Blut ist mehr als nur eine rote Flüssigkeit, die in unseren Adern fließt. Es ist ein lebenswichtiger Rohstoff, der in der Medizin und Pharmazie eine zentrale Rolle spielt. Doch wie viel Blut beziehungsweise Blutprodukte werden eigentlich weltweit gehandelt? Welchen ökonomischen Einfluss hat dieser Handel, und wie sieht die Situation speziell in Europa und den USA aus? Diese Fragen wollen wir in der folgenden Analyse genauer beleuchten. Der Blutplasmamarkt ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt. In Europa herrscht seit geraumer Zeit ein Mangel an Blutplasma, der die Versorgung mit wichtigen Medikamenten gefährdet.
Dieser Mangel liegt bei etwa 38 Prozent, was bedeutet, dass die Europäische Union dieses Defizit durch Importe aus anderen Ländern – hauptsächlich den Vereinigten Staaten – ausgleichen muss. Die USA gelten als weltweiter Spitzenreiter in der Blutplasmaproduktion und verantworten rund 70 Prozent der weltweit verarbeiteten Plasmaressourcen, die für medizinische Zwecke genutzt werden. Dieses Ungleichgewicht wirft natürlich Fragen zur globalen Versorgungssicherheit auf. Weshalb ist Europa, mit seinen umfangreichen Gesundheitssystemen und Milliarden von Einwohnern, nicht in der Lage, den eigenen Bedarf zu decken? Ein Teil der Antwort liegt in den verschiedenen herkunftsbezogenen Regelungen. In den USA ist es erlaubt, Blutplasma von bezahlten Spendern zu verwenden.
In Europa hingegen dominiert das Prinzip der freiwilligen, unentgeltlichen Blutspende, wodurch die Menge des verfügbaren Plasmas naturgemäß begrenzt ist. Von wirtschaftlicher Seite betrachtet ist der Handel mit Blutprodukten beachtlich. Laut einer Analyse aus dem Jahr 2024, die auf Daten der amerikanischen Exportstatistik basiert, belief sich der Wert der in die Welt exportierten Blutprodukte aus den USA auf etwa 37 Milliarden US-Dollar. Das entspricht ungefähr 1,8 Prozent der gesamten amerikanischen Warenexporte und macht Blutprodukte zu einem der Top-Ten-Exportgüter – vor Rohstoffen wie Kohle oder Gold. Diese hohe Relevanz ist vielen Menschen nicht bewusst, da Blut nicht nur als lebensnotwendiges Gut wahrgenommen wird, sondern auch als eine wichtige wirtschaftliche Ressource.
Die genaue Zahl, wie viel Blut in diesen Exporten enthalten ist, gestaltet sich jedoch schwieriger zu bestimmen. „Blutprodukte“ umfasst eine breite Palette verschiedener Warenkategorien. Darunter fallen nicht nur reines Blut oder Plasma, sondern auch immunologische Produkte, Blutseren, Impfstoffe, Zelltherapien und weitere biotechnologische Erzeugnisse. Ein pauschaler Wert für den Blutanteil existiert nicht. So können beispielsweise Impfstoffe teilweise gar kein menschliches Blut enthalten, sondern werden oftmals mit Zellkulturen produziert, die eventuell humanes Blutablevel benötigen.
Die Abgrenzung, was als „Blutprodukt“ gilt, ist somit nicht trivial. Die USA verwenden für die statistische Klassifizierung das Harmonized Tariff Schedule (HTS), also eine feinmaschige Einteilung von Warenkategorien für Handelszwecke. Die gesamte Kategorie 3002 umfasst menschliches Blut, Tierblut für therapeutische Zwecke, Antisera, Blutfaktoren und verwandte immunologische Produkte. Im Jahr 2023 lag die Summe der Exporte in dieser Kategorie bei circa 42 Milliarden US-Dollar, was rund 2,05 Prozent der gesamten Warenexporte entspricht. Doch weil diese Kategorie auch viele Produkte enthält, die mit menschlichem Blut wenig oder gar nichts zu tun haben (wie bestimmte Impfstoffe oder tierische Antikörper), verfälschen diese Zahlen das tatsächliche Bild.
Um einen realistischeren Wert zu erhalten, ist eine tiefergehende Aufschlüsselung notwendig. Einige Produkte in dieser Gruppe bestehen fast ausschließlich aus menschlichem Blut oder Blutbestandteilen, während andere nur geringe oder gar keine Anteile enthalten. Experten schätzen, dass etwa 8 Prozent der immunologischen Produkte tatsächlich auf menschlichem Blut basieren. Zusätzlich sollen circa 5 Prozent der Impfstoffe und rund 80 Prozent der Zelltherapieprodukte in irgendeiner Form Blutserum benötigen, was die Komplexität der Einschätzung weiter erhöht. Ein Ergebnis dieser differenzierten Analyse legt nahe, dass rund 0,53 Prozent aller US-Warenexporte auf eindeutig blutbasierte Produkte entfallen.
Je nach Methodik und Einschätzung der „blutnahen“ Produkte – etwa solche, die nur indirekt Blutbestandteile enthalten – könnte sich diese Zahl auf etwa 0,68 Prozent erhöhen. Diese Werte zeigen, dass der tatsächliche Anteil an Blutprodukten geringer ist als häufig angenommen, dennoch wirtschaftlich bedeutend. Vor allem vor dem Hintergrund der globalen Versorgungslage ist der Kontext bedeutsam. Die USA exportieren immense Mengen an Blutprodukten, welche die Versorgungslücke vor allem in Ländern mit weniger liberalen Spendenregelungen schließen. Gleichzeitig steht die Debatte über ethische Aspekte der Blutplasma-Gewinnung und den weltweiten Zugang zu lebensrettenden Medikamenten im Raum.
Während in den USA bezahlte Spenden üblich sind, lehnen viele europäische Länder diese Praxis aus ethischen und gesundheitspolitischen Gründen ab. Die Suche nach Alternativen wird dadurch erschwert. Auch der technologische Fortschritt beeinflusst die Situation. Neue Herstellungsmethoden und gentechnologische Verfahren könnten zukünftig die Abhängigkeit von menschlichem Blut verringern. Beispielsweise werden rekombinante Proteine, synthetische Antikörper oder künstlich hergestellte Blutersatzstoffe erforscht, die das traditionelle Plasmaspenden-Modell ergänzen könnten.
Dennoch befinden sich diese Technologien vielerorts noch in den Anfängen und eine breite Anwendung ist bislang begrenzt. Die Rolle der Regulierungsbehörden und medizinischen Institutionen ist dabei nicht zu unterschätzen. Strenge Qualitätskontrollen und regulatorische Anforderungen beeinflussen, welche Produkte als sicher und fehlerfrei gelten. Die Gewinnung, Verarbeitung und der Export von Blutprodukten unterliegen deshalb genau geregelten Prozessen, die sich zwischen Ländern unterscheiden können und Auswirkungen auf den Handel haben. Abschließend zeigt sich, dass die Bedeutung von Blut und Blutprodukten im globalen wirtschaftlichen Kontext größer ist als viele vermuten würden.