Am 19. Mai 2025 gab Regeneron bekannt, dass das Unternehmen die Kundendaten und Technologien von 23andMe für 256 Millionen US-Dollar übernehmen möchte. Die Nachricht sorgte bei Analysten und Investoren für Aufsehen, denn 23andMe, ein Pionier im Bereich der Verbraucher-Genetik, hatte in den letzten Jahren wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste im März 2025 Insolvenz nach Chapter 11 anmelden. Trotzdem war das Unternehmen an der Börse einst bis zu 5,8 Milliarden US-Dollar wert. Die Frage, die viele Anleger beschäftigt: Bedeutet die Übernahme durch Regeneron, dass die Aktie des Pharmariesen jetzt eine Kaufgelegenheit ist? Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Hintergründe, den Deal selbst sowie die strategischen Chancen und Herausforderungen für Regeneron.
23andMe ist vor allem durch seine DNA-Testkits bekannt geworden, die Verbrauchern ermöglichen, ihre genetischen Daten zu Hause zu analysieren. Die gesammelten Daten sollten ursprünglich nicht nur individuelle Gesundheits- und Abstammungsinformationen liefern, sondern auch als Basis für die Entwicklung neuer Medikamente dienen. Die Hoffnung war, genetische Erkenntnisse zu nutzen, um Krankheiten besser zu verstehen und gezielte Therapien zu entwickeln. Diese Idee lockte schon früh Großinvestoren an, darunter auch den britischen Pharma-Riesen GlaxoSmithKline (GSK), der 300 Millionen US-Dollar in 23andMe investierte, um gemeinsam neue Medikamente zu erforschen. Allerdings hatte diese Zusammenarbeit 2023 eine Neuausrichtung erfahren: Statt der ursprünglich geplanten partnerschaftlichen Aufteilung von Kosten und Erlösen erwarb GSK lediglich eine einjährige Lizenz für 20 Millionen US-Dollar und sicherte sich das alleinige Recht auf neue Produkte aus der Kollaboration.
Das deutet darauf hin, dass der Wert der genetischen Daten und der Forschungsverbünde hinter 23andMe inzwischen deutlich geringer eingeschätzt wird als früher. Vor diesem Hintergrund erscheint es zunächst erstaunlich, dass Regeneron für das gesamte Unternehmen nur 256 Millionen US-Dollar bieten will. Experten sehen darin allerdings auch eine Chance für den Pharmakonzern, da er damit Zugang zu den genetischen Daten von über 15 Millionen Kunden erhält – ein Datenfundus, der zur Entwicklung neuer, personalisierter Medikamente beitragen kann. Wichtig zu betonen ist, dass die Übernahme noch nicht vollzogen ist und die Zustimmung des Insolvenzgerichts erwartet wird. Auch wird Lemonaid Health, ein Telemedizin-Anbieter, den 23andMe 2021 für 400 Millionen US-Dollar gekauft hatte, nicht Teil des Geschäftes mit Regeneron sein.
Regeneron könnte somit den Bereich der genetischen Forschung deutlich stärken und neue Impulse setzen, vor allem da das Unternehmen bereits über umfangreiche Erfahrung in der Arzneimittelentwicklung verfügt. Die intime Verknüpfung von genetischen Daten mit therapeutischer Forschung hat das Potenzial, die Pipeline an neuen Wirkstoffen zu beleben und die Wettbewerbsfähigkeit im Markt zu erhöhen. Zudem werden viele Investoren die akquisitionsbedingten Kosten für relativ gering halten, gerade im Vergleich zum einstigen Börsenwert von 23andMe. Auf der anderen Seite sind in der Pharmabranche Risiken alltäglich – die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in marktreife Medikamente dauert oft Jahre und ist kostenintensiv. Die Nutzbarmachung der genetischen Daten aus der Verbraucherforschung ist dabei keineswegs garantiert.
Ferner muss Regeneron in einem stark regulierten Umfeld agieren, das den Datenschutz und ethische Aspekte bei der Verwendung genetischer Informationen besonders berücksichtigt. Auch könnten Unwägbarkeiten bei der Integration von 23andMe eine Belastung darstellen. Anleger sollten daher nicht nur die kurzfristigen finanziellen Auswirkungen bewerten, sondern sich auch ein Bild von der langfristigen Strategie des Unternehmens machen. Die Übernahme kann als strategischer Schachzug gewertet werden, um Regeneron als Vorreiter auf dem Gebiet der personalisierten Genmedizin zu positionieren. Gerade in Zeiten, in denen Präzisionsmedizin immer stärker in den Fokus rückt und Investitionen in innovative Technologien steigen, könnte der Zugang zu großen Datensätzen für die Medikamentenentwicklung entscheidend sein.
Aus Investorenperspektive könnte das bedeuten, dass sich Regeneron langfristig besser aufstellt, um neue, marktrelevante Therapien zu entwickeln, was das Kurswachstum potenziell unterstützt. Dennoch sollten Anleger die üblichen wirtschaftlichen und industriellen Risiken im Blick behalten, die mit Forschungstiteln einhergehen. Neben der Übernahme selbst beeinflussen auch andere Unternehmensfaktoren die Attraktivität der Aktie, zum Beispiel die Pipeline an Medikamenten, aktuelle Finanzergebnisse, Wettbewerbssituation und regulatorische Bedingungen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die 23andMe-Übernahme Regeneron eine wertvolle Ressource mit großem Innovationspotenzial liefern könnte. Die vergleichsweise niedrigen Kosten der Akquisition mindern das finanzielle Risiko, doch der wirkliche Erfolg hängt davon ab, wie effektiv das Unternehmen die genetischen Erkenntnisse zur Entwicklung neuer Therapien nutzt.
Für Anleger, die an die Zukunft genetisch gesteuerter Medizin glauben, stellt Regeneron dank dieser strategischen Expansion sicherlich eine interessante Option dar. Wer jedoch konservativer agiert oder auf kurzfristige Gewinne setzt, sollte die komplexen Herausforderungen und Unsicherheiten eingehend prüfen. Die Entscheidung, ob Regeneron nun ein klarer Kauf ist, hängt also maßgeblich vom individuellen Risikoprofil und der Einschätzung der künftigen Entwicklung der Personal Genomics und Pharmabranche ab. Die Übernahme könnte das Fundament legen für eine neue Ära der Arzneimittelforschung, in der genetische Daten eine zentrale Rolle spielen. Mit dem großen Kundendatenbestand von 23andMe und der bewährten Forschungs-Expertise kann Regeneron in den kommenden Jahren seine Stellung als innovativer Pharmakonzern ausbauen und eventuell neue Medikamente auf den Markt bringen, die auf individuellere Behandlungsmethoden setzen.
Dies macht die Aktie für langfristig orientierte Anleger durchaus spannend, auch wenn die endgültige Gerichtsbilligung des Deals noch aussteht und die tatsächlichen Resultate erst in der Zukunft messbar sein werden. Insgesamt steckt hinter der Übernahme ein bedeutendes Zukunftspotenzial, das Regeneron als aktiven Akteur in der personalisierten Medizin stärkt und langfristig das Wachstum fördern könnte.