Das Colorado River Basin (CRB) erstreckt sich über sieben US-Bundesstaaten und Teile von Mexiko und ist eine der wichtigsten Wasserquellen im Südwesten Nordamerikas. Die Region ist bekannt für ihre ariden Bedingungen, doch über Jahrzehnte hinweg hat das Colorado River Basin eine zuverlässige Wasserversorgung durch den gleichnamigen Fluss und seine Zuflüsse geboten. Diese Versorgung ist jedoch zunehmend gefährdet. Wissenschaftliche Analysen zeigen einen drastischen Rückgang der Süßwasserverfügbarkeit, der vor allem das Grundwasser gefährdet – eine lebenswichtige Ressource für Städte, Landwirtschaft und Natur. Die Hauptursache dieses Rückgangs liegt in der komplexen Wechselwirkung zwischen natürlichen Phänomenen, wie dem Klimawandel, und menschlichen Eingriffen, die den Wasserhaushalt des Beckens empfindlich stören.
Über die letzten zwei Jahrzehnte haben Forscher mit Hilfe der NASA-Satellitenmissionen GRACE und GRACE Follow-On (GRACE-FO) den Wasserhaushalt in der Region genau beobachtet. Diese Missionen messen Veränderungen in der terrestrischen Wasserlagerung, also in Schnee, Bodenfeuchte, Oberflächenwasser und eben auch im Grundwasser. Die Beobachtungen enthüllen alarmierende Zahlen: Zwischen 2003 und 2024 verlor das Colorado River Basin insgesamt mehr als 52 Kubikkilometer Wasser. Davon entfallen etwa 65 Prozent auf die Verringerung des Grundwassers, insbesondere im Unteren Colorado River Basin (Lower Colorado River Basin, LCRB), wo der Großteil der Wasserreserven nachhaltig abnimmt. Diese Grundwasserverluste sind nicht nur ein regionales Problem, sondern werfen beträchtliche Fragen zur langfristigen Wassersicherheit für Millionen Menschen auf.
Die Temperatur im Einzugsgebiet ist in den letzten hundert Jahren um etwa 0,8 Grad Celsius gestiegen, was zu veränderten Niederschlagsmustern und verstärkter Trockenheit führt. Diese Veränderungen treffen insbesondere das zentrale Wasserangebot: Die Schneemengen und das Schmelzwasser in den Rocky Mountains nehmen ab, wodurch der Fluss weniger gespeist wird. Der Colorado River führt inzwischen rund 20 Prozent weniger Wasser als noch vor einem Jahrhundert; Prognosen zufolge könnte dieser Rückgang bis zur Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 30 Prozent steigen. Dabei ist der Staat Arizona besonders betroffen, da er unter den bestehenden Wasserverträgen die größten Verpflichtungen bei Wasserrückgängen trägt. In extremen Fällen könnte Arizona bis zu 512 Millionen Kubikmeter Wasserverlust jährlich in Kauf nehmen müssen.
Die Landwirtschaft spielt im Colorado River Basin eine gewaltige Rolle und ist ein Hauptverbraucher der Wasserressourcen. Rund 80 Prozent des verfügbaren Wassers geht in die Bewässerung, wobei insbesondere wasserintensive Kulturen wie Alfalfa und Nussbäume den Verbrauch in die Höhe treiben. Diese Agrarwirtschaft unterstützt zwar einen Milliarden-Dollar-Sektor, erhöht jedoch durch übermäßige Wasserentnahmen aus dem Grundwasser das Risiko für eine langfristige Wasserknappheit. Mit sinkender Verlässlichkeit der Oberflächenwasservorräte wächst die Abhängigkeit vom Grundwasser stetig. Vor allem im LCRB macht das Grundwasser bereits heute etwa 40 Prozent der gesamten Wasserversorgung aus, mit einer deutlichen Tendenz zur Steigerung.
Das Problem dabei: Der Großteil des Grundwassers wird über lange Zeiträume hinweg entnommen, ohne dass eine ausreichende natürliche oder künstliche Wiederauffüllung stattfindet. Viele Regionen, insbesondere die sogenannten Active Management Areas (AMAs) in Arizona, sind zwar formal durch Wassermanagementpläne reguliert, diese greifen jedoch oft nicht effektiv oder sind nur auf bestimmte Gebiete beschränkt. In anderen Bereichen der Region fehlt es gänzlich an Schutzmechanismen. Die Folgen sind sicht- und messbar. Wasserstände in Brunnen fallen kontinuierlich, manche Gebiete verzeichnen stark sinkende Grundwasserspiegel.
