„Withnail and I“ ist längst mehr als nur ein Film – er ist ein Kultphänomen, das Generationen von Filmliebhabern begeistert und inspiriert hat. Obwohl der Film ursprünglich 1987 veröffentlicht wurde, sind die Einflüsse und Hintergründe, die seiner Entstehung zugrunde liegen, tief in den 1960er und 1970er Jahren verwurzelt. Der Film, geschrieben und inszeniert von Bruce Robinson, beruht wesentlich auf Robinsons eigenen Erlebnissen und der Freundschaft zu einem Mann namens Vivian, dessen Persönlichkeit maßgeblich den Ton und die Atmosphäre des Films geprägt hat. Die Ausgabe von 2001, zu der Robinson ein einführendes Essay schrieb, bietet faszinierende Einblicke in diese Entstehungsgeschichte und schildert die wahren Begebenheiten, die „Withnail and I“ zu dem machten, was er heute ist. Bruce Robinson traf Vivian 1964 während ihres ersten Jahres an der Schauspielschule.
Vivian, mit einem blauen Anzug und Sonnenbrille, wurde schnell zu einem charismatischen Mittelpunkt, dessen Präsenz jedem sofort ins Auge fiel. Robinson beschreibt ihn mit bewundernden Worten: Vivian hatte keine außerordentliche Karriere als Schauspieler oder Schriftsteller vor sich, aber seine wahre Kunst war es einfach, Vivian zu sein. Sein Charisma, seine Art mit Menschen umzugehen, seine besondere Eigenart, in jeder Situation souverän und humorvoll zu bleiben, ließen ihn zu einer legendären Figur innerhalb ihres Freundeskreises werden. Interessanterweise tauchen im Film zwar keine Worte auf, die tatsächlich von Vivian stammen, doch sein „weinbefleckter Zungenschlag“ hätte es beinahe tun können. Die Freundschaft zwischen den beiden, ihre gemeinsamen Eskapaden, lange Nächte des Trinkens und Philosophierens, bilden das Rückgrat des Films.
Robinsons Tagebücher aus der Zeit zwischen den 1960er und 1970er Jahren zeigen die tiefe Verbindung zwischen ihm und Vivian, die geprägt war von unglaublichem Alkoholgenuss, bitterem Humor und melancholischen Momenten. Besonders deutlich wird hier die immense Bedeutung des Trinkens in ihrem Alltag, das Oliver ebenso sehr zu verhöhnen wie zu zelebrieren weiss. Die Hangovers, die in Robinsons Tagebüchern akribisch dokumentiert sind, haben eine ikonische Qualität und erinnern an Eskimos mit ihren vielen Begriffen für Schnee – sie sind vielfältig, quälend und doch unabdingbar für das Lebensgefühl der Charaktere. Vivian war mehr als nur ein Freund für Bruce Robinson. Er war eine Inspirationsquelle, nicht nur wegen seines unkonventionellen Lebensstils, sondern auch wegen seiner Leidenschaft für Literatur.
Zu den Büchern, die Vivian in Robinsons Leben brachte, gehören Gedichte von John Keats und Charles Baudelaire, zwei Dichter, die sowohl in der Atmosphäre als auch in der Geisteshaltung von „Withnail and I“ widerhallen. Eines der wichtigsten literarischen Werke, das im Film auftaucht, ist „À Rebours“ (dt. „Gegen den Strich“) von Joris-Karl Huysmans, ein Werk, das außergewöhnlich gut zum Geist der beiden Hauptfiguren passt, die ein Leben abseits der bürgerlichen Normen führen. Robinson schildert, dass ohne Vivian „Withnail and I“ niemals geschrieben worden wäre. Die Charaktere mit all ihrem Exzentrismus, ihrer Verzweiflung und ihrem rauen Humor basieren auf realen Menschen und Erlebnissen.
Die bitter-süßen Momentaufnahmen eines Lebens zwischen Hoffnungslosigkeit und kreativer Sehnsucht spiegeln sich in jedem Dialog und jeder Szene wider. Besonders tragisch endet die Geschichte mit Vivians Tod an Kehlkopfkrebs, einer Krankheit, die ihm die Stimme raubte – ein stiller, aber schmerzlicher Gegensatz zu dem Menschen, der einst mit solcher Lebendigkeit und Lautstärke das Leben genoss. Der Film selbst spielt in London der späten 1960er Jahre und zeigt die beiden Freunde Withnail und den namenlosen Ich-Erzähler, die zwischen Arbeitslosigkeit, exzessivem Alkohol- und Drogenkonsum ihren Alltag meistern. Die Dialoge sind voller schwarzem Humor und dabei überraschend poetisch. Dies ist sicherlich auf Robinsons literarische Einflüsse und seine enge Verbindung zu Vivian zurückzuführen, der ihm half, den Ton zwischen Tragik und Komik genau richtig zu treffen.
„Withnail and I“ avancierte schnell zu einem Kultfilm, weil er viele junge Menschen in den späten 80er und frühen 90er Jahren ansprach, die sich in den anti-heroischen Figuren und deren Lebensstil wiedererkannten. Außerdem spiegelte der Film eine Epoche wider, die von Unsicherheiten, Kreativitätsstreben und gesellschaftlicher Abweichung geprägt war. Robinsons Werk bietet keine einfache Moral oder klare Helden, sondern zeigt Menschen in ihrer verletzlichen und oft selbstzerstörerischen Existenz, mit Momenten voller Humor und Einsicht. Die von Robinson in seinem Essay von 2001 beschriebenen Geschichten und Episoden aus seinem Leben mit Vivian sind eine kostbare Quelle für alle Fans des Films und geben ein neues Verständnis dafür, wie eng Kunst und Leben verwoben sein können. Sie verdeutlichen, wie wichtig realistische und tiefgründige Charaktere für einen Film sind, der trotz seines Alters nichts von seiner Aktualität und Relevanz eingebüßt hat.
Abschließend ist festzuhalten, dass „Withnail and I“ nicht nur eine überragend komische Darstellung jugendlicher Orientierungslosigkeit und rebellischen Wahnsinns ist, sondern auch eine poetische Hommage an die Freundschaft, die tiefen Schmerzen des Verlusts und die bittersüße Schönheit des Lebens selbst. Bruce Robinsons Widmung an Vivian unterstreicht die menschliche Basis des Films und erinnert daran, wie sehr persönliche Beziehungen Kunstwerke inspirieren und lebendig machen können. Für Fans von britischem Kino, Liebhaber intensiver Charakterdramen und alle, die sich für die Geschichte hinter einem Meisterwerk interessieren, bleibt „Withnail and I“ ein Musterbeispiel dafür, wie biografische Realität und künstlerische Vision zu einem zeitlosen Klassiker verschmelzen können. Die Edition von 2001 mit Robinsons Essays bietet einen intimen Blick hinter die Kulissen und macht die Hintergründe und Emotionen hinter der Kamera greifbar – und das vielleicht zum letzten Mal, wie der Autor selbst betont. Die filmhistorische Bedeutung und der symbolträchtige Kultstatus von „Withnail and I“ haben dem Werk einen festen Platz in der britischen Filmkultur gesichert.
Die Kombination aus schwarzem Humor, tragikomischer Tiefe und der Atmosphäre einer vergangenen Zeit macht den Film auch heute noch zu einem unverzichtbaren Bestandteil cineastischer Kultur. Die Geschichte von Vivian und Bruce Robinson zeigt, wie stark das echte Leben als Inspiration für ein Meisterwerk dienen kann – und wie unvergesslich wahre Freundschaft in Kunst und Leben bleibt.