterziehen. Die FCC hat auf Antrag des führenden NGSO-Breitbandanbieters SpaceX dieses Verfahren zur Überprüfung und möglichen Anpassung der Spektrum-Sharing-Regeln eingeleitet und trotz Einwände von Wettbewerbern wie Viasat und EchoStar beschlossen, den Dialog zu öffnen und detaillierte Stellungnahmen und technische Analysen einzuholen. Die Mehrheit der Beteiligten unterstützt die Initiierung des Verfahrens, einige fordern sogar eine zügige Umsetzung, um die Innovationsfähigkeit der US-Satellitenindustrie nicht unnötig zu bremsen. Das NPRM ist breit angelegt und fordert Kommentare zu einer Vielzahl von Themen.
Neben der Bewertung technologischer Entwicklungen werden Fragen zu realistischen GSO-Referenzlinks, zu kurz- und langfristigen Schutzkriterien, zu alternativen Spektrum-Sharing-Modellen und zu Maßnahmen zur Informationsweitergabe zwischen GSO- und NGSO-Betreibern gestellt. Diese umfassende Herangehensweise soll dazu dienen, eine solide technische und regulatorische Grundlage zu schaffen, die sowohl den Schutz bestehender Dienste gewährleistet als auch den Spielraum für technische Innovationen erweitert. Ein zentrales Thema ist der Vorschlag, bei der Ermittlung von Störungsgrenzen auf ein „Degraded Throughput“-Modell zurückzugreifen. Dieses berücksichtigt den Einfluss von Interferenz auf die tatsächliche Datenrate über kurze und lange Zeiträume und stellt eine Verbesserung gegenüber starren EPFD-Grenzwerten dar. Dadurch könnte eine flexiblere und an die Betriebsrealität angepasste Spektrumsteilung ermöglicht werden.
Parallel diskutiert die FCC Konzepte für eine bessere Informations- und Koordinationspflicht zwischen Satellitenanbietern, etwa im Hinblick auf Antennenmuster, tatsächliche Leistungspegel und Nutzungsmuster. Durch mehr Transparenz sollen Interferenzen minimiert und die Spektrumnutzung maximiert werden. Auch die Berücksichtigung der Schutzbedürfnisse terrestrischer Dienste und der Radioastronomie ist fester Bestandteil der Befragung. Von besonderer Bedeutung sind auch grenzüberschreitende Koordinationsfragen, etwa mit Kanada und Mexiko, da Funkfrequenzen naturgemäß nicht an Landesgrenzen haltmachen. Die FCC strebt hier eine enge Zusammenarbeit mit Nachbarländern an, um störungsarme und effizient genutzte Frequenzumgebungen sicherzustellen.
Die Überprüfung der Spektrum-Sharing-Regeln wird voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Ausgestaltung der Satellitenkommunikation in den USA haben. Modernere und flexiblere Rahmenbedingungen können Innovationen fördern, den Wettbewerb intensivieren und neue Breitbanddienste beschleunigen, insbesondere in bislang unterversorgten ländlichen Gebieten. Zudem positionieren sich amerikanische Unternehmen damit besser in einem globalen Umfeld, in dem immer mehr Nationen die Weltraumwirtschaft zum Schwerpunkt erklären. Die FCC verfolgt dabei einen ausgewogenen Ansatz. Schutz der bestehenden Dienste und Nutzer hat oberste Priorität und Änderungen werden erst nach sorgfältiger Bewertung und Konsultation durchgeführt.
Gleichzeitig soll mit Blick auf die technologische Realität und Entwicklungspotenziale nicht an veralteten Regeln festgehalten werden, die Innovationen hemmen. Dabei wird betont, dass die USA das souveräne Recht besitzen, innerhalb ihres Hoheitsgebiets eigene Höchstwerte und Regelungen abzuleiten, auch wenn diese von internationalen Normen abweichen. Abschließend ist hervorzuheben, dass die FCC für einen reibungslosen Übergangsprozess plädiert und den Betreibern angemessene Fristen und Verfahren zur Anpassung an neue Regeln anbieten möchte. Dies soll mögliche Belastungen mindern und Investitionssicherheit gewährleisten. Zusammenfassend stellt das NPRM der FCC einen wesentlichen Meilenstein in der Anpassung der US-amerikanischen Raumfahrt- und Telekommunikationsregulierung dar.
Durch eine moderne, wissenschaftlich fundierte Spektrum-Sharing-Strategie sollen technische Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in der schnelllebigen Satellitenbranche gefördert werden. Gleichzeitig wird die Grundlage gelegt, dass mehr Menschen, auch in abgelegenen Regionen, zeitnah Zugang zu leistungsfähigem Breitband aus dem All erhalten. Diese Weichenstellung ist damit auch ein Schritt zur Schließung der digitalen Kluft und zur Stärkung nationaler sicherheits- und wirtschaftspolitischer Ziele. Die Öffentlichkeit und Branche sind nun aufgerufen, sich im laufenden Verfahren einzubringen und mit ihrem Fachwissen den Weg für die nächste Generation satellitengestützter Kommunikationsdienste in den USA zu ebnen.