In der heutigen Zeit, in der Transparenz und Informationsfreiheit immer bedeutsamer werden, entscheiden sich viele Menschen dafür, brisante Informationen an Journalisten weiterzugeben. Das sogenannte Leaken, also das vertrauliche Weitergeben von Interna oder sensiblen Dokumenten, kann zur Aufdeckung von Korruption, Missständen oder Fehlverhalten führen. Doch dieser Schritt birgt auch Risiken, insbesondere wenn es um die Sicherheit und den Schutz der eigenen Identität geht. Wer sicher und effektiv leaken möchte, benötigt daher neben dem richtigen technischen Know-how auch ein Bewusstsein für die journalistischen Abläufe und die juristischen Rahmenbedingungen. Der folgende Leitfaden bietet eine umfangreiche Orientierung für alle, die in Erwägung ziehen, sich an Medienvertreter zu wenden, um wichtige Informationen zu teilen, ohne sich unnötigen Gefahren auszusetzen.
Die Bedeutung der Vorbereitung vor dem Leaken kann nicht genug betont werden. Personen, die Informationen enthüllen wollen, sollten stets von der Nutzung persönlicher Geräte ausgehen. Jegliche Kommunikation oder Recherche zum Thema sollte auf privaten Smartphones oder Computern erfolgen. Arbeitsrechner oder die Nutzung von Firmennetzwerken stellen ein enormes Risiko dar, da Unternehmen und Behörden oft Mitarbeiteraktivitäten überwachen. Datenverkehr auf Firmen-Wi-Fi oder die Nutzung dienstlicher E-Mail-Adressen hinterlässt Spuren und kann zu schneller Enttarnung führen.
Daher ist es essenziell, diesen Schritt ausschließlich auf eigenen, privaten Geräten und vorzugsweise von einem sicheren Netz außerhalb des Arbeitsplatzes durchzuführen. Neben dem richtigen Gerät ist die Wahl der Kommunikationsmittel ausschlaggebend für die Wahrung der Anonymität. In den letzten Jahren hat sich die verschlüsselte Messaging-App Signal zum bevorzugten Kanal für Informationsweitergaben an Journalisten etabliert. Signal zeichnet sich durch eine starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aus, die verhindert, dass Dritte die Nachrichten lesen können. Im Gegensatz zu vielen anderen Messenger-Diensten speichert Signal kaum Metadaten wie Kommunikationszeiten oder Kontakte und bietet somit einen deutlich besseren Schutz der Privatsphäre.
Eine besondere Funktion, die das Leaken erleichtert, sind selbstzerstörende Nachrichten. Diese löschen sich nach dem Lesen automatisch aus dem Chatverlauf auf beiden Geräten und minimieren so die Gefahr der Archivierung und der späteren Rückverfolgung. Wer sich für Signal entscheidet, sollte vor dem ersten Kontakt mit einem Journalisten einige Vorbereitungen treffen. Es empfiehlt sich, die App auf dem persönlichen Gerät zu installieren, einen anonymen Nutzernamen zu erstellen und die Funktion für verschwindende Nachrichten zu aktivieren. Dadurch wird die eigene Telefonnummer bei der Kommunikation nicht zwingend sichtbar und der Kommunikationsverlauf bleibt möglichst kurzlebig und geschützt.
Außerdem sollten Informationen, die weitergeleitet werden sollen, ausschließlich innerhalb der Signal-App fotografiert oder geteilt werden. Das ist sicherer als das Versenden von Dateien via E-Mail oder unverschlüsselten Plattformen. Dokumente oder Bilder sollten im Zweifel nicht als Originale, sondern als hochwertige Kopien erstellt werden, da das Risiko besteht, dass Bilder Metadaten enthalten, die Rückschlüsse auf den Herkunftsort oder das Gerät zulassen. Die Wahl des richtigen Journalisten oder Mediums ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Leaks. Wer seine Informationen gezielt weitergeben möchte, sollte recherchieren, welche Reporterin oder Reporter sich bereits mit ähnlichen Themen beschäftigt haben.
Die meisten etablierten Nachrichtenportale bieten auf ihren Websites inzwischen ausführliche Kontaktseiten, auf denen auch verschlüsselte Kommunikationsmöglichkeiten, etwa via Signal, angegeben werden. Einige Journalistinnen und Journalisten veröffentlichen ihre Signal-Kontaktdaten sogar in sozialen Netzwerken oder ihren Profilen, was die direkte Ansprache erleichtert. Wichtig ist, dabei vorsichtig vorzugehen und keine digitalen Spuren zu hinterlassen, die direkt mit der eigenen Identität in Verbindung gebracht werden können. Das bedeutet, weder die Social-Media-Profile des Journalisten von einem Arbeitsgerät aus aufzurufen, noch öffentlich sichtbare Verlinkungen herzustellen, die einen Hinweis auf das Leaking geben könnten. Wer sich unsicher ist oder besonderen Schutz benötigt, sollte vor dem Leaken professionelle Unterstützung suchen.
