Die Landschaft der Philanthropie erfährt durch neue gesetzliche Regelungen in den USA tiefgreifende Veränderungen, insbesondere durch das jüngst verabschiedete Steuerpaket der Republikanischen Partei. Dieses als "One Big Beautiful Bill" bezeichnete Gesetz, das zuletzt vom US-Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, bringt signifikante Anpassungen bei der Besteuerung von privaten Stiftungen mit sich – Organisationen, die traditionell von den reichsten Individuen und Familien gegründet und kontrolliert werden. Die Folgen dieser Neuerungen könnten den wohltätigen Sektor in den kommenden Jahren erheblich beeinflussen und den Weg für neue, weniger regulierte Modelle der Vermögensweitergabe ebnen. Private Stiftungen haben seit Jahrzehnten einen festen Platz in der Struktur philanthropischer Aktivitäten amerikanischer Milliardäre. Sie dienen als Vehikel, um Vermögen gezielt und langfristig für gemeinnützige Zwecke bereitzustellen und zugleich eine gewisse Kontrolle und Transparenz über die Verwendung des Kapitals zu bewahren.
Berühmtheiten wie John D. Rockefeller und Bill Gates sind Paradebeispiele für diese Praxis, bei der große Vermögen in kontrollierte Organisationen eingebracht werden, um sie schrittweise für wohltätige Initiativen einzusetzen. Bislang genossen private Stiftungen steuerliche Sonderregelungen. So waren sie nahezu von der Bundes-Einkommensteuer befreit, unter der Voraussetzung, dass sie jährlich mindestens fünf Prozent ihres Vermögens für wohltätige Zwecke ausgeben. Diese Regelung sorgte für eine Balance zwischen Steueranreizen und gesellschaftlichem Mehrwert.
Doch das neue Steuerpaket sieht eine erhebliche Anhebung der Steuer auf das Einkommen aus Investitionen privater Stiftungen vor. Während der bisherige Satz bei etwa 1,39 Prozent lag, soll er künftig zwischen 2,78 Prozent und sogar bis zu zehn Prozent liegen. Diese Erhöhung erhöht die finanzielle Belastung für diese Organisationen erheblich. Fachleute aus dem Bereich der Philanthropie sehen darin mehr als nur eine fiskalische Anpassung: Laura MacDonald, Gründerin der Benefactor Group, kommentierte gegenüber Bloomberg, dass diese Steueranhebung "eine abschreckende Wirkung auf die Gründung neuer Stiftungen haben wird und gleichzeitig das Wachstum von donor-advised funds beschleunigt". Donor-advised funds (DAFs) sind Spendenmodelle, bei denen wohlhabende Geber Mittel an eine Stiftung oder Organisation übergeben, diese aber flexibel verwalten und verteilen können, ohne den strengen Ausgaberegeln einer privaten Stiftung zu unterliegen.
In den letzten Jahren war bereits ein Trend zu beobachten, bei dem Milliardäre sich zunehmend von traditionellen Stiftungen abwenden und stattdessen auf LLCs (Limited Liability Companies) und DAFs setzen, die weniger regulatorische Anforderungen haben. Diese Modelle erlauben mehr Flexibilität bei der Vermögensverwaltung und es gibt keine verbindliche Verpflichtung, beispielsweise 5 % des Vermögens jährlich auszuschütten. Dies ermöglicht den Spendern größtenteils steuerfreie oder steuerlich optimierte Lösungen, bei denen ihre Beiträge auch steuerlich begünstigt bleiben, ohne jedoch unmittelbar zu wohltätigen Auszahlungen zu führen. Experten wie FoundationMark-Gründer John Seitz weisen darauf hin, dass das neue Steuerpaket die Entscheidung für private Stiftungen deutlich unattraktiver macht. Er führt aus, dass milliardenschwere Personen wie Bill Gates oder Michael Bloomberg kaum Anreiz hätten, ihre Vermögenswerte weiterhin in privaten Stiftungen zu binden, sofern es alternative Modelle gibt, die steuerlich günstiger sind und weniger Transparenz sowie Ausgabeverpflichtungen erfordern.
