Alphabet Inc., der Mutterkonzern von Google, steht vor einer entscheidenden Bewährungsprobe. Das US-Justizministerium (Department of Justice, DOJ) hat angekündigt, in zwei aufsehenerregenden Kartellrechtsverfahren gegen Google vorzugehen. Das Ziel: Die marktbeherrschende Stellung des Tech-Giganten im Suchmaschinen- und Werbemarkt einzuschränken und potenziell bedeutende Geschäftseinheiten zu zerschlagen. Die Entwicklungen werfen zahlreiche Fragen zur Zukunft von Alphabet auf und stellen eine ernsthafte Herausforderung für Investoren und die gesamte Technologiebranche dar.
Google dominierte über viele Jahre hinweg den globalen Suchmaschinenmarkt und hält in den USA eine nahezu monopolartige Stellung. Der DOJ wirft dem Unternehmen illegale Monopolisierung vor, die durch diverse wettbewerbswidrige Praktiken, vor allem im Bereich der Vereinbarungen mit Smartphone-Herstellern, aufrechterhalten werde. Google soll Milliardenbeträge an Hersteller wie Apple gezahlt haben, um als voreingestellte Standard-Suchmaschine auf Milliarden von Geräten zu agieren. Die Folgen für Wettbewerber sind gravierend, denn ohne diese privilegierte Position verlieren alternative Suchmaschinen maßgeblich an Sichtbarkeit und Reichweite. Die kartellrechtlichen Vorwürfe haben eine lange Geschichte.
Bereits im Jahr 2020 reichte das DOJ eine der beiden Klagen ein, die sich gegen Googles Monopolstellung im Suchmaschinenmarkt richtet. Die zweite Klage fokussiert sich auf die dominierende Rolle im Werbekunden- und Adtech-Bereich, wo Google einen großen Einfluss auf Preisgestaltung und Kampagnenmanagement besitzt. Die Kombination der beiden Verfahren unterstreicht die Zielsetzung der Behörden, Googles umfassende Marktbeherrschung aufzubrechen und damit den Wettbewerb zu stärken. Aktuell befindet sich das Verfahren in der so genannten „Remedies Phase“, in der das Gericht und die Behörden nach möglichen Lösungen suchen, die den Wettbewerb wiederherstellen könnten. Im Raum stehen radikale Maßnahmen wie die Abspaltung des Chrome Browsers, die Abtrennung von Android als Betriebssystem oder strikte Verbote gegen Exklusivvereinbarungen mit Herstellern.
Selbst die Verpflichtung zur umfassenden Datenfreigabe auf API-Level mit Wettbewerbern könnte durchgesetzt werden. Dies würde Konkurrenten im Suchmaschinenmarkt ermöglichen, von Googles umfangreichen Daten zu profitieren und bessere Suchergebnisalgorithmen zu entwickeln. Diese Eingriffe könnten Alphabet fundamental verändern. Die bisherige Monopolstellung sichert dem Unternehmen enorme Einnahmen, vor allem im Werbegeschäft, das einen Großteil des Gesamtumsatzes stellt. Jegliche Beschränkung oder Aufteilung wirkt sich unmittelbar auf Alphabets finanzielle Leistungsfähigkeit und Wachstumsprognosen aus.
Angesichts dessen reagieren Investoren bislang vorsichtig. Viele Analysten bewerten die Aktie aktuell neutral bis mit einem gewissen negativen Bias, da die Unsicherheiten hinsichtlich des Endergebnisses und der Auswirkungen noch zu groß sind. Darüber hinaus setzt Google auch künstliche Intelligenz (KI) ein, um seine Suchergebnisse weiter zu optimieren und seine Marktstellung zu festigen. Gerade die Förderung von sogenannten „Zero-Click Searches“, bei denen die Nutzer ohne einen weiteren Klick auf die Suchergebnisseingabe mit Antworten versorgt werden, könnte als weiteres Mittel der Marktdominanz angesehen werden. Mit seiner KI-Plattform Gemini verfolgt Google das Ziel, die Nutzererfahrung noch stärker zu kontrollieren und so den Wettbewerb zu erschweren.
Die DOJ sieht in solchen Innovationen eine Erweiterung wettbewerbswidriger Praktiken. Die angekündigten Maßnahmen und Verfahren haben auch Auswirkungen auf den gesamten Technologiesektor. Alphabet repräsentiert eines der wertvollsten Unternehmen weltweit und ist mit seiner Marktkapitalisierung und Innovationskraft eine treibende Kraft in der Branche. Ein signifikantes regulatorisches Eingreifen könnte einen Präzedenzfall schaffen und andere große Technologieunternehmen ebenfalls stärker ins Visier nehmen. Zudem könnten Investoren verstärkt vorsichtig werden und eine Neubewertung von Tech-Aktien vornehmen, was zu kurzfristiger Volatilität und Unsicherheit führen kann.
Für Anleger ist es daher wichtig, die Entwicklungen genau zu beobachten und ihre Portfolioentscheidungen entsprechend anzupassen. Die potenziellen Veränderungen bei Alphabet könnten die Wachstumsaussichten beeinträchtigen, gleichzeitig bietet ein regulatorisch eingeschränkter Markt auch Chancen für Konkurrenten, die heute noch nicht die gleiche Reichweite besitzen. Eine langfristige Perspektive, die das regulatorische Umfeld, Innovationskraft und Marktstruktur berücksichtigt, bleibt für Investoren unverzichtbar. Nicht zuletzt steht die Frage im Raum, wie der Rechtsstreit auf globaler Ebene wahrgenommen wird. Die USA gehen in diesem Fall einen besonders entschlossenen Weg gegen Technologieriesen vor, während andere Länder und Regionen teils ähnlich gelagerte Verfahren bereits eingeleitet oder angekündigt haben.