Verschiedene Organisationen wie Whistleblower Aid oder das Whistleblower Protection Program der Signals Network bieten vertrauliche Beratung und rechtlichen Beistand an. Diese spezialisierten Stellen helfen dabei, Risiken einzuschätzen, sichere Routinen zu etablieren und im Fall von juristischen Problemen Unterstützung zu leisten. Für viele potenzielle Informantinnen und Informanten ist das eine wichtige Absicherung, die das Vertrauen in den Leaking-Prozess erhöht. Die erste Kontaktaufnahme mit einem Journalisten sollte kurz, sachlich und zurückhaltend formuliert sein. Dabei gilt es, nicht zu viele Details preiszugeben, um die eigene Lage nicht unnötig zu gefährden.
Ein kurzer Hinweis, aus welchem Arbeitsbereich oder Umfeld die Informationen stammen und eine allgemeine Andeutung über das Thema reichen aus, um das Interesse des Reporters zu wecken und einen vertraulichen Austausch einzuleiten. Nach dem Erstkontakt vereinbaren viele Journalistinnen und Journalisten Telefonate oder Chats innerhalb von Signal, um weitere Fragen sicher und ohne Protokollierung klären zu können. Die Identitätsprüfung ist oft ein notwendiger Schritt, damit Journalistinnen und Journalisten die Glaubwürdigkeit der Quelle einschätzen können. Trotz des Wunsches nach Anonymität lässt sich eine vollständige Auskunft häufig nicht vermeiden, um Missbrauch oder Fehlinformationen zu vermeiden. In der Praxis nutzen Whistleblower Weg zur Verifikation, die keine dauerhaften Spuren hinterlassen, wie zum Beispiel die Vorlage von Screenshots dienstlicher E-Mails oder die Angabe von Telefonnummern, die bereits öffentlich mit der Person in Verbindung gebracht wurden.
Für Journalisten ist es außerdem eine Frage journalistischer Sorgfaltspflicht und dem Schutz ihrer Quellen, nur so viel über die Identität zu wissen, wie unbedingt notwendig ist, und gleichzeitig bestmöglich für deren Sicherheit zu sorgen. Im Verlauf des Leakings sollten klare Vereinbarungen getroffen werden, wie die Informationen in Berichten genutzt werden und in welchem Umfang die Quelle genannt wird. Die Einordnungen von "on the record", "off the record" oder "on background" sind entscheidend, um Erwartungen auf beiden Seiten transparent zu machen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Manche Quellen entscheiden sich im Nachhinein auch dafür, kein Interview zu geben oder die Zusammenarbeit abzubrechen. Ein verständnisvoller Journalist begegnet solchen Entscheidungen mit Respekt und bemüht sich um alternatives Vorgehen.
Wenn Dokumente oder andere Dateien übermittelt werden, empfiehlt es sich, sie ausschließlich innerhalb der Signal-App aufzunehmen und zu versenden. Originale sollten nicht ausgedruckt oder auf anderen unsicheren Wegen gespeichert werden. Da Signal allerdings eine Größenbeschränkung für Anhänge hat, sind für besonders umfangreiche Dokumente Tools wie OnionShare empfehlenswert, die einen anonymen und verschlüsselten Dateitransfer ermöglichen. Nach Empfang sollten Journalisten stets eine Neuanfertigung des Materials vornehmen, um Metadaten oder ungewollte Rückschlüsse auf den Ursprung zu verhindern. Dadurch wird auch vermieden, dass die eingesandten Bilder oder Dateien später öffentlich gemacht werden und die Quelle gefährden könnten.
Leaking ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine Entscheidung mit gesellschaftlicher Tragweite. Viele Journalistinnen und Journalisten betonen, dass gut platzierte Hinweise erheblichen Einfluss auf die Transparenz von Unternehmen, Behörden und Institutionen haben können. Gleichzeitig warnen sie, dass jede Person, die sich zum Leaken entscheidet, sorgfältig Risiken und Nutzen abwägen sollte und der Schutz der eigenen Sicherheit immer Vorrang hat. Der Kontakt zu kompetenten, seriösen Medien kann nicht nur die Chancen auf eine Veröffentlichung erhöhen, sondern auch zu weiterführenden Recherchen und öffentlichen Diskursen beitragen. Der Prozess des Leakings kann auch eine Kettenreaktion auslösen: Wenn vertrauliche Informationen publik werden, fühlen sich unter Umständen weitere Personen ermutigt, mit ergänzenden Details nachzuziehen.