In der sich schnell entwickelnden Welt der digitalen Assets und Non-Fungible Tokens (NFTs) steht Nike, Inc., ein weltweit führender Athleten- und Sportbekleidungshersteller, derzeit im Mittelpunkt einer bedeutenden Rechtsstreitigkeit. Eine Gruppe von Investoren hat gegen das Unternehmen geklagt, da sie erhebliche finanzielle Verluste erlitten, nachdem Nike das Tochterunternehmen RTFKT geschlossen hat, das für die Herstellung und den Vertrieb von Nike-basierten NFT-Produkten verantwortlich war. Diese Entwicklung wirft nicht nur Fragen bezüglich der Zukunft von NFTs im Sport- und Modebereich auf, sondern stellt auch die Regulierung und Verantwortlichkeit großer Marken im digitalen Raum infrage. Die Geschichte beginnt im Dezember 2021, als Nike die noch junge und innovative Firma RTFKT übernahm.
RTFKT, ein auf virtuelle Sneaker und digitale Sammlerstücke spezialisiertes Startup, wurde 2020 gegründet und hatte bereits eine beeindruckende Entwicklung innerhalb kurzer Zeit hinter sich. Durch den Einsatz von Blockchain-Technologie konnte das Unternehmen die Authentizität und Einzigartigkeit seiner digitalen Produkte garantieren – eine Voraussetzung, die das Vertrauen der Investoren in NFTs maßgeblich stärkte. Diese Technologie ermöglichte es, dass digitale Sneaker als einzigartige, Besitznachweis-fähige Gegenstände gehandelt werden konnten – ein Konzept, das vor allem bei modebewussten und technologieaffinen Zielgruppen auf großes Interesse stieß. Die Übernahme von RTFKT durch Nike wurde damals als strategischer Schritt in die digitale Zukunft gefeiert. Nike erkannte das Potenzial, nicht nur physische Produkte, sondern auch digitale Innovationen im ständigen Wandel des Sports und der Kultur anzubieten.
John Donahoe, damaliger CEO von Nike, betonte, dass diese Akquisition der Beschleunigung der digitalen Transformation des Unternehmens diene und die Schnittstelle von Sport, Kreativität, Gaming und Kultur stärken sollte. RTFKT repräsentierte genau diese Schnittstelle. Das junge Unternehmen hatte bereits vor dem Deal mit namhaften Investoren zusammengearbeitet, darunter Andreessen Horowitz, die eine Finanzierungsrunde im Wert von 8 Millionen US-Dollar anführten. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Startup mit rund 33,3 Millionen US-Dollar bewertet – ein deutlicher Hinweis auf sein Wachstumspotenzial. Doch trotz vielversprechender Anfänge kündigte Nike im Dezember 2024 überraschend die Schließung von RTFKT an.
Die Mitteilung erfolgte über soziale Medien und wurde als „neues Kapitel“ für das Unternehmen ausgegeben. Während RTFKT noch eine letzte Kollektion namens „Blade Drop“ veröffentlichen sollte, war die geplante Einstellung der Geschäftstätigkeit ein Schock für viele NFT-Investoren. Diese abrupt erfolgte Entscheidung sorgte für eine dramatische Verunsicherung im Markt und führte im Anschluss zu erheblichen Wertverlusten der betroffenen NFTs. In der Folge reichten die Käufer von Nike-RTFKT-NFTs eine Sammelklage gegen Nike ein. Die Kläger, darunter der australische Investor Jagdeep Cheema, werfen Nike vor, mit der Schließung der RTFKT-Einheit massive Verluste für die Investoren verursacht zu haben.
Sie argumentieren, dass die Nachhaltigkeit und der Wert der NFTs eng mit dem Fortbestand des ursprünglichen Projekts verbunden waren. Ohne die Fortführung der kreativen und interaktiven Aktivitäten rund um die NFTs brachen die Preise ein und erholten sich nicht mehr. Zudem entfiel ein wesentliches Kaufargument – die Teilnahme an exklusiven Challenges und Quests, welche die Attraktivität der NFTs erhöht hatten. Ein weiterer bedeutender Punkt der Klage bezieht sich auf die rechtliche Natur der NFTs selbst. Die Investoren sehen die von Nike verkauften digitalen Token als „nicht registrierte Wertpapiere“ an, die ohne die erforderliche Registrierung bei der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC angeboten wurden.
