Celsius Network ist eine der bekanntesten Plattformen im Bereich der Kryptowährungsdarlehen und -einlagen. Nutzer können dort ihre digitalen Assets hinterlegen, um entweder Zinsen darauf zu erhalten oder Kredite auf Basis ihrer Kryptowährungen aufzunehmen. Doch im Juni 2022 sorgte Celsius mit der plötzlichen Ankündigung, fast alle Transaktionen wie Abhebungen, Transfers und Tauschaktionen einzustellen, für Aufsehen und große Unruhe am Kryptomarkt. Doch was steckt genau hinter Celsius? Warum pausiert das Unternehmen die Auszahlungen, und was bedeutet diese Entscheidung für die Nutzer? Dies und mehr wird im Folgenden detailliert erläutert. Celsius Network ist im Prinzip eine Art Bank für Kryptowährungen – allerdings ohne physische Filialen und ohne die staatlichen Sicherungssysteme, die traditionelle Banken absichern.
Die Nutzer können verschiedene Kryptowährungen auf das Celsius-Konto einzahlen und erhalten dafür Zinsen, die teilweise sehr attraktiv hoch sind – bis zu 17 Prozent jährlich. Für Besitzer von Kryptowährungen ist das eine Möglichkeit, passive Einnahmen zu generieren. Gleichzeitig vergibt Celsius Kredite, die mit den hinterlegten Coins besichert sind, wobei die Zinsen für Kreditnehmer vergleichsweise niedrig sind. Celsius profitiert damit von der Differenz zwischen den Zinssätzen der Kreditnehmer und den Auszahlungen an die Einleger. Dieses Geschäftsmodell ist darauf angewiesen, dass der Markt stabil bleibt und die Kryptowerte nicht stark schwanken.
Doch die Realität sieht oft anders aus. Die Krypto-Branche zeichnet sich durch hohe Volatilität aus – die Preise von Bitcoin, Ethereum und anderen Coins können innerhalb kurzer Zeiträume drastisch steigen oder fallen. Genau diese Volatilität brachte Celsius in Bedrängnis. Seit Mai 2022 gingen die Preise vieler Kryptowährungen stark zurück. Bitcoin verlor fast die Hälfte seines Wertes, und Ethereum fiel ebenfalls um mehr als 50 Prozent innerhalb weniger Wochen.
Auch der Celsius-eigene Token CEL verlor massiv an Wert, was sich auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens auswirkte. Angesichts dieser extremen Marktlage sah sich Celsius gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Liquidität zu erhalten: Daher wurden alle Abhebungen, Transfers und Tauschaktionen auf der Plattform pausiert. Celsius begründete diese Entscheidung damit, dass man so in eine bessere Position versetzt werde, um langfristig die Auszahlungspflichten gegenüber seinen Nutzern erfüllen zu können. Damit soll verhindert werden, dass die Plattform durch einen plötzlichen Ansturm von Rücknahmen zahlungsunfähig wird. Für viele Anleger kam diese Nachricht überraschend und sorgt verständlicherweise für große Unsicherheit.
Wer seine Kryptowährungen auf Celsius eingezahlt hat, hat aktuell keine Möglichkeit, diese zu transferieren oder auszahlen zu lassen – zumindest so lange die Sperre gilt. Das Vertrauen in Celsius hat dadurch erheblichen Schaden genommen. Ein weiterer Faktor, der die Situation erschwert, ist die fehlende staatliche Regulierung in diesem Bereich. Anders als bei traditionellen Banken sind Einlagen in Krypto-Plattformen wie Celsius nicht durch Einlagensicherungsfonds geschützt. Das bedeutet, wenn das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder sogar bankrottgeht, haben Nutzer kaum rechtliche Möglichkeiten, ihr Geld zurückzufordern.
Experten weisen zudem darauf hin, dass bei sogenannten zentralisierten Finanzdienstleistern (CeFi) wie Celsius, die die privaten Schlüssel der Nutzer verwahren, ein zusätzliches Risiko besteht. In der Krypto-Community gilt der Grundsatz "Not your keys, not your coins" – das bedeutet, wer die Kontrolle über seine privaten Schlüssel abgibt, gibt auch die direkte Kontrolle über seine Coins ab. Im Falle einer Insolvenz oder eines finanziellen Engpasses kann ein solcher Dienstleister entsprechend die Vermögenswerte der Nutzer nicht mehr auszahlen. Trotz dieser Risiken war Celsius bis zur aktuellen Krise für viele Anleger attraktiv, da die Plattform hohe Renditen versprach und das Handling simpel erschien. Die einfache Bedienbarkeit und die Verlockung von Zinseinnahmen auf ansonsten ruhende Coins lockten viele Kunden an.
