Englisch ist eine Sprache, die von Millionen Menschen weltweit gesprochen wird und als globale Lingua franca gilt. Doch trotz ihrer weltweiten Verbreitung akzeptieren sowohl Muttersprachler als auch Lernende aus anderen Ländern häufig, dass Englisch in vielerlei Hinsicht stark von anderen Sprachen abweicht und als ungewöhnlich oder sogar eigentümlich empfunden wird. Besonders die unlogische Rechtschreibung wird oft als größtes Ärgernis genannt. Doch Englisch ist nicht nur in der geschriebenen Form merkwürdig – seine sprachlichen Strukturen, sein Vokabular und seine Grammatik zeigen ebenfalls markante Unterschiede zu den meisten anderen Sprachen. Um zu verstehen, warum Englisch so eigentümlich ist, lohnt sich ein Blick in seine Geschichte und die sprachlichen Einflüsse, die es prägten.
Die Wurzeln der englischen Sprache liegen ursprünglich im Germanischen, genauer bei den Angelsachsen, Sachsen, Jüten und Friesen, die ab etwa dem 5. Jahrhundert nach Christus nach England einwanderten. Das sogenannte Altenglisch war eine stark flektierte Sprache mit komplexen grammatikalischen Strukturen, darunter mehrere Fälle, Genus- und Numeruszuweisungen. Doch das Altenglische war den heutigen Englischsprechern so fremd, dass es im Prinzip wie eine völlig andere Sprache wirkt – ähnlich wie ein heutiger Deutscher das Althochdeutsche kaum ohne spezielle Ausbildung verstehen würde. Was Englisch von seinen germanischen Verwandten markant unterscheidet, ist vor allem der Verlust komplexer grammatischer Merkmale, die in anderen verwandten Sprachen teils noch erhalten sind.
Ein gutes Beispiel dafür ist die fast vollständige Abschaffung der Genus- und Kasussysteme, die in den meisten anderen germanischen und indoeuropäischen Sprachen nach wie vor bestehen. Weder besitzt Englisch noch eine Zuordnung von Geschlechtern für Substantive, wie es etwa Deutsch, Französisch oder Spanisch tun, noch verwendet es umfangreiche Endungen zur Veränderung der Wortformen. Ein weiterer ungewöhnlicher Aspekt betrifft die Verwendung der Hilfsverben, insbesondere das allgegenwärtige „do“ in Fragen und Verneinungen. Diese Satzkonstruktion ist in der Sprachwelt außergewöhnlich und findet sich nur in wenigen anderen Sprachen, vor allem keltischen. Die keltischen Sprachen – historisch in Großbritannien und Irland verbreitet – hatten also großen Einfluss auf das spätere Englisch, besonders in der Satzstruktur.
Durch diese sprachliche Einmischung wurde Englisch noch einmal eigentümlicher und entfernte sich weiter von seinen germanischen Nachbarn. Ab dem 9. Jahrhundert folgte dann die bedeutende Invasion der Wikinger, die das Altenglische erneut beeinflussten und die Sprache insofern vereinfachten, als viele komplexe Formen weggelassen wurden. Die nordischen Siedler sprachen Altnordisch, ein weiteres germanisches Idiom, das jedoch deutliche Unterschiede zum Altenglischen aufwies. Beim Zusammenleben mit den angelsächsischen Urbewohnern übernahmen die Wikinger die englische Sprache, sprachen sie aber mit nordischem Akzent und nahmen einige ihrer sprachlichen Eigenheiten mit ein.
Diese Mischung führte dazu, dass das Englische grammatikalisch verschlankt wurde und unter anderem das Endungsystem weiter verlor. So entstand das moderne Englische als hybride Sprache einfacherer Struktur. Später, mit der normannischen Eroberung Englands im Jahr 1066, kamen die französische Sprache und die lateinische Kultur dazu. Die Normannen, selbst Nachkommen skandinavischer Wikinger, beherrschten Französisch als Sprache der Oberschicht und Verwaltung. Ein großer Teil der französischen und lateinischen Wörter wurde in das Englische übernommen, vor allem für Bereiche wie Recht, Verwaltung, Kunst, Wissenschaft und höfisches Leben.
