Die rasante Entwicklung der Kryptowährungen hat Regierungen weltweit vor immense Herausforderungen gestellt. In den USA zeichnet sich insbesondere ein Problem ab: Der Kongress ist zu langsam, um effiziente und klare Regelungen für die Kryptoindustrie zu schaffen. Perianne Boring, Gründerin und CEO von The Digital Chamber, betont, dass man nicht auf den Gesetzgebungsprozess im Kongress warten sollte, sondern die bereits existierenden Befugnisse von Aufsichtsbehörden nutzen müsse. Dies wirft ein Schlaglicht auf die Dynamik zwischen Politik, Regulierung und Innovation in einem der spannendsten Sektoren unserer Zeit. Den Kongress so langsam zu nennen, wie es Perianne Boring tut, hat tiefe historische und strukturelle Gründe.
Es ist kein Geheimnis, dass nur ein Bruchteil der im Kongress eingebrachten Gesetzesvorlagen tatsächlich verabschiedet wird – weniger als zwei Prozent erreichen jemals den Status eines Gesetzes. Diese Langsamkeit ist jedoch von den Gründervätern der USA bewusst so entworfen worden: Der Gesetzgebungsprozess sollte sorgfältig und wohlüberlegt sein, um vorschnelle oder unerwünschte Entscheidungen zu vermeiden. Doch in der schnelllebigen Welt der Kryptowährungen ist Geschwindigkeit entscheidend. Trends in der Blockchain-Technologie, neue Finanzinstrumente und innovative Geschäftsmodelle entwickeln sich rapide weiter. Die Gesetzgebung hinkt hier oft meilenweit hinterher.
Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass andere Institutionen, vor allem Regulierungsbehörden wie die Securities and Exchange Commission (SEC) und die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), ihre Macht nutzen, um Klarheit zu schaffen und den Markt zu stabilisieren. Beide Behörden verfügen bereits über gesetzliche Befugnisse, die es ihnen erlauben, einschneidende Regelungen für die Kryptoindustrie zu erlassen. Statt auf den langsamen Gesetzgebungsprozess des Kongresses zu warten, könnten SEC und CFTC proaktiv sein und Standards setzen, die sowohl Investoren schützen als auch Innovationen fördern. Perianne Boring zeigt sich zuversichtlich, dass wir nach einer längeren Phase der Führungsabstinenz nun eine neue Ära der Regulierung erwarten können. Sie glaubt, dass innerhalb der ersten 100 Tage der aktuellen Regierung wichtige regulatorische Schritte eingeleitet werden.
Diese Hoffnung basiert auf einer wachsenden Erkenntnis, dass es kein Zurück mehr gibt: Kryptowährungen und Blockchain-Technologien sind gekommen, um zu bleiben, und eine angemessene Regulierung ist unausweichlich. Ein häufiges Problem im Gesetzgebungsprozess ist, dass viele Kongressmitglieder den technischen und wirtschaftlichen Hintergrund der digitalen Industrie nur unzureichend verstehen. Boring weist darauf hin, dass viele Politiker Schwierigkeiten haben, selbst die Grundlagen des „Web2“ zu begreifen – wie soll dann die komplexe Welt von Web3 und DeFi verstanden werden? Dieses Defizit an Fachwissen erschwert die Entwicklung von Gesetzesvorlagen, die den vielfältigen Anforderungen und Innovationen in der Kryptoindustrie gerecht werden. Die geringe persönliche Beteiligung von Kongressmitgliedern an Kryptowährungen verdeutlicht diese Kluft zusätzlich. Trotz der pro-Krypto Haltung von Ex-Präsident Donald Trump sind nur wenige Abgeordnete persönlich in digitale Assets investiert.
Eine Analyse der finanziellen Angaben aller Kongressabgeordneten zeigt, dass weniger als 13 Prozent überhaupt Kryptowährungen besitzen, und die Volumen dieser Investments sind meist überschaubar. So hält der Senator Dave McCormick als größter Inhaber rund fünf Millionen US-Dollar in einem Bitcoin-Fonds, während andere nur im unteren sechsstelligen Bereich investieren. Diese geringe Nähe zur Materie kann Auswirkungen auf die politische Prioritätensetzung und das Verständnis der damit verbundenen Risiken und Chancen haben. Neben der politischen Debatte rund um Geschwindigkeit und Kenntnisstand besteht ein weiterer Diskussionspunkt darin, wie regulierende Maßnahmen fair gestaltet werden können. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten tokenisierten Vermögenswerte.
Obwohl diese Lösung als modernes und attraktives Anlageinstrument gilt, gibt es Bedenken, ob Kleinanleger dieselbe Chance erhalten wie akkreditierte Investoren. CryptoWendyO, eine bekannte Stimme innerhalb der Crypto-Community, weist darauf hin, dass ungleiche Zugänge die ursprünglichen Chancen der Technologie untergraben könnten. Ohne faire Zugangsbedingungen würde viel der bisherigen Anstrengungen zur Demokratisierung von Finanzmärkten hinfällig werden. Die jüngsten Schritte der Regierung und des Kongresses zeigen jedoch, dass das Thema Kryptowährungen nicht länger ignoriert werden kann. Mit der Einrichtung einer Arbeitsgruppe für Kryptowährungen und der Einführung eigener Krypto-Token durch Präsident Trump sind erste Zeichen gesetzt, die auf ein wachsendes Engagement hindeuten.
Dennoch bleibt offen, wie umfassend und effektiv die künftige Gesetzgebung und Regulierung gestaltet werden können, um sowohl Innovationen zu fördern als auch Risiken zu minimieren. Das zentrale Dilemma bleibt bestehen: Die Kreativität und Geschwindigkeit der Kryptowelt kollidiert mit der behäbigen und komplexen Struktur des Gesetzgebungsprozesses. In dieser Situation wird es zunehmend wichtiger, den Fokus auf Regulierungsbehörden zu legen, die mit Expertise und Flexibilität handeln können. Nur so kann ein stabiler und rechtlich klarer Rahmen geschaffen werden, der Unternehmen und Anleger gleichermaßen Sicherheit bietet. Für die Zukunft der Kryptowährungen in den USA könnte das bedeuten, dass man sich stärker auf die Handlungsfähigkeit von SEC und CFTC verlassen muss, während der Kongress in der Zwischenzeit an umfassenderen, langfristig wirksamen Gesetzeswerken feilt.