In der Welt der Produktivitäts-Apps unterliegt nichts dauerhaft derselben Form – Innovationen und Nutzerbedürfnisse treiben eine kontinuierliche Entwicklung voran. Für viele Nutzer, die seit Jahren auf Notion setzen, stellt sich die Frage, ob ein Wechsel zu Obsidian sinnvoll sein kann. Immer mehr Stimmen berichten von positiven Erfahrungen mit Obsidian, einer App, die vor allem durch Einfachheit, Flexibilität und eine lokale Dateiablage überzeugt. Bei der komplexen Entscheidung, das etablierte Notion aufzugeben, um sich in Obsidian einzuarbeiten, geht es nicht nur um Funktionen und Kosten, sondern auch um die grundsätzliche Herangehensweise an das eigene Wissensmanagement und die Arbeitsweise. Ein Blick auf die Beweggründe, den Umstieg zu wagen, sowie auf die individuellen Vorteile des neuen Systems hilft, den Durchbruch für den Wechsel zu verstehen und eigene Anpassungen vorzunehmen.
Die Motivation für den Abschied von Notion speist sich häufig aus praktischen und philosophischen Gründen. Einer der zentralen Auslöser kann eine Kostensteigerung sein. Beispielsweise hat sich der Preis für den monatlichen Notion-Plan jüngst um 50 % erhöht, was bei einigen Nutzer*innen ein Nachdenken darüber ausgelöst hat, ob das gebotene Preis-Leistungs-Verhältnis noch stimmt. Darüber hinaus ist die Integration von Künstlicher Intelligenz in Notion in den letzten Jahren immer offensichtlicher geworden. Während manche Nutzer die KI-Features als Bereicherung empfinden, empfanden einige andere diese Entwicklung als störend.
Für sie steht das eigentliche Ziel des Systems – das gedankliche Ordnen und Verwalten eigener Inhalte – im Widerspruch zu einem „Denken-für-mich“-Tool, das mit verspielten Effekten und einem animierten Maskottchen aufdringlich wirkt. Dieses Gefühl, eher die Nutzung anderer KI-Anwendungen mitzufinanzieren als echten Mehrwert für sich selbst zu erhalten, sorgt nicht selten für eine kritische Neubewertung. Im Gegensatz dazu bietet Obsidian durch seine vollkommen lokale Datenhaltung und sein minimalistisches Grundkonzept einen Gegenentwurf zum umfangreichen Block-basierten Editor von Notion. Die Kosten dafür sind transparenter und oft geringer, insbesondere wenn man sich auf das Angebot der Vault-Synchronisation beschränkt. Dazu kommt der Vorteil, dass die Inhalte auf dem eigenen Rechner liegen und als simple Markdown-Dateien jederzeit zugänglich und portierbar sind.
Dies ist ein großer Pluspunkt in Hinsicht auf Datensicherheit, Langzeitarchivierung und flexible Weiterverwendung der Notizen. Die Einrichtung von Obsidian wirkt auf den ersten Blick minimalistisch und vielleicht sogar karg. Viele Personen haben schon mehrfach versucht, dauerhaft den Umstieg zu realisieren, waren aber von der anfänglichen Hürde oder dem fehlenden Komfort entmutigt. Doch hat die umfangreiche Plugin-Szene rund um Obsidian eine enorme Entwicklung durchgemacht. Eine handverlesene Kombination an Erweiterungen ermöglicht es, das Grundgerüst mit individuellen Anpassungen zu einem persönlichen, komfortabel nutzbaren Arbeitsraum weiterzuentwickeln.
Besonders inspirierend zeigt dies ein Beispiel von Tyler Sticka, dessen Setup zahlreiche praktische Plugins integriert und so aus der „brutalistischen Natur“ von Obsidian eine gemütliche, persönliche Schreibtischatmosphäre schafft. Die Auswahl der Plugins sollte dabei gut überlegt sein, denn sie lassen sich grob in drei große Kategorien einteilen: optische Themes, Erweiterungen für den Editor und Werkzeuge für den produktiven Workflow. Die optischen Anpassungen erlauben es, die teilweise nüchterne Darstellung von Obsidian an eigene Vorlieben anzupassen, Farben, Icons und Layouts zu verändern und so eine angenehme Umgebung zu schaffen, die die tägliche Arbeit erleichtert. Editor-Erweiterungen bringen Funktionen wie drag-and-drop Tabellen, Vorschauen für Linkinhalte oder Korrekturhilfen für den Schreibstil. Der Bereich Prozessoptimierung umfasst vor allem Organisations-Tools, Kanban-Boards, Task-Management und spezielle Unterstützungen für lange Textprojekte.
