Mit der Ernennung von Antonio Filosa zum neuen CEO von Stellantis im Mai 2025 stehen dem viertgrößten Automobilhersteller der Welt tiefgreifende Herausforderungen und strategische Anpassungen bevor. Der Wechsel an der Unternehmensspitze folgt auf den Abgang von Carlos Tavares im Dezember 2024, der das Unternehmen durch eine Phase schwierigster Marktbedingungen und eines komplexen globalen Umfelds steuerte. Die Aufgabe für Filosa ist nicht weniger als die Wiederbelebung stagnierender Verkaufszahlen, das Navigieren durch die Handelsbarrieren in den wichtigsten Absatzmärkten und die Positionierung des Konzerns in einem hart umkämpften Elektromobilitätsmarkt. Auf diesem Weg kollidieren wirtschaftliche Rahmenbedingungen, geopolitische Spannungen und sich wandelnde Verbrauchererwartungen, was die Bedeutung einer nachhaltigen und flexiblen Unternehmensstrategie enorm erhöht. Stellantis, das aus der Fusion des italienisch-amerikanischen Fiat Chrysler und des französischen PSA-Konzerns im Jahr 2021 hervorging, steht heute vor der Herausforderung, seine Markenfamilie von 14 unterschiedlichen Marken in einem zunehmend konsolidierten Automobilmarkt sinnvoll zu steuern.
Im Fokus stehen dabei insbesondere Premium-Marken wie Alfa Romeo, DS und Lancia, die von Analysten als besonders gefährdet gelten und möglicherweise einem strategischen Schrumpfungsprozess unterzogen werden könnten. Ein Schwerpunkt für den neuen CEO liegt darin, den Rückgang der Marktanteile in den beiden wichtigsten Regionen – den USA und Europa – zu stoppen und umzukehren. Unter der Führung von Tavares hatten steigende Preise bei den volumenstarken Marken eine Barriere für viele potenzielle Kunden dargestellt. Die Folge waren wachsende Lagerbestände und eine unter den Erwartungen bleibende Nachfrage, verstärkt durch Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Modelle und eine enttäuschende Entwicklung im Bereich Elektrofahrzeuge. Die Konkurrenz aus Asien wird dabei immer stärker und Sekundäreffekte wie die Handelskonflikte verschärfen die Lage.
Ein speziell delikates Problemfeld sind die von der US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump eingeführten Zölle, die einen erheblichen Einfluss auf die Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit von Stellantis in Nordamerika haben. Im Jahr 2024 war fast die Hälfte der in den USA verkauften Fahrzeuge des Konzerns importiert – hauptsächlich aus Kanada und Mexiko. Die daraus resultierenden Zollabgaben führen zu einer Verunsicherung hinsichtlich der Preisgestaltung und Lieferkettenstrategie. Stellantis reagierte darauf mit dem Vorschlag, den Anteil an in den USA hergestellten Fahrzeugen zu erhöhen, um die Tarife zu vermeiden oder abzuschwächen. Die Komplexität zeigt sich auch in den Produktionsstandorten: Während einige Werkstätten in Mexiko hochwertige Pickups und SUVs wie Ram und Jeep Compass fertigen, wechseln andere Werke in Kanada und den USA mit Blick auf Modelle und Kapazitäten.
Dies erfordert eine feine Abstimmung, um Zölle, Kosten und logistische Herausforderungen in Einklang zu bringen und gleichzeitig den Kundenanforderungen gerecht zu werden. Der erforderliche Wandel im Bereich Elektromobilität stellt einen weiteren gewichtigen Faktor dar, der maßgeblich den künftigen Erfolg des Unternehmens beeinflussen wird. Während Stellantis ambitionierte Ziele verfolgt, etwa bis 2030 alle in Europa verkauften Personenwagen elektrisch anzubieten und in den USA den Anteil der Elektrofahrzeuge auf die Hälfte hochzusetzen, zeigt sich die Realität komplexer. Die politische und regulatorische Landschaft ist volatil. Insbesondere die zurückhaltende Haltung in den USA bezüglich der Förderung von Elektrofahrzeugen stellt eine Hemmschwelle dar.
Die Wachstumstrends bei Elektroautos schwächten sich in diversen Märkten ab, was Stellantis dazu veranlasste, sich mehr auf Hybridmodelle zu konzentrieren. Diese sind oft ein praktikabler Kompromiss aus reduzierten Emissionen und erschwinglicheren Preisen für Kunden, die noch nicht vollständig auf reine Elektroautos umsteigen möchten. Gleichzeitig ist die Innovationsgeschwindigkeit in der Branche immens, wobei Tesla und zahlreiche chinesische Konkurrenten als Vorreiter gelten. Stellantis sieht sich dem Druck ausgesetzt, nicht nur mitzuhalten, sondern weiterhin selbst Innovationen voranzutreiben, um Marktanteile nicht an schnelllebige Wettbewerber zu verlieren. Die Herausforderungen sind dabei nicht nur technischer Natur, sondern auch wirtschaftlicher und kultureller Perspektiven geschuldet.
Hinzu kommt ein noch nicht vollständig eingespieltes Markenportfolio, das aus der Fusion hervorging und nun auf Effizienz und Marktresonanz überprüft werden muss. Die strategische Cohärenz zwischen den verschiedenen Marken verlangt nach klaren Entscheidungen und einem Fokus auf rentable Segmente. Unter Antonio Filosas Führung wird erwartet, dass der Konzern sowohl kurzfristige Maßnahmen zur Wiederbelebung der Verkaufszahlen als auch langfristige Strategien für nachhaltige Profitabilität entwickelt. Die Balance zwischen der Anpassung an geopolitische Marktfaktoren, der Umsetzung von Umweltvorgaben und der Bewältigung interner Herausforderungen ist dabei entscheidend. Zudem spielen technologische Investitionen in neue Antriebskonzepte, Digitalisierung und nachhaltige Mobilitätslösungen eine tragende Rolle bei der Neuausrichtung.
Insgesamt präsentiert sich das Bild eines globalen Automobilkonzerns in einer Phase tiefgreifender Transformation, der vor der Aufgabe steht, mit klugem Management, Innovationskraft und dynamischem Anpassungsvermögen seine Position in einem extrem wettbewerbsintensiven Marktumfeld zu behaupten und auszubauen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie erfolgreich Antonio Filosa diese komplexen Herausforderungen meistern kann und welche Entscheidungen Stellantis künftig als globalen Player stabilisieren werden.