Edelstahl ist ein allgegenwärtiges Material, das sowohl im täglichen Leben als auch in der Industrie eine große Rolle spielt. Viele Menschen nehmen Edelstahl als robustes, widerstandsfähiges und zudem unempfindliches Material wahr. Wenn es jedoch um die Frage geht, ob Edelstahl magnetisch ist oder nicht, treten oft Verwirrung und Missverständnisse auf. Manche Gegenstände aus Edelstahl ziehen Magnete an, andere nicht. Der Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Edelstahlsorten und ihrer inneren Struktur.
Insbesondere ist Edelstahl aus austenitischem Stahl oft nicht magnetisch, was viele überrascht. In diesem Text soll erklärt werden, warum Edelstahl nicht magnetisch ist und welche physikalischen und chemischen Eigenschaften hinter diesem Phänomen stecken. Edelstahl ist eine Legierung aus Eisen mit einem Mindestanteil von etwa 10,5 Prozent Chrom. Der Zusatz von Chrom verleiht dem Material seine besondere Korrosionsbeständigkeit, denn es bildet sich auf der Oberfläche eine hauchdünne Oxidschicht, die das Metall vor Rost schützt. Neben Chrom können noch weitere Elemente zugegeben werden, wie Nickel, Molybdän oder Mangan, die jeweils spezifische Eigenschaften beeinflussen.
In Bezug auf die Magnetisierbarkeit spielt vor allem der Nickelanteil eine entscheidende Rolle. Einer der Hauptgründe, warum viele Edelstahlsorten nicht magnetisch sind, liegt in ihrer Kristallstruktur. Edelstahl existiert in unterschiedlichen Kristallphasen, die auch als Stähleinteilungen in ferritisch, martensitisch und austenitisch bekannt sind. Austenitischer Edelstahl, der wegen seiner guten Korrosionsbeständigkeit und seines glänzenden Aussehens häufig verwendet wird, besitzt eine kubisch-flächenzentrierte Kristallstruktur (fcc-Struktur). Diese Struktur ist nicht ferromagnetisch, was bedeutet, dass sie keine permanenten magnetischen Eigenschaften aufweist und deshalb von Magneten nicht angezogen wird.
Im Gegensatz dazu besitzen ferritische Edelstahlsorten eine kubisch-raumzentrierte Kristallstruktur (bcc-Struktur), die ferromagnetisch ist. Ferritische Edelstähle enthalten kein oder kaum Nickel, sind also meist magnetisch. Martensitische Edelstähle, die sich durch hohe Festigkeit auszeichnen, haben ebenfalls eine bcc-Struktur und sind magnetisch. Die Magnetisierbarkeit hängt daher entscheidend von der Art des Edelstahls und seiner Mikrostruktur ab. Die nicht magnetischen Eigenschaften des austenitischen Edelstahls sind also nicht zwingend ein Nachteil, sondern bieten spezifische Vorteile.
Beispielsweise wird in medizinischen Instrumenten oder in der Lebensmittelindustrie bevorzugt austenitischer Edelstahl verwendet, da er aufgrund seiner nicht magnetischen und korrosionsbeständigen Eigenschaften hygienisch und leicht zu reinigen ist. Zudem können Geräte und Maschinen aus nicht magnetischem Edelstahl problemlos in Umgebungen mit empfindlichen elektronischen Komponenten eingesetzt werden, ohne diese durch Magnetfelder zu stören. Die Nicht-Magnetisierbarkeit austenitischer Stähle ergibt sich auch aus dem Einfluss von Legierungselementen, inbesondere Nickel. Nickel stabilisiert die austenitische Phase und verhindert die Umwandlung in ferritische oder martensitische Strukturen, die magnetisch wären. Je höher der Nickelgehalt, desto besser bleibt der Stahl nicht magnetisch.
Allerdings kann eine starke Verformung des Materials, wie beim Biegen oder Walzen, zu einer teilweisen Umwandlung der Kristallstruktur führen. Dabei entsteht martensitisches Korn, das magnetische Eigenschaften hat. Das erklärt, warum manche austenitische Edelstahlgegenstände nach mechanischer Bearbeitung leicht magnetisch werden können. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung von Edelstahl. Beim Erhitzen kann die Kristallstruktur sich verändern, sodass an hohen Temperaturen der Edelstahl magnetische Eigenschaften entwickeln oder verlieren kann.
Dieser Effekt ist besonders bei industriellen Prozessen relevant, wenn Edelstahlwerkstücke geschweißt oder thermisch behandelt werden. In der Praxis ist es daher wichtig, die genaue Edelstahlsorte zu kennen, wenn die Magnetisierbarkeit eine Rolle spielt. Für Anwendungen in Elektrotechnik oder Messtechnik kann schon eine geringe Magnetisierung problematisch sein. Andererseits nutzen bestimmte Werkstoffe genau die magnetischen Eigenschaften aus, wie zum Beispiel martensitischer Edelstahl bei Schneidwerkzeugen oder Federn. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Edelstahl nicht magnetisch ist, wenn er aus austenitischem Stahl besteht, der durch einen hohen Nickelanteil stabilisiert wird und eine kubisch-flächenzentrierte Kristallstruktur besitzt.
Diese Eigenschaften machen Edelstahl äußerst wertvoll in verschiedenen Branchen, von der Medizin über die Gastronomie bis hin zur Raumfahrt. Die Kenntnis der Materialeigenschaften hilft Nutzern und Herstellern, Edelstahl optimal einzusetzen und die Vorteile der unterschiedlichen Sorten bestmöglich zu nutzen.