Die Nutzung erneuerbarer Energien gewinnt weltweit zunehmend an Bedeutung, um den Klimawandel zu bekämpfen und eine nachhaltige Zukunft zu sichern. Insbesondere bioenergiebasierte Lösungen rücken immer stärker in den Fokus, da sie eine Verbindung zwischen Landwirtschaft, Energieproduktion und Umweltschutz ermöglichen. Eine der vielversprechendsten Pflanzen für diese Zwecke ist das Switchgrass (Panicum virgatum L.), eine mehrjährige, krautige Grasart, die speziell für Bioenergieanwendungen gezüchtet und kultiviert wird. Die Bewertung des Ökosystemdienstleistungsnutzens von Switchgrass auf Feldmaßstab bietet wertvolle Erkenntnisse darüber, wie diese Biomassequelle zur Emissionsminderung beiträgt und gleichzeitig Umweltauswirkungen minimiert.
Switchgrass zeichnet sich durch seine Anpassungsfähigkeit aus und kann produktiv auf marginalen Flächen wachsen, die für den Anbau von Nahrungsmittelpflanzen ungeeignet sind. Dies macht den Anbau von Switchgrass besonders attraktiv, da er nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion steht. Zudem bietet Switchgrass mehrere ökologische Vorteile, darunter die Verringerung der Auswaschung von Nitraten, den Schutz vor Bodenerosion, die Verbesserung der Bodenqualität, die Kohlenstoffbindung sowie die Reduktion von Treibhausgasemissionen. Eine groß angelegte Feldstudie in Urbana, Illinois, die von 2020 bis 2022 durchgeführt wurde, liefert umfangreiche Daten zum Vergleich von Switchgrass mit traditionellen Energiepflanzen wie Mais. Im Rahmen der Untersuchung wurden wichtige Umweltparameter wie Emissionen von Kohlendioxid (CO2) und Lachgas (N2O), die Auswaschung von Nitratstickstoff (NO3-N), die Evapotranspiration (ET) und die Wasserverbrauchseffizienz (WUE) umfassend analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass Switchgrass im Vergleich zu Mais signifikant geringere direkte Emissionen von Lachgas erzeugt. Das ist insbesondere auf den niedrigeren Stickstoffdüngerbedarf der Pflanze zurückzuführen. Während Mais jährlich etwa 202 Kilogramm Stickstoff pro Hektar erhält, sind es bei Switchgrass lediglich 56 Kilogramm. Diese reduzierte Stickstoffzufuhr führt dazu, dass weniger Nährstoffe im Boden verbleiben, die sonst in Form von Lachgas freigesetzt werden könnten, einem Gas mit einem wesentlich höheren Treibhauspotenzial als CO2. Interessanterweise wurden bei Switchgrass über die Jahre hinweg höhere CO2-Emissionen gemessen, die sich auf die verstärkte Wurzelatmung zurückführen lassen.
Die Pflanze entwickelt im Vergleich zu Mais ein etwa fünfmal größeres Wurzelvolumen. Dies erhöht die Wurzelatmung und kann zudem andere organische Prozesse im Boden, wie die Mikrobentätigkeit, stimulieren. Dennoch überwiegen die Einsparungen bei Lachgasemissionen die Auswirkungen der höheren CO2-Emissionen, was unterm Strich zu einem positiven Klimaeffekt führt. Ein weiterer bedeutender Vorteil von Switchgrass ist die drastische Reduzierung der Nitrat-Auswaschung. Über drei Jahre hinweg sank die Konzentration von Nitrat im Bodenwasser bei Switchgrass um etwa 80 Prozent gegenüber der Maiskultur.
Diese Verringerung ist entscheidend, um die Verschmutzung von Grundwasser und Oberflächengewässern zu minimieren, die durch Überdüngung und damit verbundene Nährstoffauswaschung verursacht wird. Durch die tiefreichenden und dichten Wurzelsysteme kann Switchgrass mehr Nährstoffe aufnehmen und somit deren Verlust ins Wasser deutlich einschränken. Die Untersuchung der Wasserverbrauchsparameter zeigte, dass die Evapotranspiration bei Switchgrass und Mais vergleichbar ist. Das bedeutet, dass Switchgrass keine nennenswert höheren Wasserressourcen beansprucht als die gängige Energiepflanze Mais. In trockenen Jahren zeigten sich zwar Trends zu einer geringeren Wasserverbrauchseffizienz bei Switchgrass, was vermutlich auf Limitierungen im oberirdischen Biomassewachstum zurückzuführen ist, aber insgesamt bestehen keine signifikanten Unterschiede bei der Effizienz der Wassernutzung.
