Die Rolle der Bank of England (BoE) als Hüterin der britischen Geldpolitik ist in den letzten Jahren immer komplexer und herausfordernder geworden. Die Zinssatzentscheidungen der neunköpfigen Monetary Policy Committee (MPC) unter der Führung von Andrew Bailey haben direkten Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung Großbritanniens. Angesichts einer sich verändernden globalen Lage und zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheiten ist es nun an der Zeit, dass die Bank schneller und entschlossener handelt, statt wie bisher in gemächlichem Tempo zu agieren. Das Umfeld, in dem die BoE aktuell agiert, kann kaum als normal bezeichnet werden. Die vergangenen fünf Jahre haben wirtschaftspolitisch mehrere Ausnahmesituationen hervorgebracht, die keine institutionellen Vorbilder bieten.
Die Corona-Pandemie löste eine historische globale Rezession aus, die nicht nur durch gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Herausforderungen geprägt war. Darauf folgte der durch den Krieg in Europa verursachte wirtschaftliche Schock, welcher die Lieferketten, Energiepreise und politische Stabilität nachhaltig beeinflusste. Schließlich hat die globale Handelspolitik, insbesondere der Zollkrieg zwischen den USA und China mit stark erhöhten Tarifzöllen, zu einem beispiellosen Handelshemmnis geführt, das die Welthandelsströme und das Wirtschaftswachstum negativ belastet. Diese zusätzlich schwierigen externen Bedingungen erschweren es der BoE, genaue Prognosen zu erstellen und die Folgen ihrer Monetärpolitik abzuschätzen. Standardmodelle, die bisher zur Entscheidungsfindung genutzt wurden, stoßen an ihre Grenzen, da sie die stark politisiert und volatil geprägte Handelspolitik der Vereinigten Staaten nicht vollständig einbeziehen können.
Die Unsicherheit über den globalen Wirtschaftsverlauf zwingt die Politik der BoE, vermehrt auf Urteilsvermögen statt rein quantitativen Daten zu setzen, um das allgemeine Wohl zu fördern – ein Kernelement im Auftrag der Bank, der bis auf die Gründungscharta von 1694 zurückgeht. Die Zinssituation im Vereinigten Königreich spiegelt die komplexen Herausforderungen wider. Die Bank hat Ende April 2025 bereits mehrere Zinssenkungen durchgeführt, doch der Leitzins liegt mit 4,25 Prozent immer noch deutlich über dem historischen Durchschnitt von 2,8 Prozent seit 1997, dem Jahr, in dem die Bank operativ unabhängig wurde. Diese moderate Senkung, um vierteljährlich um jeweils 0,25 Prozentpunkte zu reduzieren, folgt einem eher vorsichtigen Muster. Die Marktteilnehmer warten nun mit Spannung auf die nächste Entscheidung der MPC, die voraussichtlich eine weitere Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte einleiten wird.
Die entscheidende Frage ist jedoch, ob die Bank den Mut aufbringt, künftig schnellere und vielleicht größere Zinssenkungen anzukündigen, um vor einer möglichen wirtschaftlichen Abschwächung vorzubeugen. Zu Beginn des Jahres bestand noch die Einschätzung, dass eine zurückhaltende Geldpolitik sinnvoll sei. Die Konjunktur hatte Anzeichen von Stabilisierung gezeigt und Inflationsdruck war aufgrund vorangegangener Schocks immer noch ein Thema. Insbesondere erwartete man, dass die Inflation aufgrund von temporären energetischen Preiserhöhungen kurzfristig über die Zielmarke von zwei Prozent steigen könnte. Zudem deuten schwaches Produktivitätswachstum und höher als erwartete Lohnzuwächse auf anhaltende Inflationserwartungen hin, sodass die geldpolitische Bremse weiterhin als notwendig galt.
Mittlerweile ändern sich diese Rahmenbedingungen jedoch grundlegend. Die weltwirtschaftlichen Risiken verschärfen sich weiter, und das britische Wirtschaftswachstum droht zu stagnieren oder schlechter auszufallen als prognostiziert. Die US-Wirtschaft zeigt trotz verbesserter Arbeitsmarktdaten wachsende Anzeichen einer Rezession, was den globalen Handel und Investitionen dämpft. Zudem wiegen die Auswirkungen der hohen Zollbelastungen zwischen den USA und China schwer auf die internationale Handelsdynamik. Vor diesem Hintergrund ist eine schnelle und flexible geldpolitische Reaktion unerlässlich, um die Risiken einer Konjunkturflaute frühzeitig zu bekämpfen.
Die Bank of England muss sich also von ihrer zuletzt eher behutsamen und langsamen Strategie verabschieden. Schnelle Zinssenkungen können dazu beitragen, Unternehmen und Verbraucher zu entlasten, Investitionen anzuregen und das Wachstum zu fördern. Wichtig ist dabei, dass die MPC ihre zukünftige Vorgehensweise klar kommuniziert, um Unsicherheit im Markt zu reduzieren. Die Aussicht auf beschleunigte Zinssenkungen könnte das Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität stärken und hilft gleichzeitig, das Inflationsziel aus den Augen zu behalten. Neben der Zinspolitik wird auch erwartet, dass die Bank andere Instrumente der Geldpolitik flexibler nutzt.
Die unkonventionellen Maßnahmen, einschließlich der Anpassung der quantitativen Lockerung, könnten eine ergänzende Rolle spielen, besonders wenn das Zinsniveau nicht schnell genug oder nicht ausreichend gesenkt werden kann. Solche Maßnahmen helfen, Liquidität bereitzustellen und verhindern Marktverwerfungen, die das Wachstum zusätzlich gefährden könnten. Es ist essenziell, die Entscheidungen der Bank auch stets im Zusammenhang mit den sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu sehen. Zinssenkungen senken zwar die Kosten für Kredite, fördern aber gleichzeitig auch Risikobereitschaft und können Blasen an Finanzmärkten begünstigen. Die MPC muss daher weiterhin wachsam bleiben und die Inflationstrends genau beobachten.
Zudem ist es notwendig, dass die Geldpolitik von weiteren wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung begleitet wird, um strukturelle Probleme wie Produktivitätsschwäche, niedrige Investitionen und soziale Ungleichheit anzugehen. Die Herausforderungen in der globalen Wirtschaft und den Handelsbeziehungen werden vorerst anhalten, da politische und geopolitische Unsicherheiten nur schwer zu entschärfen sind. Die Bank of England hat mit ihrem aktuellen Zinspfad bereits eine vorsichtige Entspannung der geldpolitischen Zügel begonnen, doch angesichts der sich zuspitzenden Risiken ist es an der Zeit, das Tempo zu erhöhen. Nur durch entschlosseneres Handeln kann die Bank ihrem Mandat gerecht werden, die Stabilität von Preisen und Wirtschaftswachstum zu sichern und die öffentliche Wohlfahrt zu fördern. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Verlangsamung der Zinssenkungen zwar bislang der Strategie der BoE entsprach, doch diese Herangehensweise wird der dynamischen und unsicheren wirtschaftlichen Lage nicht mehr gerecht.
Die Bank steht an einem Scheideweg, an dem sie entschieden und rasch reagieren muss. Die Marktbeobachter erwarten daher von Andrew Bailey und seiner Monetary Policy Committee, dass sie den Fuß vom Bremspedal nehmen und das Tempo der Zinssenkungen beschleunigen. Nur so kann die britische Wirtschaft wirksam gegen drohende Rezessionen gewappnet und nachhaltig gestärkt werden.