Nike wird vorgeworfen, seine bekannte Marke und Marketingmacht gezielt genutzt zu haben, um den Wert der NFT-Produkte künstlich aufzuwerten und den Verkauf zu fördern. Dabei hätten Investoren im Glauben an eine Wertsteigerung investiert, die auf dem Ansehen und der Fähigkeit des Unternehmens basierte, das Projekt langfristig weiterzuführen. Die aus dem patentierten Konzept der „CryptoKicks“ hervorgegangenen digitalen Sneaker sollten eine Symbiose zwischen physischen und digitalen Gütern bilden. Die Idee war, dass Käufer eines physischen Schuhs einen entsprechenden digitalen NFT erhalten, der Eigentumsrechte und Authentizität über die Blockchain-Technologie bestätigt. Dieser digitale Besitznachweis sollte beim Weiterverkauf des Produkts dem Eigentümer folgen.
Dieses innovative Konzept stellte einen Meilenstein in der Verschmelzung von Mode, Technologie und Blockchain dar und wurde von vielen Branchenkennern als richtungsweisend betrachtet. Allerdings zeigen die Geschehnisse rund um die Schließung von RTFKT auch, wie volatil und unsicher der NFT-Markt weiterhin ist. Schon im Jahr 2024 berichteten zahlreiche Quellen von einem starken Verfall der NFT-Märkte. Große Marktplätze wie Kraken stellten ihre Aktivitäten ein und wechselten in einen Modus, der nur noch Auszahlungen erlaubte, bevor der endgültige Schließungsprozess in Angriff genommen wurde. Die Marktverkäufe von NFTs sind im ersten Quartal 2025 drastisch eingebrochen – Berichten zufolge sanken die Umsätze um 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, von 4,1 Milliarden US-Dollar im Q1 2024 auf lediglich 1,5 Milliarden US-Dollar in Q1 2025.
Diese Entwicklungen werfen ein bezeichnendes Licht auf den immensen Druck und die Herausforderungen, die große Unternehmen wie Nike bei der Integration digitaler Innovationen zu bewältigen haben. Einerseits existiert eine hohe Erwartungshaltung vonseiten der Verbraucher und Investoren gegenüber der Marke, die für Stabilität und Wertsteigerung sorgen soll. Andererseits zeigt die reale Dynamik im aufstrebenden NFT-Markt, wie schnell Trends kippen und Erwartungen enttäuscht werden können. Abschließend stellt sich die Frage, welche Lehren Unternehmen und Investoren aus dem Fall Nike und RTFKT ziehen können. Es wird immer deutlicher, dass die Zukunft digitaler Assets nicht ohne ein solides rechtliches und regulatorisches Fundament möglich ist.
Unternehmen müssen nicht nur die technischen und kreativen Aspekte neuer Projekte berücksichtigen, sondern vor allem auch die Rechte und Erwartungen der Investoren transparent und verantwortungsvoll managen. Nur so kann das Vertrauen in neue digitale Produkte dauerhaft gesichert und weitere Eskalationen verhindert werden. Der Rechtsstreit gegen Nike markiert einen wichtigen Wendepunkt in der jungen Geschichte der NFTs. Er verdeutlicht zugleich die Chancen und Risiken, die mit der Verschmelzung von Sport, Mode und digitaler Technologie verbunden sind. Die kommenden Monate werden zeigen, wie Nike auf die Forderungen reagieren wird und wie die Rechtsprechung die verantwortungsvollen Grenzen im NFT-Handel künftig definieren wird.
Für Investoren und Marktteilnehmer bleibt dies eine Zeit hoher Unsicherheit, aber auch einer Gelegenheit, aus den Fehlern frühzeitige Schlüsse für eine nachhaltige digitale Wirtschaft zu ziehen.