In einer Welt, in der digitale Medien und E-Books immer mehr an Bedeutung gewinnen, erscheint die Geschichte von Bruno Schröder wie ein seltenes Juwel. Ein ehemaliger Bergbauingenieur aus Mettingen, Nordrhein-Westfalen, hatte im Verlauf seines Lebens eine der größten privaten Buchsammlungen in Deutschland aufgebaut – über 70.000 Bücher waren in seinem Haus untergebracht, eine wahre Schatzkammer für Leseratten und Literaturliebhaber. Was diese Geschichte besonders bemerkenswert macht, ist nicht nur die schiere Menge, sondern auch die Tatsache, dass dieses literarische Refugium Jahrzehnte lang ein wohlgehütetes Geheimnis blieb. Bruno erzürnte nie zuvor von seiner Sammlung und verwandelte sein gesamtes Zuhause – von Keller bis Dachboden – in ein umfassendes Bücherarchiv.
Bruno Schröder war nicht nur ein leidenschaftlicher Sammler, sondern auch ein kluger Ingenieur, der genau wusste, wie viel Gewicht sein Heim tragen konnte. Angesichts tausender Exemplare, deren Gesamtgewicht umgerechnet mehrere Tonnen betrug, war es eine technische Herausforderung, das Gebäude so zu sichern, dass es der Last standhielt. Er baute viele Regale selbst, maßgeschneidert und perfekt an die Räume angepasst, um den Platz optimal auszunutzen. Sein Haus verwandelte sich buchstäblich in ein Museum der Literatur, wobei der Fußboden, die Wände und selbst der Dachboden mit unterschiedlichsten Genres gefüllt waren. Von klassischer Lyrik über Romane und Sachbücher bis hin zu tausenden Thrillern im Keller – die Bandbreite war enorm.
Mettingen, der beschauliche Ort in Nordrhein-Westfalen, wirkt durch die Geschichte von Bruno plötzlich nicht mehr nur wie eine malerische Kleinstadt, sondern wird zum Symbol einer unglaublichen Hingabe zur Literatur und Kultur. Nach außen hin tat das Haus Schröder nicht viel Aufsehen kund – eine unscheinbare Fassade, wie viele andere in der Nachbarschaft. Doch hinter der Tür öffnet sich ein Universum voller Wörter und Geschichten, das den Raum eines kleinen öffentlichen Bibliothekssystems locker einnimmt. Die Leidenschaft für Bücher war für Bruno Schröder eindeutig mehr als ein Hobby. Er verbrachte seine freie Zeit neben seiner beruflichen Tätigkeit damit, die lokalen Buchläden zu durchforsten, auf der Suche nach seltenen und interessanten Werken.
Sein Fokus lag auf einer Vielfalt von Genres, allerdings zeigte er eine prägnante Abneigung gegenüber Liebesromanen, was ihn bei manchen vielleicht etwas eigenwillig erscheinen ließ. Besonders gern sammelte er Werke des deutschen Autors Arno Schmidt, welche er sogar in Glasvitrinen ausstellte, um diese Kostbarkeiten zu schützen und hervorzuheben. Die Sammlung wurde im Lauf der Zeit so umfangreich, dass der Wohnraum der Familie immer mehr für die Bücher beansprucht wurde. Bruno und seine Frau lebten in einem Einfamilienhaus, dessen Begrenzungen die Sammlung zunehmend zu sprengen drohten. Doch mit technischem Sachverstand strukturierte er die Innenräume um und baute neue Regalsysteme selbst, um noch mehr Bücher unterzubringen.
Jede Ecke des Hauses wurde mit Literatur gefüllt. Der Keller beherbergte beispielsweise über 10.000 Thriller, sortiert nach Verlagen, was an sorgfältige Archive großer Buchhandlungen erinnert. Einen zusätzlichen Meilenstein konnte Bruno schließlich mit der digitalen Erfassung seiner Sammlung setzen. Er begann, seine Werke systematisch zu katalogisieren.
Neben den Bibliographien machte er sich auch die Mühe, Bewertungen und Rezensionen neuer Bücher aufzunehmen. Diese Technik war seiner Zeit voraus und zeigt die moderne Seite eines Mannes, der ganz in seiner Leidenschaft verwurzelt war. Leider endete diese außergewöhnliche Geschichte im Juni 2022 mit dem Tod Bruno Schröders. Bis zum Ende blieb er seinen Büchern treu, was seine tiefe Verbundenheit symbolisiert. Seine Frau lebt heute in einem Pflegeheim, ohne Nachkommen, die die Sammlung hätten übernehmen können.
Dies wirft erhebliche Fragen um die Zukunft dieser literarischen Kostbarkeit auf. Die Verantwortung liegt bei der Nachlassverwaltung, doch der Verkauf oder Erhalt der Kollektion steht vor großen Hürden. Die schiere Größe der Bibliothek macht die Weitergabe oder den Verkauf schwierig. Experten bezifferten das Gesamtgewicht der Bücher auf eine Menge, die vergleichbar mit etwa 15 modernen Autos ist. Diese enorme Belastung war sorgfältig einkalkuliert worden, doch für potenzielle Käufer stellt sich die Frage nach Lagerkapazitäten und wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit.
Der Markt zeigt wenig Interesse an gebrauchten Papierbüchern, insbesondere in solch einer riesigen Menge. Der erste potenzielle Interessent, der bereit war 7.000 Euro zu zahlen, hat inzwischen Abstand genommen. Damit steht die Sammlung zurzeit noch immer ohne klare Zukunft da. Doch abseits der materiellen Lage fasziniert die Geschichte von Bruno Schröder durch ihre einzigartige Mischung aus Leidenschaft, Wissen und Hingabe.
Sie zeigt, dass Bücher weit mehr sind als bloße Gegenstände – sie können Lebensinhalt, Zufluchtsorte und Ausdruck einer Persönlichkeit sein. In einer Zeit, in der das gedruckte Buch oft als aussterbend gilt, strahlt Bruno als Beispiel für die bleibende Faszination und Kraft von Literatur. Die Aufmerksamkeit, die seine Sammlung nach Bekanntwerden erfuhr, verdeutlicht das kollektive Bedürfnis, solche kulturellen Schätze zu würdigen. Vielleicht wird sich eine Lösung finden, die das Erbe bewahrt, sei es durch Museen, Bibliotheken oder Liebhaber, die bereit sind, diese außergewöhnliche Sammlung eines einzigartigen Lebenswerkes zu erhalten. Bis dahin bleibt das Haus in Mettingen ein stilles Denkmal des Guten, Althergebrachten und Unvergänglichen – der Liebe zu Büchern.
Die Geschichte von Bruno Schröder erinnert uns auch daran, wie unterschiedlich Menschen ihre Leidenschaften ausleben. Für den einen ist es Sport, für den anderen das Sammeln von Kunst oder eben die Welt der Bücher. Und sie animiert Buchliebhaber weltweit, ihre eigene Sammlung zu pflegen, zu genießen und zu schätzen – nicht nur als Besitz, sondern als Quelle von Freude, Wissen und Identität.