Die COVID-19-Pandemie hat die Welt in vielerlei Hinsicht verändert – nicht nur gesellschaftlich und medizinisch, sondern auch kulturell. Ein besonders interessanter Aspekt ist, wie unser Verhältnis zu scheinbar fiktiven Katastrophenszenarien, wie etwa Zombie-Apokalypsen, durch das reale Erlebnis einer globalen Seuche beeinflusst wurde. Der Verhaltensökologe David Hughes, Wissenschaftsberater des populären Videospiels The Last of Us, sowie der darauf basierenden erfolgreichen TV-Serie, hat in einem Interview mit dem Wissenschaftsmagazin Nature erläutert, wie COVID-19 die Art verändert hat, wie wir Zombie-Geschichten konsumieren und verstehen. Dabei zeigt sich, wie tief verwurzelt wissenschaftliche Realität mittlerweile in die Popkultur eingedrungen ist und wie das genretypische Zombie-Motiv durch reale Erfahrungen neu kontextualisiert wird. The Last of Us hat seit der Veröffentlichung 2013 enorme Popularität erlangt.
Die Serie spielt in einer postapokalyptischen Welt, in der eine Pilzinfektion die Gehirne der Menschen befällt und sie in „infizierte“ Wesen verwandelt, die man allgemein als Zombies bezeichnen würde. Diese prägenden Bilder von Infektion, Verfall und Überleben sind zeitlos, doch hinter der fiktionalen Erzählung steht ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das wesentlich zum Erfolg beigetragen hat. David Hughes, dessen Expertise in der Biologie von Pilzen und deren Interaktion mit Insekten liegt, wurde von den Entwicklern konsultiert, um die Pilzinfektion im Spiel so glaubwürdig wie möglich darzustellen. Dies verlieh der Geschichte eine neue Ebene an Authentizität, die dem Publikum ermöglichte, sich intensiver mit den Figuren und deren Schicksal auseinanderzusetzen. Vor der Pandemie waren Zombie-Geschichten häufig eher unterhaltsame Horrorszenarien oder Action-orientierte Erzählungen.
Die Bedrohung durch eine Zombieapokalypse wurde eher als Metapher für soziale Ängste oder als reines Fantasieelement wahrgenommen. Doch mit dem Ausbruch von COVID-19 und der damit einhergehenden globalen Gesundheitskrise kam eine bisher nie dagewesene Nähe zu realen Epidemien und deren Konsequenzen. Quarantäne, Maskenpflicht, das Gefühl des Verlusts von Kontrolle und einer sich ständig verändernden Realität prägten die kollektive Psyche der Menschen. Dadurch wandelte sich auch die Art und Weise, wie Zombies wahrgenommen werden. Die ehemals distanzierte Faszination für „Untote“ wurde zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit realen biologischen und sozialen Prozessen.
David Hughes betont, dass COVID-19 das Publikum empfindsamer für Themen wie Infektionskrankheiten und deren Übertragungswege gemacht hat. Dadurch wirkt das Zombie-Genre heute nicht mehr einfach nur wie eine fantasievolle Horrorgeschichte, sondern wird zunehmend als Spiegelbild und Warnung vor realen Bedrohungen empfunden. Die Angst vor unsichtbaren Krankheitserregern, langen Inkubationszeiten und überraschenden Mutationen, wie sie viele bereits durch die Pandemie erlebt haben, scheint sich in die Art zu übertragen, wie Zombies dargestellt und erlebt werden. Diese neue Erwartungshaltung fordert von Medienmachern und Entwicklern eine höhere wissenschaftliche Genauigkeit und Ernsthaftigkeit bei der Darstellung von Pandemien und Infektionen. The Last of Us hat hier mit seiner wissenschaftlichen Beratung einen wichtigen Trend vorweggenommen.
Die Pilzinfektion im Spiel basiert auf realen Beispielen in der Natur, etwa dem sogenannten „Parasitischen Pilz“ Ophiocordyceps unilateralis, der Ameisen befällt und kontrolliert. Diese Verbindung von wissenschaftlicher Realität und Fiktion erzeugt beim Zuschauer ein größeres Gefühl von Glaubwürdigkeit und Erschreckendem, weil das Szenario theoretisch möglich erscheint. Im Kontext der Pandemie hat sich auch die emotionale Tiefe solcher Geschichten verändert. Die Konzepte von Isolation, Verlust und der Suche nach Menschlichkeit in einer zerstörten Welt bekommen eine neue Bedeutung. Zuschauer und Spieler erleben die Figuren und ihre Entscheidungen mit einer neu entfachten Empathie, da viele selbst die Erfahrung von Einsamkeit, Unsicherheit und existenziellen Bedrohungen gemacht haben.
