Der Begriff Good American Speech, auch bekannt als Mid-Atlantic oder Transatlantic Accent, beschreibt einen bewusst erlernten englischen Akzent, der im frühen bis mittleren 20. Jahrhundert vor allem in den Vereinigten Staaten verbreitet war. Dieser besondere Akzent war weder typisch amerikanisch noch durchweg britisch, sondern eine Mischung beider Einflüsse, die vor allem in der Theaterwelt, der Radiomedienlandschaft und vor allem im klassischen Hollywood-Film Verwendung fand. Er galt als eine idealisierte Form der Sprechweise, die Bildung, Kultiviertheit und eine elitäre Herkunft suggerierte. Die Entstehung und Verbreitung dieses Akzents ist eng mit der Geschichte der Schauspielkunst sowie der Ausbreitung von Rundfunk und Film in den USA verbunden.
Der Mid-Atlantic Akzent wurde von Sprachlehrern und Sprechtrainern systematisch gelehrt und propagiert, um ein stilisiertes „Standardenglisch“ zu schaffen, das unabhängig von regionalen Einflüssen und Dialekten war. Dabei sollten sowohl das in Teilen der amerikanischen Ostküste gesprochene Englisch als auch das britische Received Pronunciation (RP) als Vorbild dienen. Schauspieler sollten so in der Lage sein, in klassischen Stücken und in gehobenen Rollen eine offenbar universelle, kultivierte Sprache zu präsentieren. Die Sprecher wirkten dadurch distanziert, elegant und professionell, was dem hohen Ansehen des Akzents in den 1920er bis 1950er Jahren entgegenkam. Historisch betrachtet entwickelte sich Good American Speech aus den Erfordernissen des öffentlichen Sprechens und der Schauspielkunst.
Im 19. Jahrhundert war das formale Sprechen in den USA oft geprägt von einer fast schon gesungenen Intonation mit überlangen Vokalen und einer starken Resonanz, was im 20. Jahrhundert zunehmend durch eine klarere, artikuliertere Ausdrucksweise ersetzt wurde. Besonders stark beeinflusst wurde der Mid-Atlantic Akzent durch die elitären Regionen Neuenglands, insbesondere Boston, wo non-rotische Akzente (das heißt, das /r/ wird oft nicht ausgesprochen) und das sogenannte trap-bath-Split schon lange charakteristisch waren. Diese Eigenschaften übertrugen sich durch elitäre Netzwerke und Sprachunterricht in die Theater- und Medienwelt.
Der australische Phonetiker William Tilly gilt als Schlüsselfigur für die Standardisierung und Verbreitung dieses Akzents in den USA. Ab etwa 1918 unterrichtete er an der Columbia University in New York und entwickelte ein phonetisch sehr genaues System, das er als „World English“ bezeichnete. Sein Ansatz war radikal anders als ein natürlicher Dialekt, denn er ließ sich nicht auf einen bestimmten regionalen Ursprung zurückführen, sondern war bewusst konstruiert, um allen Amerikanern als sprachliches Ideal zu dienen. Während viele Amerikaner seine Version als stark britisch klangen, wurde sie gerade deswegen in Bildungseinrichtungen und der Schauspielwelt geschätzt. Zahlreiche seiner Schüler und Anhänger wie Windsor Daggett, Margaret Prendergast McLean und Edith Skinner trugen maßgeblich zur Popularisierung bei.
Sie lehrten die Akzentmerkmale nicht nur in Schulen, sondern auch als Standard für Theater und Film. Edith Skinner verfasste mit „Speak with Distinction“ ein vielbeachtetes Lehrbuch, das bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinaus prägend war. Der Begriff Good (American) Speech wurde bevorzugt verwendet, um dieses idealisierte Sprechmuster zu beschreiben, das gezielt nicht als „britisch“ oder „amerikanisch“ deklariert wurde, sondern als eine kultivierte, überregionale Norm. Während der Blütezeit des Mid-Atlantic Akzents etablierten ihn Hollywoodstudios als Standard-Sprechweise für Schauspieler, besonders in ernsthaften oder hochklassigen Rollen.
Dieser Akzent war ein Ausdruck von sozialer Eleganz und kultureller Hebung. Prominente Schauspieler jener Zeit, wie Fred Astaire, William Powell, Orson Welles, Vincent Price und vielen anderen, verhalfen ihm zu großer Bekanntheit. Sogar Schauspieler, die ursprünglich aus Regionen mit rhotischen (mit /r/-Aussprache) Dialekten stammten, eigneten sich den Akzent aufgrund ihrer Schauspielausbildung an. Auch viele Disney-Bösewichte erhielten durch den Mid-Atlantic Akzent eine zusätzliche Aura des Erhabenen und Bedrohlichen, was bis heute einen gewissen Wiedererkennungswert besitzt. Phonologisch zeigt der Mid-Atlantic Akzent viele Besonderheiten, die ihn von anderen amerikanischen Dialekten unterscheiden.
