Die Starling Bank, eine der führenden digitalen Banken Großbritanniens, sieht sich mit einem erheblichen Gewinnrückgang konfrontiert, der hauptsächlich auf Verluste bei Krediten zurückzuführen ist, die im Rahmen des staatlich geförderten Covid-19-Programms vergeben wurden. Die Jahresbilanz für das Geschäftsjahr bis März 2025 zeigt einen Rückgang des Gewinns um 25 Prozent auf 223 Millionen Pfund, gegenüber 301 Millionen Pfund im Vorjahr. Dieser Rückgang ist eng verbunden mit der Entscheidung der Bank, staatliche Garantien über 28 Millionen Pfund im Zusammenhang mit dem sogenannten Bounce Back Loan Scheme (BBL) abzulehnen, nachdem interne Schwächen in der Prüfung der Kreditvergabe offenbart wurden. Das BBL-Programm wurde von der britischen Regierung initiiert, um kleinen Unternehmen während der Covid-19-Pandemie schnell und unkompliziert finanzielle Unterstützung bereitzustellen. Darin enthalten waren Kredite von bis zu 50.
000 Pfund zu einem Zinssatz von 2,5 Prozent, die vollständig durch den Steuerzahler abgesichert waren. Ziel war es, Liquiditätsengpässe abzuwenden und viele Firmen vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch zu bewahren. Die einfache und schnelle Vergabe führte allerdings bei Starling zu Problemen hinsichtlich der Überprüfung der Antragsteller, was dazu führte, dass einige Kredite an riskante oder qualifikationsunwürdige Kunden vergeben wurden. In einer Pressekonferenz erklärte der CEO von Starling, Raman Bhatia, dass die Bank proaktiv einige der Covid-Kredite überprüft und festgestellt habe, dass eine Reihe von Darlehen ohne die erforderlichen Prüfprozesse genehmigt wurden. Dies bedeutete, dass diese Kredite nicht berechtigt wären für die Rückversicherung durch die staatliche Garantie, was letztlich zu einem Verlust von 28 Millionen Pfund führte, den Starling allein tragen muss.
Bhatia räumte ein, dass in einigen Fällen die internen Kontrollverfahren und die Einhaltung der Vorgaben des staatlichen Programms nicht vollständig erfüllt worden seien, ohne jedoch konkreten Bezug auf Betrug oder Finanzkriminalität zu nehmen. Die Enthüllungen kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da Starling Anfang 2025 bereits mit einer Geldstrafe von 29 Millionen Pfund aufgrund mangelhafter Finanzkontrollen durch die Aufsichtsbehörden belegt wurde. Die britische Finanzaufsicht kritisierte Starling scharf für „erschreckend nachlässige“ Kontrollen, die das Finanzsystem anfällig für Kriminalität und die Umgehung von Sanktionen machten. Die Kombination aus der Geldstrafe und den Verlusten beim BBL-Kreditprogramm erklärt den deutlichen Rückgang der Gewinne signifikant. Ein besonders umstrittener Aspekt ist dabei der Umgang der Bank mit den Krediten während der Pandemie.
Starling hatte sich als vergleichsweise innovative und flexible digitale Bank profiliert und war eine der wenigen, die BBL-Anträge auch von Neukunden annahm. In der Folge wuchs der Geschäftskundenstamm sprunghaft von 87.000 auf 330.000 Unternehmen, was einer monatlichen Neuanmeldung von etwa 15.000 Kunden entsprach.
Im Gegensatz dazu war das Volumen der eigenen Verleihungen vor der Pandemie mit nur 23 Millionen Pfund relativ klein, ehe die vergebenen BBL-Kredite bis zu ihrem Programmende im März 2021 ein Volumen von 1,6 Milliarden Pfund erreichten. Diese rasante Expansion war nicht unumstritten. Im Jahr 2022 erhob der ehemalige Minister Theodore Agnew schwere Vorwürfe gegen Starling. Er beschuldigte die Bank, das Covid-Kreditprogramm als eine Art „kostenfreie Marketingmaßnahme“ genutzt zu haben, um die eigene Kreditvergabe zu steigern und so den Unternehmenswert zu erhöhen. Dabei habe Starling es versäumt, die Kreditnehmer sorgfältig zu prüfen, was im Ernstfall die Steuerzahler belastet.
Diese Vorwürfe wurden von Starling und ihrer Gründerin Anne Boden vehement zurückgewiesen, die darauf hinwies, dass die Bank stets im Einklang mit den behördlichen Vorgaben gehandelt habe. Trotzdem verstärken die jüngsten Ereignisse den Druck auf die Bank, ihre internen Kontrollmechanismen zu verbessern und die Verantwortung für die Verluste zu übernehmen. Im Rahmen der öffentlichen Stellungnahme kündigte der Vorstand an, mögliche Folgen für die Vergütung der Führungskräfte zu prüfen. Obwohl es noch unklar ist, ob dies konkrete Auswirkungen auf ehemalige Führungspersonen wie Anne Boden haben wird, signalisiert die Bank klar den Willen, interne Fehler aufzubereiten und transparent zu kommunizieren. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen zeichnet sich ein komplexes Bild für Starling ab: Einerseits ist die Bank Vorreiterin in der Digitalisierung des Bankwesens und konnte durch die schnelle Anpassung an die Pandemiesituation viele neue Kunden gewinnen.
Andererseits offenbaren sich Schwächen in Risikomanagement und Compliance, die nicht nur finanzielle Folgen haben, sondern auch das Vertrauen von Kunden und Investoren beeinträchtigen können. Die Covid-19-Krise stellte für viele Finanzinstitute eine extreme Belastungsprobe dar und regte zugleich regulatorische Diskussionen über die Balance zwischen Geschwindigkeit und Sorgfalt in der Kreditvergabe an. Starling steht exemplarisch für die Risiken, die ein schnelles Wachstum und unzureichende Kontrollsysteme mit sich bringen können. Die Herausforderung liegt nun darin, aus den Fehlern zu lernen, die internen Standards konsequent zu verbessern und das Geschäft trotz der Rückschläge nachhaltig auszubauen. Die zukünftige Entwicklung von Starling wird daher maßgeblich davon abhängen, wie effektiv die Bank ihre internen Prozesse anpasst und wie sie in der Öffentlichkeit ihr Image als vertrauenswürdige und sichere digitale Bank wiederherstellt.
Zugleich bleibt die Branche aufmerksam, da der Umgang mit Covid-Kreditverlusten und regulatorischen Auflagen weitreichende Konsequenzen für andere innovative Finanzinstitute haben könnte. Insgesamt zeigt der Fall Starling die komplexen Herausforderungen, vor denen Banken in einer Zeit rasanten technologischen und wirtschaftlichen Wandels stehen. Während digitale Geschäftsmodelle erhebliche Wachstumschancen bieten, bleiben auch Risiken in Bereichen wie Risikomanagement, Compliance und verantwortungsvoller Kreditvergabe nicht aus. Die Balance zwischen Innovation und Sicherheit wird entscheidend für den langfristigen Erfolg in der Finanzwelt sein.