Mais ist eine der wichtigsten Nutzpflanzen weltweit und spielt eine entscheidende Rolle in der Ernährung, der Industrie und sogar der Energieproduktion. Trotz seiner Bedeutung ist die gentechnische Bearbeitung von Mais bisher mit großen Herausforderungen verbunden gewesen, die vor allem auf den hohen Bedarf an spezialisierten Einrichtungen und schwierigen Transformationstechniken zurückzuführen sind. Wissenschaftler am Boyce Thompson Institute (BTI), der Iowa State University (ISU) und Corteva Agriscience haben nun eine Methode entwickelt, die den Zugang zur Mais-Bioengineering erheblich erleichtert und das Potenzial eröffnet, die Pflanzenzüchtung auf ein neues Level zu heben. Die traditionelle Methode zur gentechnischen Veränderung von Mais basiert auf der Transformation von sehr kleinen und unreifen Embryonen, die aus Maiskörnern geerntet werden. Dieser Prozess erfordert nicht nur hochqualitative Embryonen, sondern auch entsprechende Wachstumsbedingungen, die oft nur in kommerziellen Forschungseinrichtungen mit modernster Infrastruktur zur Verfügung stehen.
Der Aufwand und die Abhängigkeit von spezialisierten Bedingungen haben dazu geführt, dass viele akademische Labore von dieser Art der Forschung ausgeschlossen waren. Ein weiterer Faktor, der das Bioengineering von Mais erschwert, ist die Genotypabhängigkeit. Nicht alle Maislinien lassen sich gleich gut transformieren. Der häufig verwendete Genotyp B73 gilt als schwierig bei der Transformation, was den Forschungseinsatz beschränkt, denn er ist ein Standard in vielen Experimenten zur Genfunktion. Diese Kombination aus infrastrukturellen und genetischen Hürden hat einen biologischen Engpass in der Maisforschung verursacht, der innovative Ansätze verhindert und damit auch das Potenzial neuer Züchtungen bremst.
Die neu entwickelte Methode setzt hier an einem anderen Ansatzpunkt an: Statt auf Embryonen ausgereifter Pflanzen zurückzugreifen, erfolgt die Transformation direkt an den Blattrosetten von jungen Maispflanzen, sogenannten Blatt-Wirbeln. Diese jungen Blätter bilden sich in einem kompakten Bündel bei Maissaatgutkeimlingen und sind bereits nach etwa zwei Wochen verfügbar. Damit wird der Bedarf an umfangreichen Gewächshausanlagen drastisch reduziert, da die Pflanzen nicht mehr bis zur Reife wachsen müssen. Durch den Einsatz dieser jungen Blatttissuschicht können Forscher die gentechnische Veränderung effizienter und kostengünstiger durchführen. Diese Methode wurde ursprünglich von Corteva Agriscience mit einem firmeneigenen Hilfsplasmid entwickelt, das zur Übertragung des genetischen Materials in den Maisgenom dient.
Das jüngste Forschungsprojekt untersuchte die Wirksamkeit eines öffentlich zugänglichen Hilfsplasmids, entwickelt unter der Leitung von Dr. Kan Wang an der ISU, als Alternative zu der proprietären Lösung. Die Ergebnisse waren vielversprechend und zeigten hohe Erfolgsquoten bei der Transformation sowohl des PHR03-Genotyps als auch des schwer zu transformierenden B73. Dieser Fortschritt bedeutet, dass nun auch Labore ohne große finanzielle und infrastrukturelle Ressourcen in der Lage sind, Mais zu bioengineering, was die Forschung demokratisiert und die Vielfalt der Genotypen in Studien erweitern kann. Die Möglichkeit, resistentere, ertragreichere und widerstandsfähigere Maissorten durch gentechnische Methoden zu erzeugen, hat weitreichende Auswirkungen – von der Ernährungssicherheit über die Anpassung an den Klimawandel bis hin zur nachhaltigen Landwirtschaft.
Die Anpassungsfähigkeit der neuen Methode an verschiedene Genotypen wird aktuell weiter erforscht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Genotypen mit gewünschten Eigenschaften, beispielsweise solche, die sowohl biotischen (Krankheiten, Schädlinge) als auch abiotischen Stressfaktoren (Dürre, Hitze) besser widerstehen können. Die Hoffnung ist, dass die Methode zukünftig auf eine breite Palette von Maissorten angewendet werden kann, was die Entwicklung nachhaltiger und effizienter Nutzpflanzen beschleunigen wird. Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Methode nicht nur Zeit spart, indem die Pflanzen nur kurze Wachstumszyklen benötigen, sondern auch die Zugänglichkeit verbessert. Die reduzierte Abhängigkeit von technisch aufwendigen Gewächshäusern macht die Technologie erstmals für Universitäten, öffentliche Forschungseinrichtungen und kleinere Labore erschwinglich.
Dies könnte die Innovationsgeschwindigkeit im Bereich der Pflanzenbiotechnologie stark steigern und den Weg für neue Durchbrüche in der Landwirtschaft ebnen. Die Bedeutung dieser Entwicklung liegt auch in der globalen Perspektive: Mais wird weltweit angebaut und ist eine Schlüsselressource für viele Regionen, insbesondere in Ländern mit begrenztem Zugang zu Hightech-Forschungsanlagen. Die neuartige Blatt-Wirbel-Transformation kann dazu beitragen, Maissorten zu entwickeln, die besser an lokale Umweltbedingungen angepasst sind und höhere Erträge bei geringerem Ressourceneinsatz ermöglichen. Darüber hinaus trägt die Methode zum Verständnis der Genfunktion bei, da gentechnische Veränderungen an unterschiedlichen Maisgenotypen nun leichter getestet und untersucht werden können. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Grundlagenforschung und die Entwicklung innovativer Züchtungsstrategien, die genetische Vielfalt und Anpassungsfähigkeit fördern.
Die zukunftsweisende Studie, veröffentlicht in In Vitro Cellular & Developmental Biology—Plant, stellt einen wichtigen Schritt dar, um den Zugang zur Pflanzenbioengineering zu demokratisieren und nachhaltige Lösungen für die Landwirtschaft von morgen zu schaffen. Sie zeigt, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen akademischen Einrichtungen und der Industrie maßgeblich zur Überwindung technischer Barrieren beitragen kann. Im Angesicht zunehmender Umweltbelastungen und wachsender Weltbevölkerung gewinnt die Fähigkeit, Nutzpflanzen effizient und zielgerichtet zu modifizieren, an Bedeutung. Diese innovative Methode zur Maistransformation öffnet neue Wege für Wissenschaftler und Landwirte weltweit – von der Grundlagenforschung bis zur praktischen Umsetzung auf dem Feld. Abschließend ist zu sagen, dass die neue Blatt-Wirbel-Methode das Potenzial hat, den Prozess der Mais-Bioengineering in vielerlei Hinsicht zu revolutionieren.
Sie macht den Prozess nicht nur kostengünstiger und weniger zeitintensiv, sondern ermöglicht auch eine breitere Beteiligung an der Forschung, was letztendlich den Fortschritt in der modernen Agrarwissenschaft vorantreibt. Die Kombination aus vereinfachtem Verfahren, öffentlich verfügbaren Werkzeugen und hoher Effizienz könnte der Schlüssel sein, um die Herausforderungen der Landwirtschaft im 21. Jahrhundert erfolgreich zu meistern und Ernährungssicherheit nachhaltig zu gewährleisten.