NatWest, eine der führenden Banken Großbritanniens, hat im ersten Quartal 2025 einen bemerkenswerten Gewinnanstieg von 36 % verzeichnet. Die Operative Gewinnspanne vor Steuern erreichte dabei 1,8 Milliarden Pfund im Vergleich zu 1,3 Milliarden Pfund im selben Zeitraum des Vorjahres und übertraf die Prognosen von Analysten um 200 Millionen Pfund. Diese positive Entwicklung wird von Fachleuten als wegweisend für die Zukunft des Finanzinstituts betrachtet, nicht zuletzt weil zeitgleich die britische Regierung ihren Anteil am Unternehmen auf unter 2 % reduziert hat. Damit steht die vollständige Rückkehr in den privaten Besitz nach 17 Jahren vor der Tür. Die Geschichte von NatWest ist eng mit den Ereignissen der Finanzkrise von 2008 verbunden.
Damals wurde die Bank, damals noch unter dem Namen Royal Bank of Scotland bekannt, durch eine massive Rettungsaktion der Regierung stabilisiert, die beinahe 46 Milliarden Pfund verschlang. Infolgedessen übernahm der Staat etwa 84 % der Anteile und nationalisierte das Unternehmen. Nach Jahren des Umbaus, der Restrukturierung und teilweiser Verkäufe dieser Anteile hat sich die Bank Schritt für Schritt von dieser schweren Krise erholt. Im Verlauf des Jahres 2024 reduzierte die Regierung ihren Anteil bereits signifikant von 38 % auf knapp unter 10 %, unter anderem durch direkte Rückkäufe seitens der Bank selbst und durch schnelle Aktienverkäufe. Diese Entwicklung wurde nun mit einem weiteren Schritt fortgesetzt, der die staatliche Beteiligung auf nur noch 1,98 % senkt.
Für viele Investoren und Marktexperten symbolisiert dies das Ende einer Ära und den Beginn einer neuen Phase für NatWest, die durch privatwirtschaftliche Steuerung und erhöhten Wettbewerbsdruck gekennzeichnet sein dürfte. Die jüngsten finanziellen Ergebnisse spiegeln eine dynamische Geschäftsentwicklung wider, die von mehreren Faktoren getragen wird. Besonders die erhöhten Einlagen im Geschäfts- und Privatkundenbereich wirken sich positiv auf die Ertragslage aus. Gleichzeitig sorgte der Anstieg der Hypothekenvergaben dafür, dass das Geschäftsvolumen spürbar wuchs. Insbesondere in England und Nordirland haben viele Hauskäufer ihre Erwerbe vor der Erhöhung der Grunderwerbsteuer zum Ende März abgeschlossen, was die Nachfrage nach Krediten beflügelte.
Paul Thwaite, der Vorstandsvorsitzende von NatWest, zeigte sich im Anschluss an die Bekanntgabe der Zahlen optimistisch und erklärte, dass sein Haus daran arbeitet, die obere Grenze der eigenen Prognosen hinsichtlich Einkommen und Renditen für Aktionäre in diesem Jahr zu erreichen. Ein entscheidender Faktor für das starke Ergebnis ist zudem die Risikosteuerung, die dem Unternehmen laut Thwaite die notwendige Stabilität verleiht, um selbst in Zeiten globaler und nationaler Unsicherheiten gut aufgestellt zu sein. Obwohl das wirtschaftspolitische Umfeld von Herausforderungen wie dem Handelskrieg und den damit verbundenen Zollerhöhungen geprägt ist, haben sich die Auswirkungen auf die Kundennachfrage bislang in Grenzen gehalten. Laut dem CEO sind insbesondere große Unternehmen zwar vorsichtig und teilweise im „Abwarten-Modus“, jedoch sind nur wenige Geschäftsfelder direkt durch tarifäre Maßnahmen betroffen. Rund 70 % der Unternehmensfinanzierungen entfallen auf den Dienstleistungssektor, der vergleichsweise wenig belastet ist.
Die Marktreaktionen auf die Nachrichten waren ebenfalls positiv. Die NatWest-Aktie notierte zuletzt bei etwa 482 Pence, was einem Anstieg von 59 % im vergangenen Jahr entspricht. Dennoch steht die Bank weiterhin vor Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Wahrnehmung der staatlichen Rettungskosten. Während die Regierung fast 46 Milliarden Pfund investierte, rechnet man damit, dass lediglich knapp 25 Milliarden Pfund durch den Aktienverkauf wiedererlangt werden können. Die Differenz bedeutet einen erheblichen Verlust für die Steuerzahler, der im öffentlichen Diskurs immer wieder kritisiert wird.
Trotz dieser Zahlen blieb der Vorsitzende Rick Haythornthwaite optimistisch und betonte, dass man die Lehren aus der Vergangenheit gezogen habe und künftig einen vorsichtigen und verantwortungsvollen Umgang mit Risiken pflege. Ein weiterer kontroverser Punkt der jüngsten Entwicklungen war die deutlich erhöhte Vergütung für den Vorstandsvorsitzenden. Die maximale Bezahlung von Paul Thwaite wurde um 43 % angehoben und liegt nun bei bis zu 7,7 Millionen Pfund für ein einzelnes Jahr. Diese Entscheidung sorgte für Diskussionen, da sie vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses und der früheren finanziellen Schwierigkeiten der Bank wahrgenommen wird. Im Gesamtbild deutet vieles darauf hin, dass NatWest derzeit auf einem positiven Wachstumspfad ist, der von anziehender Kreditnachfrage, soliden Erträgen und einer erfolgreichen Kapitalstruktur geprägt ist.
Die vollständige Privatisierung wird die operative Flexibilität der Bank erhöhen und ihr ermöglichen, agiler auf Marktveränderungen zu reagieren. Für die Anleger bedeutet dies möglicherweise vermehrt Chancen, von der weiteren Erholung und den Wachstumspotenzialen zu profitieren. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie sich das Unternehmen in einem von Unsicherheiten geprägten wirtschaftlichen Umfeld behaupten wird. Die Kombination aus makroökonomischen Herausforderungen, geopolitischen Spannungen und einem volatilen Finanzmarkt wird NatWest vor anspruchsvolle Aufgaben stellen. Insgesamt zeigt die aktuelle Gewinnentwicklung jedoch, dass die Bank auf einem stabilen Fundament steht und gewappnet ist für die kommenden Veränderungen.
Die Rückkehr der NatWest in die vollständige Privatwirtschaft markiert dabei einen Meilenstein in der britischen Bankenlandschaft und ist ein Symbol für die Überwindung der schweren Finanzkrise sowie für die Erneuerung und Zukunftsfähigkeit eines traditionsreichen Finanzinstituts.