Dieses Vokabular bereicherte und verkomplizierte den Wortschatz maßgeblich und führte dazu, dass es heute parallel oft mehrere Wörter mit ähnlicher Bedeutung gibt – eins germanischen Ursprungs, eins französisch-lateinisch – die sich subtil in der Tonlage und Formalität unterscheiden. Diese Sprachmischung führte auch dazu, dass Englisch eine der „mischungsreichsten“ Sprachen der Welt geworden ist. Die meisten anderen Sprachen stammen, was den Wortschatz angeht, aus einer einzigen sprachlichen Wurzel und zeigen daher eine gewisse Einheitlichkeit. Englisch hingegen ist ein wahres Sprachgemisch, dessen Wörter aus germanischen, romanischen, keltischen und sogar griechischen Quellen stammen. Es ist nicht ungewöhnlich, in einem einzigen Satz Wörter unterschiedlicher Herkunft zu finden.
Dies erklärt auch, warum Lernen oder Beherrschen des Englischen für Nicht-Muttersprachler oft als besonders schwierig empfunden wird. Die Rechtschreibung des Englischen ist eine weitere Herausforderung. Sie spiegelt eine Mischung verschiedener sprachlicher Einflüsse wider, die sich im Lauf der Geschichte aber nur unzureichend an die Aussprache angepasst hat. Viele englische Wörter werden nicht so ausgesprochen, wie sie geschrieben werden, was oft auf historische Lautverschiebungen, unterschiedliche Herkunft und fehlende Reformen zurückzuführen ist. Während etwa das Deutsche oder Spanische im Allgemeinen eine klare Verbindung zwischen Schriftbild und Aussprache aufweisen, kann ein englisches Wort wie „knight“ für Lernende verwirrend sein, da viele Buchstaben stumm sind.
Der Mangel an einheitlicher orthografischer Reform und die vielen Ausnahmen erschweren das Erlernen der Sprache erheblich. Neben den grammatikalischen und lexikalischen Besonderheiten weist das Englische auch phonetisch einige Sonderheiten auf. Die Rhythmusbetonung, Intonation und Vokallänge folgen oft außergewöhnlichen Mustern, die durch die Vermischung verschiedener sprachlicher Ursprünge bedingt sind. Auch das englische System der Wortakzente ist komplexer als in vielen anderen Sprachen. Manche Endungen deutscher Herkunft verändern die Betonung eines Wortes nicht, während lateinisch-französische Endungen den Akzent oft verschieben, was für Lernende zusätzlich ungewohnt ist.
Ein weiterer Punkt ist die Verbindung zwischen Sprache und Kultur beziehungsweise Geschichte. Englisch ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern auch das Produkt einer langen und turbulenten Geschichte: Völkern und Invasionen, Herrschaftswechseln und kulturellen Verschmelzungen. Diese Ereignisse hinterließen unauslöschliche Spuren im Sprachsystem, die sie zu einem lebendigen Zeugnis der gesellschaftlichen Entwicklung Englands machen. Die Vielfalt und „Eigenartigkeit“ des Englischen sind also auch eine Sprachgeschichte der Migration und des kulturellen Austauschs. Diese Vielzahl historischer Einflüsse macht Englisch nicht unbedingt schwieriger als andere Sprachen, doch eben anders.
Während viele Sprachen oft „eine klare Linie“ verfolgen und sich eher homogen entwickeln, zeigt Englisch seinen hybriden Charakter. Es ist strukturell eigenwillig, kombiniert Elemente, die in anderen Sprachen nur selten zusammentreffen, und entwickelt sich stetig weiter. Genau diese Eigenschaften machen es für Muttersprachler oft als selbstverständlich, für Lernende jedoch als besonders herausfordernd und insbesondere einzigartig faszinierend. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Englisch so sonderbar anders geworden ist, weil es seine Struktur und seinen Wortschatz über viele Jahrhunderte hinweg aus verschiedensten Quellen speiste. Der Einfluss keltischer Sprachen veränderte die Satzkonstruktionen, der nordische Einfluss entledigte die Sprache vieler komplexer Formen, die normannische Eroberung brachte tausende neue Wörter und ein Gefühl für verschiedene Sprachregister, und die Treffen mit lateinischer und griechischer Kultur verfeinerten und erweiterten das Vokabular weiter.
Die Uneinheitlichkeit der Rechtschreibung, die ungewohnte Grammatik und die Sprachmischung bilden zusammen ein Bild, das Englisch von seinen engsten Verwandten abhebt und ihm seine besondere Stellung in der Welt der Sprachen verleiht. Englisch ist letztlich kein gewöhnliches Sprachsystem, sondern ein lebendiges Zeugnis von Geschichte, Kulturkontakt und sprachlichem Experimentieren. Diese Besonderheiten sind nicht nur Gründe für seine Herausforderungen, sondern auch Ausdruck seiner Vitalität und Anpassungsfähigkeit, die es auch im 21. Jahrhundert zu einer der international wichtigsten Sprachen machen.