Im Juni 2023 gelang es den US-Behörden, Kryptowährungen im Wert von rund 500.000 US-Dollar von einem Konto zu beschlagnahmen, das auf den Namen des chinesischen Geschäftsmanns Wang Yicheng registriert ist. Die Beschlagnahmung ist Teil einer umfassenderen Ermittlung zu einem ausgeklügelten Betrugsnetzwerk, das unter der Bezeichnung ‚Pig Butchering‘ bekannt ist – einem Crypto-Investment-Betrug, der sich vornehmlich in Südostasien entwickelt und Opfer aus aller Welt anlockt. Diese Kriminalitätsform nutzt das Vertrauen der Opfer aus, die überwiegend online angesprochen und zu Investitionen in nicht existente oder betrügerische Kryptofonds animiert werden. Der Fall verdeutlicht nicht nur die globalen Dimensionen von Online-Betrug, sondern auch die enge Verknüpfung zwischen Kriminalität und scheinbar legalen Geschäftsstrukturen in Asien.
Wang Yicheng, der als Vizepräsident einer chinesischen Handelsvereinigung mit Sitz in Bangkok agiert, steht im Zentrum einer umfangreichen Untersuchung. Laut Akten, die vor einem US-Gericht in Massachusetts eingereicht wurden, konnte Geld, das ursprünglich von einem Opfer in Massachusetts erbeutet wurde, bis auf einen von Wang kontrollierten Kryptowährungsaccount zurückverfolgt werden. Interessanterweise erhielt dieser Account in den letzten Jahren Transaktionen von über 90 Millionen US-Dollar, von denen mindestens 9,1 Millionen aus Wallets stammen, die Finanzanalysefirmen mit ‚Pig Butchering‘-Betrug in Verbindung bringen. Die Bezeichnung ‚Pig Butchering‘ für diese Betrugsform stammt aus China und beschreibt metaphorisch den Prozess des Anfütterns eines Opfers über einen längeren Zeitraum hinweg, bis das Opfer eine beträchtliche Summe investiert. Dabei bauen die Betrüger eine scheinbar vertrauensvolle Beziehung über soziale Medien und Dating-Plattformen oder andere Online-Kanäle auf.
Dieser Prozess ist darauf ausgelegt, das Opfer emotional zu binden und gleichzeitig das Vertrauen in die vermeintlich lukrative Kryptoinvestition zu stärken. Das Ziel ist, das Opfer zu „mästen“ – also zu veranlassen, immer größere Summen zu investieren – bevor es schließlich „geschlachtet“ wird, indem das Geld entwendet wird. Die Methoden dieser Betrüger sind hochentwickelt. Sie nutzen falsche Identitäten, gefälschte Erfolgsgeschichten und manipulative psychologische Taktiken, um ihre Opfer zu täuschen. In vielen Fällen beschäftigen sie Teams von Komplizen, die das Betrugsszenario professionell stützen.
Dabei wird über soziale Netzwerke, Messaging-Apps und spezialisierte Plattformen mit falschen Investmentangeboten geworben. Erfahrene Kriminelle hinter diesen Netzwerken haben zudem oft Verbindungen zu legitimen Geschäfts- und politischen Kreisen, was die Nachverfolgung von Geldern und die Strafverfolgung erschwert. Im Fall von Wang Yicheng wurde durch investigative Recherchen und Blockchain-Analysen eine direkte Verbindung zwischen dem beschlagnahmten Kryptowährungsvermögen und den Betrügern hergestellt. Blockchain-Technologie, die oft als Werkzeug krimineller Aktivitäten genannt wird, dient hier auch als Instrument für die Verfolgung illegaler Transaktionen, da Kryptowährungen einer transparenten und unveränderlichen Transaktionshistorie unterliegen. Die US-Secret Service-Agenten nutzten diese Analyse, um das geraubte Geld aufzuspüren und schließlich sicherzustellen.
Die Auswirkungen solcher Betrugsskandale sind immens. Zahlreiche Opfer weltweit verlieren erhebliches Vermögen, oft sind sie finanziell und emotional stark belastet. Da Kryptowährungen dezentral organisiert und grenzüberschreitend genutzt werden, gestaltet sich die Verfolgung der Täter besonders schwierig. Die internationale Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden gewinnt deshalb an Bedeutung, um solche Netzwerke zu zerschlagen und Entschädigungen für die Opfer zu ermöglichen. Darüber hinaus wirft der Fall Wang ein Schlaglicht auf das Zusammenspiel von Kriminalität, Wirtschaft und Politik in bestimmten Regionen Asiens.
Wang nutzte nicht nur ein Handelsnetzwerk, sondern knüpfte auch Kontakte zu lokalen Behörden und politischen Eliten in Thailand. Dies unterstreicht die Herausforderung, illegale Aktivitäten aufzudecken, wenn sie in bestehende Strukturen eingebettet sind, die auf den ersten Blick legitim erscheinen. Experten warnen vor einer Zunahme der ‚Pig Butchering‘-Betrügereien, da die fortschreitende Digitalisierung und die steigende Popularität von Kryptowährungen ideale Bedingungen für solche Betrugsmaschen schaffen. Prävention durch Aufklärung potenzieller Opfer, verstärkte regulatorische Maßnahmen und technologische Kontrollinstrumente sind daher essenziell. Investoren sollten insbesondere bei unrealistisch hohen Renditeversprechen misstrauisch sein und die Seriosität von Krypto-Investments umfassend prüfen.