Besonders hervorzuheben ist die Rolle von Switchgrass im Kohlenstoffkreislauf. Die massive Wurzelentwicklung führt zu einer erhöhten Kohlenstoffbindung im Boden, vor allem in den oberen Bodenschichten. Diese Kohlenstoffspeicherung ist bedeutsam, da sie dem atmosphärischen Anstieg von Treibhausgasen entgegenwirkt und zur langfristigen Bodenfruchtbarkeit beiträgt. Der Prozess der Kohlenstoffsequestrierung durch perenniale Biomassepflanzen wie Switchgrass gilt als nachhaltiges Mittel, um landwirtschaftliche Flächen klimaresilient zu gestalten. Das Nachhaltigkeitsstreben des US Department of Energy im Rahmen der „Sustainable Aviation Fuel (SAF) Grand Challenge“ hebt die Bedeutung solcher Energiepflanzen besonders hervor.
Mit ehrgeizigen Zielvorgaben für die Produktion von kraftstoffeffizientem und gleichzeitig emissionsarmem Biokraftstoff bis 2030 und darüber hinaus werden Pflanzen wie Switchgrass als Schlüsselkomponenten einer nachhaltigen Energiezukunft angesehen. Sie können Rohstoffe liefern, die den Kohlenstoff-Fußabdruck von Kraftstoffen signifikant reduzieren und gleichzeitig ökologische Nebeneffekte minimieren. Die Feldversuchsdaten aus Urbana zeigen, dass sowohl die Anpassung des Anbaus als auch die Auswahl neuer, verbesserter Switchgrass-Sorten entscheidend sind. Neu gezüchtete Bioenergie-Kultivare haben Eigenschaften wie höhere Biomasseproduktion, verbesserte Wurzelsysteme und bessere Winterhärte, die ihre ökologische Effizienz und Ertragskraft steigern. Diese Fortschritte tragen dazu bei, dass Switchgrass steigenden Umweltanforderungen gerecht wird und auch unter marginalen Standorten produktiv bleibt.
Aus landwirtschaftlicher Sicht bietet der Anbau von Switchgrass außerdem den Vorteil der minimalen Bodenbearbeitung, da er meist ohne Umackern angebaut wird. Dies trägt weiter zur Bodenstabilisierung und Erhaltung von Bodenorganismen bei. Durch die Reduktion von Erosion und Oberflächenabfluss werden Nährstoffe besser im Boden gehalten, die Wasserqualität verbessert und die Bodenfruchtbarkeit langfristig gesichert. Natürlich sind auch Herausforderungen zu beachten. Die höheren CO2-Emissionen aus der Wurzelatmung werfen Fragen hinsichtlich des Gesamt-Kohlenstoffbilanzen auf.
Hier bedarf es weiterer Forschung, um die genauen Beiträge unterschiedlicher Atmungsprozesse zu ermitteln und optimale Managementstrategien zu entwickeln. Zudem beeinflussen Klima- und Bodenbedingungen die Leistung von Switchgrass stark, weshalb standortspezifische Anpassungen und langjährige Beobachtungen nötig sind. Insgesamt aber belegen die Forschungsergebnisse, dass Switchgrass ein hohes Potenzial besitzt, als Bioenergiequelle nicht nur zur Energiegewinnung beizutragen, sondern gleichzeitig die Umwelt zu entlasten und vielfältige Ökosystemdienstleistungen zu fördern. Die Kombination aus Emissionsreduktionen, effizienter Nährstoffnutzung, stabiler Wassernutzung und Kohlenstoffbindung macht diese Pflanze zu einer zukunftsträchtigen Komponente in nachhaltigen Landwirtschaftssystemen. Die Integration von Switchgrass in landwirtschaftliche Praxis kann den Weg hin zu einer klimaschonenderen und ressourcenschonenden Landwirtschaft ebnen.