"Sie nehmen Geld, das sehr transparent ist, und zwingen es in dunklere Bereiche, wo es keine 5-%-Distributionspflicht gibt", erklärte Seitz. Der Wandel in der Philanthropie durch diese neue Gesetzgebung könnte weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen haben. Während private Stiftungen häufig mit klar definierten philanthropischen Zielen öffentlich wahrgenommen werden, sorgen Donor-advised funds und LLCs für eine weniger kontrollierte und zugängliche Form der Vermögensverwendung. Das kann die Nachvollziehbarkeit von Spenden reduzieren und möglicherweise den gemeinnützigen Sektor in seiner öffentlichen Wahrnehmung schwächen. Darüber hinaus besteht die Sorge, dass weniger regulierte Anlagen und Spenden bedeutet, dass langfristige und nachhaltige Projekte weniger finanziert werden könnten.
Private Stiftungen sind oft auf langfristige Strategien ausgelegt, die kontinuierliche Finanzierung und Überwachung sozialer Projekte garantieren. Flexible Spendenmodelle muten demgegenüber mehr kurzfristigen Entscheidungen zu, die zwar steuerlich reizvoller, aber gesellschaftlich ambivalenter sein können. Auch die Entstehung neuer Stiftungen wird durch die erhöhte Steuerlast belastet. Für potenzielle Gründer wird der administrative und finanzielle Aufwand größer, was den Gründungsprozess eher unattraktiv macht. Dies könnte langfristig zu einer Stagnation bei der Anzahl privater Stiftungen führen und die Fokussierung auf bereits bestehende Organisationen verstärken.
Die Debatte um die Steuerpolitik und die Rolle von Milliardären in der Philanthropie ist komplex. Auf der einen Seite wollen Gesetzgeber sicherstellen, dass auch die Wohlhabendsten ihren gerechten Beitrag zum Steuersystem leisten. Auf der anderen Seite bietet die Philanthropie einen wichtigen gesellschaftlichen Nutzen, indem sie Lücken in der öffentlichen Finanzierung sozialer Projekte schließt und Innovationen im sozialen Bereich fördert. Die Frage ist, wie die Balance zwischen steuerlichen Anforderungen und der Förderung gemeinnützigen Engagements gehalten werden kann, ohne einen negativen Einfluss auf die Motivation und Möglichkeiten der Reichsten zu riskieren. Das Steuerrecht ist nur ein Teil des Puzzles.
Die Transparenz von Spenden, die Art der Organisationen, über die Vermögen weitergegeben werden, sowie die politischen Rahmenbedingungen beeinflussen ebenfalls maßgeblich, wie Philanthropie in Zukunft aussehen wird. Es bleibt abzuwarten, ob diese Gesetzesänderung die Schaffung neuer Stiftungen gänzlich zum Erliegen bringt oder ob alternative, möglicherweise noch innovativere Modelle entstehen, die neuen Ansprüchen gerecht werden. Abschließend zeigt sich, dass die jüngsten steuerlichen Anpassungen durch das GOP-Steuergesetz das traditionelle Bild privat kontrollierter Stiftungen erheblich herausfordern. Die erhöhte Steuer auf Anlageerträge, die strengen Ausgaberegelungen und die zunehmende Attraktivität steuerlich günstigerer Modelle wie donor-advised funds prägen den Wandel der philanthropischen Landschaft in den USA entscheidend. Für Milliardäre entsteht dadurch ein Anreiz, neue Wege zur verantwortungsvollen Vermögensweitergabe zu finden – unter Umständen auf Kosten der öffentlichen Transparenz und langfristiger Förderung sozialer Projekte.
Dieser Trend wirft wichtige Fragen für Politik, Gesellschaft und den gemeinnützigen Sektor auf, wie wir Philanthropie in einer Zeit umfassender Veränderungen gestalten und fördern wollen.