Auch die gesellschaftlichen Implikationen von Quarantäne, Überwachung und gesellschaftlicher Spaltung, die in solchen Geschichten oft thematisiert werden, spiegeln reale Herausforderungen wider, wodurch das Genre eine gesellschaftskritische Dimension erhält. Darüber hinaus hat die Pandemie auch die Art verändert, wie Geschichten erzählt werden. Es gibt heute eine stärkere Betonung auf wissenschaftliche Beratung und realistischen Details, die die Glaubwürdigkeit erhöhen. Das Genre profitiert von einem interdisziplinären Ansatz, bei dem Virologen, Biologen und Onkologen eingebunden werden, um das narrative Fundament mit echtem Wissen zu stärken. Dadurch wird der Horror greifbarer und die Spannung wächst, weil die Szenarien nicht mehr so unwahrscheinlich erscheinen.
In der Medienwelt sorgt diese Verlagerung auch für veränderte Erwartungen bei den Konsumenten. Viele suchen heute nach Geschichte mit realistischem Hintergrund und nachvollziehbaren Motiven, nicht nur reinen Spektakelfaktor. Dies zeigt sich nicht nur bei The Last of Us, sondern auch bei anderen Produktionen, die sich mit Pandemie-Szenarien und biologischen Bedrohungen auseinandersetzen. Der Erfolg solcher Werke unterstreicht, wie das öffentliche Bewusstsein für naturwissenschaftliche Themen inzwischen stärker ausgeprägt ist. Interessanterweise hat die Pandemie auch dazu geführt, dass das „Zombiethema“ von einem Tourismusthema oder Popkultur-Novum zu einem Mittel für wissenschaftliche Bildung werden kann.
Immer häufiger werden Aspekte von Infektionskrankheiten, Verbreitungsmechanismen und Prävention in Unterhaltungsmedien thematisiert und auch didaktisch aufgearbeitet. So fördert die Populärkultur ein besseres Verständnis für komplexe biologische Prozesse, ohne belehrend zu wirken. David Hughes weist darauf hin, dass diese Entwicklung nicht nur kulturell spannend, sondern auch notwendig ist. Eine Gesellschaft, die pandemische Bedrohungen ernst nimmt und wissenschaftlich fundierte Geschichten schätzt, ist besser in der Lage, auf zukünftige Krisen zu reagieren. Die Verbindung von Wissenschaft und Unterhaltung kann dabei helfen, Aufmerksamkeit für wichtige Themen zu erzeugen und gleichzeitig positive Emotionen wie Hoffnung und solidarisches Handeln zu fördern.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben ebenfalls gezeigt, wie sich die Rolle der Berater in der Medienproduktion verändert hat. Wissenschaftler sind heute gefragte Partner, die kreative Prozesse mit Expertenwissen bereichern. Ihre Expertise sorgt dafür, dass Fantasieszenarien eine fundierte Basis haben und das Publikum gleichermaßen gut unterhalten und informiert wird. In The Last of Us ist diese Zusammenarbeit beispielhaft gelungen: Der wissenschaftliche Unterbau des Pilzparasiten macht den Schrecken glaubwürdig und erzeugt zugleich eine neuartige Faszination, die durch COVID-19 noch verstärkt wurde. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass COVID-19 die Beziehung der Menschen zur Zombie-Kultur nachhaltig verändert hat.
Anstelle einer oberflächlichen Gruselerfahrung suchen viele nach ernsthafteren, realitätsnahen Erzählungen, die wissenschaftliche Fakten und menschliche Erfahrungen miteinander verbinden. The Last of Us fungiert hier als Paradebeispiel für die Symbiose von Wissenschaft und Popkultur, die gerade in Zeiten globaler Unsicherheit eine neue Bedeutung erhält. Die Pandemie hat nicht nur unser Leben verändert, sondern auch unsere Erzählformen und Sehgewohnheiten. Zombies sind dabei längst mehr als nur Monster – sie sind zu Metaphern für unsere kollektiven Ängste, unsere Verletzlichkeit und unseren Überlebenswillen geworden. Dank wissenschaftlicher Beratung wie der von David Hughes und dem Interesse der Medienmacher an realitätsnahen Darstellungen können solche Geschichten eine wichtige Brücke schlagen zwischen Unterhaltung, Bildung und Reflexion.
Diese Entwicklung zeigt, wie tiefgreifend echte Ereignisse unsere kulturelle Landschaft prägen und wie wichtig es ist, Wissenschaft in unsere Erzählwelten zu integrieren. Der Appetit auf Zombies hat sich zweifellos verändert – weg von reiner Fiktion hin zu einem vielschichtigen Spiegel unserer Realität und Hoffnungen.