In den letzten Jahren hat die Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Bereich der Inhaltserstellung explosionsartig zugenommen. Während KI-Tools kreative und innovative Möglichkeiten revolutionieren, zeichnet sich ein besorgniserregender Trend ab: Minderwertige, oberflächliche und wenig aussagekräftige Inhalte, die Experten als „KI-Slop“ bezeichnen, erobern das Internet zunehmend. Diese Form der automatisierten Texterstellung ist geprägt von schwammigen Aussagen, sinnleeren Schlagwörtern und einer erschreckenden Beliebigkeit, die den Qualitätsstandard im digitalen Raum unterminiert. Doch was bedeutet dieser Trend für den Journalismus, die Informationen, die wir konsumieren, und die Gesellschaft insgesamt? Und wie lässt sich mit dem Phänomen sinnvoll umgehen? KI-Slop, ein Begriff, der ursprünglich in Online-Foren für unappetitliche Essensreste verwendet wurde, beschreibt im Kontext der digitalen Welt den Überfluss an inhaltslosen, automatisiert generierten Texten und multimedialen Inhalten. Anders als gezielte Desinformationen oder Fake News sticht KI-Slop dadurch hervor, dass er keine klare Absicht verfolgt, bewusst zu täuschen oder jemanden zu manipulieren.
Vielmehr handelt es sich um eine Flut von unreflektiertem, oft unsinnigem Content, der ohne menschliche Qualitätskontrolle und mit minimalem Aufwand produziert wird. Diese Masse an inhaltsvoller Bedeutungslosigkeit ähnelt in gewisser Weise bekannten Phänomenen wie Spam-E-Mails oder sogenannten „Pink-Slime“-Netzwerken, die unter dem Deckmantel lokaler Nachrichten billige, politisch gefärbte Inhalte verbreiten. Ursache für das Aufkommen dieses Phänomens sind zum einen technologische Fortschritte, die das Erzeugen von Texten und Bildern durch KI maßgeblich erleichtern. Andererseits stärken ökonomische Anreize, insbesondere im Online-Marketing, die Produktion solcher Inhalte. Websites, deren Geschäftsmodell auf Suchmaschinenoptimierung (SEO) basiert, schöpfen das Potenzial von KI aus, um schnell und kostengünstig große Mengen an vermeintlichem Content zu erzeugen.
Ziel ist es, durch die geschickte Platzierung von Schlagwörtern und Schlüsselbegriffen in Suchergebnissen möglichst viele Klicks zu generieren, damit Werbeeinnahmen fließen. Die Nutzer geraten so in ein Informationsumfeld, das von oberflächlicher und intransparent generierter Stimme dominiert wird und vom journalistischen Anspruch an Wahrhaftigkeit, Relevanz und Tiefe meilenweit entfernt ist. Die Folgen solcher Entwicklungen sind vielfältig und haben eine große Tragweite. Auf individueller Ebene führt die Flut an KI-Slop zu einer Überforderung bei der Informationsverarbeitung. Nutzende finden es immer schwerer, verlässliche und relevante Inhalte zu erkennen, zumal viele KI-generierte Texte einen selbstbewussten und glaubwürdigen Tonfall besitzen, der sie autoritär erscheinen lässt.
Gleichzeitig steigt das Risiko, subtile Ungenauigkeiten, stark vereinfachte Sachverhalte oder unsichtbare Verzerrungen als wahr zu akzeptieren, was besonders problematisch in demokratischen Gesellschaften ist, in denen informierte Entscheidungsfindung eine zentrale Rolle spielt. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass KI-Slop sich selbst verstärkt und die Informationslandschaft langfristig verunreinigt. Der von Forscherinnen wie Professor Sandra Wachter beschriebene Kreislauf oder die „Rekursion“ besagt, dass von KI erzeugte Inhalte als Trainingsgrundlage für neue KI-Modelle dienen könnten. Dadurch entsteht eine Feedback-Schleife, die die Qualität der Inhalte kontinuierlich verschlechtert. Vergleichbar mit Umweltverschmutzung führt dieses digitale „Müllproblem“ dazu, dass sich minderwertige Informationen exponentiell vermehren und das Gesamtniveau von Online-Inhalten nachhaltig sinkt.
Diese Entwicklung bedroht nicht nur die Dogmen des Journalismus, sondern auch die Integrität von Wissensdatenbanken, offener Diskurse und gemeinschaftlicher Informationssichtbarkeit. Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Plattformen digitales Slop aktiv befeuern oder ihm zumindest wenig entgegenhalten. Social-Media-Dienste wie YouTube, Facebook und Instagram ermöglichen ihren Nutzern immer öfter, mit KI-gestützten Werkzeugen Inhalte zu erzeugen. YouTube etwa führt in jüngster Zeit Funktionen für automatisierte Kurzvideos ein, die vielfach inhaltsarm und repetitiv sind. Die Gefahr besteht darin, dass Follower-Feeds von austauschbaren, KI-generierten Fast-Food-Inhalten überschwemmt werden – vorrangig erstellt, um sichtbare Algorithmen zu bedienen und weniger, um echten Mehrwert zu bieten.