So ist er meist nicht-rhotisch, das bedeutet, das /r/ nach Vokalen wird oft nicht ausgesprochen. Er behält jedoch komplexe Vokaldifferenzierungen, etwa eine klare Unterscheidung zwischen „cot“ und „caught“, also zwischen kurzen und langen Vokalen, die in vielen amerikanischen Varianten zusammenfallen. Interessanterweise weist der Akzent auch das trap-bath-Split auf, bei dem das „a“ in Wörtern wie „bath“ weiter geöffnet und differenziert wird, ähnlich wie im britischen RP, jedoch ohne dessen Retraktion. Besonders auffällig ist die mangelnde Tendenz zur sogenannten „Tensing“ des /æ/-Lauts vor Nasalen, eine Eigenschaft, die gesellschaftlich in vielen amerikanischen Varianten verbreitet ist, hier aber eher vermieden wird. Die Vokale vor /r/ unterscheiden sich differenziert voneinander, wodurch zum Beispiel die Wörter „Mary“, „marry“ und „merry“ akustisch deutlich getrennt ausgesprochen werden.
Auch die Aussprache von /t/ unterscheidet sich: Flapping, also die oft in amerikanischem Englisch auftretende Schwingung des „t“ wie ein „d“, wird durch eine leichte Aspiration ersetzt und bei Bedarf sogar als deutlicher, heller Laut ausgesprochen. Auf der Konsonantenebene zeigt der Mid-Atlantic Akzent eine gewisse Resistenz gegen verschiedene Lautverschiebungen. So wird der Unterschied zwischen „wine“ und „whine“ in manchen Fällen noch beibehalten, indem „wh“ als behauchtes [ʍ] ausgesprochen wird. Zudem ist die sogenannte „Yod-Dropping“ – das Weglassen des [j]-Lauts nach bestimmten Konsonanten – in diesem Akzent oft eingeschränkt, ähnlich dem konservativen Received Pronunciation. Die Gründe für den heute selten gewordenen Gebrauch des Good American Speech sind vielschichtig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und vor allem ab den 1950er Jahren wurde der Mid-Atlantic Akzent zunehmend als künstlich, affektiert oder unrealistisch betrachtet. Die gesellschaftliche Entwicklung im Medienbereich hin zu authentischeren, regional geprägten Sprachmustern, sowie die Dominanz des General American English mit seiner rhotischen Aussprache, führten zum Rückgang des einst prestigeträchtigen Akzents. Hollywood entfernte sich mehr und mehr von der engen Verbindung zu New York City und seinem elitären Sprachideal, was auch die Präferenz für den Mid-Atlantic Akzent verringerte. Trotzdem lebt der Mid-Atlantic Akzent in gewissen Kontexten weiter, sei es in historischen Darstellungen, komödiantischen Überzeichnungen oder als bewusst eingesetztes Stilmittel in Film und Fernsehen. Figuren wie Darth Vader in Star Wars oder der Joker in verschiedenen Medien zeichnen sich durch eine solche Sprechweise aus, die Autorität, Distanz und eine gewisse andere Weltlichkeit signalisiert.
Auch in modernen Produktionen wird dieser Akzent genutzt, um eine Verbindung zu einer bestimmten Ära, zu gesellschaftlicher Exklusivität oder einfach zur humorvollen Überzeichnung von Klassenunterschieden zu schaffen. Der kulturelle und sprachliche Einfluss von Good American Speech ist daher bis heute spürbar. Er zeigt wie sehr die Sprache nicht nur Mittel der Kommunikation, sondern auch Ausdruck gesellschaftlicher Werte, Klassenstrukturen und Medienästhetik sein kann. Gleichzeitig stellt der Mid-Atlantic Akzent ein faszinierendes Kapitel in der Sprachgeschichte dar, das den bewussten Umgang mit Sprache im professionellen Kontext und die Bedeutung von Akzent als sozialem Marker illustriert. Abschließend lässt sich sagen, dass Good American Speech einst das Ideal der amerikanischen Klassikbühne und frühen Medienlandschaft war.
Seine bewusst artikulierte und gemischte Form aus britischen und amerikanischen Elementen prägte für mehrere Dekaden den Klang der amerikanischen Kulturelite. Während der Akzent aktuell kaum mehr natürlich gesprochen wird, bleibt seine Bedeutung als stilistisches und kulturelles Phänomen in Geschichte, Linguistik und Darstellender Kunst erhalten. Wer sich mit amerikanischer Sprachgeschichte und Schauspieltechnik beschäftigt, kommt an den Merkmalen und der Geschichte des Mid-Atlantic Akzents nicht vorbei und entdeckt damit ein Stück transatlantischer Sprachkultur mit anhaltender Faszination.