Die Bilanz des Unternehmens schien lange Zeit beeindruckend: Von rund einer Milliarde US-Dollar an Kryptowerten im Jahr 2020 stiegen die gehaltenen Assets bis August 2021 auf über 20 Milliarden US-Dollar an. Doch hinter den Kulissen konnten auch frühere regulatorische Warnungen nicht ignoriert werden. Beispielsweise ordnete der Bundesstaat New Jersey bereits 2021 ein Aussetzen bestimmter Celsius-Darlehensprodukte an, da Bedenken hinsichtlich der Einhaltung lokaler Vorschriften bestanden. Ähnliche Maßnahmen wurden auch in anderen US-Bundesstaaten erwogen. Die genauen Details der aktuellen Krise sind nicht vollständig öffentlich bekannt, doch aus verschiedenen Berichten und Expertenmeinungen geht hervor, dass die massiven Marktturbulenzen im Frühjahr und Frühsommer 2022 den Druck auf Celsius stark erhöht haben.
Die Vermögenswerte des Unternehmens sollen von geschätzten 24 Milliarden US-Dollar im März auf nur noch etwa zwölf Millionen US-Dollar gefallen sein, so Angaben des Financial Times. Dieser dramatische Wertverlust dürfte maßgeblich zur Entscheidung beigetragen haben, die Transaktionen auszusetzen. Die Plattform selbst erklärte, mit der Aussetzung solle die Liquidität und der operative Betrieb stabilisiert werden, während man Schritte unternehme, die Vermögenswerte zu schützen und zu bewahren. Viele Nutzer äußerten online ihren Unmut und äußerten Sorge um ihre Einlagen. Einige warfen Celsius vor, das Vertrauen der Kunden missbraucht zu haben, indem eine jederzeitige Verfügbarkeit der Gelder versprochen wurde, die nun nicht eingehalten werden kann.
Andere kritisierten das Vorgehen als "Rug Pull" – also als den Versuch, Investoren zu schaden und sich selbst zu bereichern, was allerdings von Celsius bestritten wird. Aus rechtlicher Sicht befinden sich viele Nutzer nun in einer schwierigen Lage. Da in der zentralisierten Plattform die Nutzer ihre Assets nicht selbst verwalten, haben sie kaum direkte Kontrolle und sind auf das Handeln von Celsius angewiesen. Wenn das Unternehmen letztlich Insolvenz anmeldet, können die eingesetzten Kryptowährungen liquidiert werden, was zu erheblichen Verlusten führen kann. Die rechtliche Auseinandersetzung mit Regulatoren und teilweise frustrierten Kunden dürfte sich bei Celsius über Jahre hinziehen, so Experten wie Frank Corva, Senior Analyst für Krypto und Blockchain.
Für Anleger und Interessierte im Krypto-Sektor bietet der Fall Celsius wichtige Erkenntnisse. Erstens zeigt er das hohe Risiko, das mit der Verwahrung von digitalen Assets bei zentralisierten Dienstleistern verbunden ist. Auch wenn verlockende Zinsen locken, macht man sich abhängig vom Geschäftsmodell und der Finanzlage des jeweiligen Anbieters – ein Risiko, das von der volatilen Natur der Kryptowährungen noch verstärkt wird. Zweitens unterstreicht die Celsius-Krise die Bedeutung, sich intensiv mit den Grundlagen der Krypto-Welt auseinanderzusetzen, bevor man Geld investiert. Nicht zuletzt sollte jeder Investor nur Geld einsetzen, dessen Verlust er verkraften kann, und sich bewusst sein, dass die Krypto-Branche nur unzureichend reguliert ist und keinen vergleichbaren Schutz wie der traditionelle Finanzsektor bietet.
Abgesehen von den Risiken und Unsicherheiten birgt Celsius auch Chancen in sich, wenn es dem Unternehmen gelingt, die jetzige Krise zu bewältigen. Sollte Celsius die Plattform mittelfristig stabilisieren, könnten die Nutzer davon profitieren, insbesondere wenn die Kryptomärkte wieder anziehen. Dennoch ist die Skepsis nach dem Verlust des Vertrauens groß und es wird Zeit und Transparenz brauchen, um das verlorene Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Celsius Network eine innovative, aber risikobehaftete Plattform im Bereich der Krypto-Kredite und Einlagen darstellt. Die aktuelle Aussetzung von Auszahlungen ist eine dringende Maßnahme zur Liquiditätsstabilisierung, die jedoch für viele Nutzer sehr belastend ist.
Die Ereignisse rund um Celsius verdeutlichen eindrucksvoll die Risiken, die mit dezentralen und zentralisierten Finanzservices in der Kryptowelt verbunden sind, sowie die Notwendigkeit eines verbesserten regulatorischen Rahmens. Für Anleger bleibt nur der Rat, mit Vorsicht zu agieren, sich umfassend zu informieren und niemals mehr Geld in Kryptowährungen zu investieren, als man auch bereit ist zu verlieren. So kann man im volatilen Krypto-Markt zumindest das Risiko reduzieren und informierte Entscheidungen treffen.