Dieses Phänomen lässt den Nutzenden zunehmend mit einem Gefühl der Fragmentierung und Desillusionierung zurück. Im Vergleich zu klassischen Desinformationskampagnen, die eine gezielte politische oder wirtschaftliche Agenda verfolgen, weist KI-Slop eine schwer fassbare Eigenschaft auf, die ihn besonders tückisch macht: sogenannte „careless speech“ – unachtsam erzeugte Aussagen, die kleinere Fehler, verzerrte Vereinfachungen oder bewusste Verzerrungen enthalten können, ohne dass dahinter eine erkennbare Täuschungsabsicht steht. Diese Form der halbwissenden Kommunikation, die Philosophen mit dem Begriff „Bullshit“ beschrieben haben, ist oft schwer von authentischer Wahrheit zu unterscheiden und fordert die Medienkompetenz der Rezipienten enorm heraus. Die wissenschaftliche Community und technische Entwickler stehen vor der Aufgabe, Lösungen zu erarbeiten, wie die Wahrhaftigkeit von KI-Ausgaben langfristig verbessert werden kann. Ein Vorschlag ist die Einführung eines rechtlichen Rahmens, der Entwickler von Sprachmodellen verpflichtet, Prozesse zur Wahrheitsverbesserung einzubauen.
Das könnte zum Beispiel durch eine verstärkte Einbindung von Fachwissen und Rückkopplungsschleifen mit der Öffentlichkeit gelingen. Auch wenn eine hundertprozentige Fehlerfreiheit unrealistisch ist, wäre es ein Fortschritt, wenn KI künftig so gestaltet wird, dass sie eher verlässlich informiert als unbemerkt irreführt. Der Journalismus selbst sieht sich mit großen Herausforderungen konfrontiert, da die Konkurrenz durch KI-Slop-Webseiten steigt, die oftmals wie herkömmliche Nachrichtenportale auftreten, jedoch keine echte redaktionelle Kontrolle bieten. Diese Seiten füllen ihre Plattformen mit automatisiert erzeugten, oft inhaltsleeren Texten, die meist von anonymen Betreibern gesteuert werden. Viele dieser Angebote existieren nur, um durch Werbung Gewinn zu erzielen.
In einigen Fällen verbreiten sie auch gezielte Falschinformationen oder Propaganda, was die öffentliche Diskussionskultur untergräbt. Besonders stark betroffen sind sogenannte News-Deserts – Regionen, in denen es kaum lokale Nachrichtenberichterstattung gibt. Hier können KI-generierte Inhalte realwirtschaftliche Folgen haben, indem sie die Informationshoheit übernehmen und eine Abwärtsspirale des journalistischen Qualitätsangebots auslösen. Dennoch gibt es auch konstruktive Perspektiven: Lokale Medien könnten KI als Werkzeug nutzen, um ihre Kosten zu reduzieren und den Zugang zu Nachrichten aufrechtzuerhalten, wenn sie verantwortungsvoll mit der Technologie umgehen und nicht ausschließlich auf Geschwindigkeit und Quantität setzen. Manche Fachleute und Unternehmer sehen die Herausforderung pragmatisch.
Sie vergleichen KI-Slop mit Spam in den Anfangstagen der E-Mail-Kommunikation. Damals war es ebenfalls ein unkontrollierbares Problem, das durch technische Filtermethoden und Nutzererziehung eingedämmt werden konnte. Ähnlich könnte es möglich sein, im Laufe der Zeit intelligente Algorithmen und Plattform-Regelungen zu etablieren, die minderwertigen KI-Content aus den Vordergrund drängen und im Idealfall kaum noch Relevanz erlangen lassen. Entscheidend bleiben dabei die Frage nach der richtigen Anreizsetzung und der bewussten Haltung sowohl von technischen Dienstleistern als auch von Medienproduzenten. Die Bekämpfung von KI-generiertem Slop erfordert außerdem ein erhöhtes Bewusstsein und Medienkompetenz bei den Nutzerinnen und Nutzern.
Kriterien wie Quellenkritik, das Bewerten des Informationskontexts und die Skepsis gegenüber scheinbar allwissenden KI-Ausgaben gewinnen an Bedeutung. Bildung und Aufklärung sind Schlüssel, um die Gesellschaft resilienter gegenüber der Flut an inhaltsleerem Schrott zu machen. Aus journalistischer Sicht bleibt eine klare Abgrenzung notwendig. Verlage und Redaktionen müssen ihren Mehrwert in der gründlichen Recherche, der Einordnung und der fundierten Berichterstattung herausstellen. Gerade angesichts der leichten Verfügbarkeit von KI-Technologie ist es wichtig, dass der Journalismus seine Rolle als Wächter der Wahrheit und als gesellschaftlicher Korrektiv bewahrt.