Satellitendaten korrelieren eng mit Messungen lokaler Beobachtungsbrunnen und bestätigen so die wissenschaftliche Validität der Daten. Hinzu kommen Verluste an Oberflächenwasserspeichern, wie in den riesigen Stauseen Lake Powell und Lake Mead, die ebenfalls unter kritischen Wasserständen leiden. Wissenschaftler empfehlen dringend, die jährliche Grundwasserentnahme zumindest soweit zu begrenzen, wie der natürliche jährliche Verlustprozess gegensteuert werden kann. Die GRACE-Daten zeigen für das LCRB eine aktuelle jährliche Grundwasserentnahme von etwa 1,15 Kubikkilometern. Um langfristig die Wasserversorgung zu sichern, müsste diese Menge deutlich reduziert werden.
Für das obere Becken liegt die empfohlene Deckelung bei circa 0,35 Kubikkilometern jährlich. Eine weitere Herausforderung ist die Fragmentierung und in vielen Fällen das Fehlen eines umfassenden Grundwassermanagements entlang des gesamten Colorado River Basin. Während einige Gebiete wie Arizonas AMAs fortschrittliche Regulierungsmaßnahmen umgesetzt haben, werden andere fast gar nicht verwaltet. Nur etwa 18 Prozent des Gebietes unterliegt einer solchen aktiven Regulierung. Um der Wasserknappheit wirksam zu begegnen, ist es daher anzuraten, die Wassernutzung intensiver zu überwachen und konzertierte überstaatliche Managementstrategien einzuführen, die sowohl Grund- als auch Oberflächenwasser gemeinsam betrachten.
Derzeit finden Wasserverhandlungen meist noch getrennt zwischen den sieben Bundesstaaten statt, wodurch ein umfassendes, nachhaltiges Wasserregime erschwert wird. Agrarwirtschaftliche Praktiken bieten zugleich Potenzial für Einsparungen. Der Verzicht auf besonders wasserintensive Kulturen, wie es bei einigen Futtermittelpflanzen und Baumkulturen der Fall ist, sowie die Umstellung auf effizientere Bewässerungstechniken könnten den Wasserverbrauch nachhaltig senken. Zudem fordern Experten die verstärkte Förderung von Wassermanagementtechnologien sowie Investitionen in die Wiederauffüllung der Grundwasserspeicher – etwa durch kontrollierte Infiltration oder Auffangbecken, um die natürliche Regeneration zu unterstützen. Der Klimawandel wird die Wasserknappheit in der Region noch verschärfen.
Prognosen gehen von häufigeren und längeren Dürreperioden aus. Ebenso steigt der Bedarf an Wasser nicht nur durch die wachsende Bevölkerung, sondern auch durch neue, wasserintensive Industrien wie Rechenzentren und die Halbleiterfertigung. Diese Entwicklungen stellen zusätzlichen Druck auf eine ohnehin prekäre Ressourcensituation dar. In jüngster Zeit wurden Schritte unternommen, um das Grundwassermanagement zu stärken. So entsteht in Arizona ein weiteres Active Management Area im Süden des Bundesstaates, das besonders wasserintensive landwirtschaftliche Tätigkeiten erfasst.
Auf bundesstaatlicher Ebene hat der Wissenschaftsrat der US-Regierung Empfehlungen herausgegeben, wie die nationalen Grundwasservorräte besser gesichert werden können, unter anderem durch Nutzung von Satellitendaten wie GRACE/FO als Richtwerte für Pumpbegrenzungen. Eine zukunftsfähige Wasserstrategie im Colorado River Basin wird nur gelingen, wenn Grundwasser als integraler Bestandteil des Wasserkreislaufs anerkannt und in die Wasserpolitik und Verhandlungen einbezogen wird. Eine koordinierte Verwaltung über Bundesstaaten hinweg sowie eine ausgewogene Berücksichtigung von Nutzung und Schutz von Oberflächen- und Grundwasser sind essentiell. Nicht zuletzt ist es von großer Bedeutung, die Risiken, die mit der schwindenden Wasserverfügbarkeit einhergehen, angesichts der Abhängigkeit von Wasser für Ernährungssicherheit, Gesundheit, Ökosysteme und Wirtschaft umfassend zu verstehen und aktiv zu adressieren. Die fortschreitende Verschlechterung erfordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Bevölkerung, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um die Wasserressourcen im Colorado River Basin vor dem völligen Kollaps zu bewahren. Mit den beeindruckenden Technologien zur Überwachung von Wasserständen und einem wachsenden Bewusstsein für die Dringlichkeit kann der Weg zu einer nachhaltigen Wassernutzung und einer Stabilisierung der Grundwasserspeicher eingeschlagen werden – zum Wohl der heutigen und zukünftigen Generationen in dieser wasserarmen, aber lebenswichtigen Region.