Eine fundamentale Änderung gegenüber Notion ist die Arbeitsweise mit einem flachen Verzeichnisbaum von Markdown-Dateien anstelle einer tief verschachtelten Datenbankstruktur. Die gewohnte PARA-Methode (Projects, Areas, Resources, Archives), die in Notion mit Tabellen und Datenbanken gut umgesetzt wurde, lässt sich hier nur bedingt abbilden. Stattdessen empfiehlt sich eine angepasste Herangehensweise, wie die Trennung in Inputs, Outputs und Tasks. Inputs sind rohe Inhalte, Ideen und Informationen, die noch keine endgültige Form haben, zum Beispiel Zitate, Buchnotizen oder Links. Outputs dagegen sind verarbeitete Ergebnisse, wie Blogartikel, Geschichten oder Projektfortschritte, die publiziert oder anderweitig genutzt werden sollen.
Tasks stehen für konkrete, erreichbare Arbeitseinheiten, die aus Outputs und Projekten hervorgehen und mit klar formulierten Aufgaben die Umsetzung unterstützen. Der Fokus liegt dabei auf handhabbaren Schritte, nicht auf großen, vagen Absichten. In Obsidian kann man Tasks direkt innerhalb von Projektdateien mit einfacher Markdown-Syntax anlegen und dann mit dem Plugin Dataview einen Überblick über alle offenen Aufgaben schaffen. Diese Abfragesprache erlaubt es, individuell anzupassen, welche To-Dos angezeigt werden, beispielweise alle nicht abgeschlossenen oder nur die, die nicht archiviert oder als „tot“ markiert sind. So entsteht eine effiziente und individuelle Übersicht, die das Kanban-Board aus Notion zwar nicht vollständig ersetzt, aber in Kombination mit Plugins wie „Projects“ oder „Longform“ übersichtlich darstellt.
Das Verwalten von umfangreichen Textprojekten gelingt mit Longform besonders gut, da es Funktionen für die Gliederung, Umstrukturierung und Zusammenführung längerer Manuskripte bietet, die sonst in Markdown-Editoren schwer umzusetzen sind. Schreibprozesse werden so klarer, während die Lockerheit von Markdown erhalten bleibt. Ergänzt wird das mit dem „Write Good“-Plugin, das als eingebauter Stil- und Grammatikprüfer wirkt. Es fördert aktivere und präzisere Sprache und hilft, überflüssige Füllwörter zu meiden. Dies macht die Textarbeit professioneller, ohne den Schreibfluss zu behindern.
Obwohl Obsidian viele Vorteile mitbringt, ist die Nutzung nicht völlig frei von Mankos. Das Umschalten zwischen Lesemodus und Bearbeitungsmodus ist für viele Nutzer ein Stolperstein, denn die App zeigt manchmal uneinheitliches Verhalten und fühlt sich unelegant an. Das Resultat sind kleinere Frustrationen, weil der Arbeitsfluss durch ein hölzernes Interfacegefühl gestört wird. Hier besteht noch Optimierungspotenzial, das die Entwickler bereits erkannt haben. Auch die Plugin-Schnittstellen und das Design könnten von einem einheitlicheren Erscheinungsbild und mehr Nutzerfreundlichkeit profitieren.
Eine positive Überraschung liefert hingegen die Mobile-App von Obsidian, die trotz der vielen JavaScript-basierten Erweiterungen sehr performant und stabil läuft. Im Vergleich zur notorisch langsamen Notion-App auf mobilen Endgeräten zeigt sich hier ein großer Unterschied in der Geschwindigkeit und Benutzererfahrung. Das macht die Nutzung unterwegs und für spontane Notizen angenehm und intuitiv. Ein wesentlicher Vorteil, den viele erfahrene Nutzer hervorheben, liegt im Umgang mit den reinen Markdown-Dateien. Diese einfache, offene Struktur ist zukunftssicher und gibt volle Kontrolle über die eigenen Inhalte, unabhängig von proprietärer Software.
Der Eindruck, in Notion zu viele komplexe Datenbankstrukturen aufgebaut zu haben, die eher eine Last darstellen als Erleichterung, ist nachvollziehbar. Obsidian zwingt zur Rückkehr zu Einfachheit und Klarheit, was für viele die beste Basis für kreatives und konzentriertes Arbeiten ist. Der Wechsel von Notion zu Obsidian ist somit nicht nur ein technischer Vorgang, sondern auch eine Reise in die eigene Arbeitsweise, die Bedürfnisse und das persönliche Organisationsverständnis. Nutzer sollten sich bewusst sein, dass es kein Patentrezept gibt. Produktivitätswerkzeuge sind individuell und sollten an den eigenen Stil, das eigene Tempo und die eigenen Ziele angepasst werden.
Jeder Geist tickt anders, und genau das macht die Wahl der idealen Software so spannend. Das Fazit lautet, dass Obsidian für diejenigen attraktiv ist, die Wert auf lokale Datenhaltung, transparente Kostenstruktur und ein hohes Maß an Anpassbarkeit legen. Die Community rund um Obsidian wächst stetig, was sich in einem reichhaltigen Plugin-Angebot und einem lebendigen Wissensaustausch niederschlägt. Wer technikaffin ist und Freude am Einrichten sowie Optimieren hat, wird beim Umstieg viel gewinnen. Trotz kleinerer technische Kinderkrankheiten glänzt Obsidian mit einem klaren, offenem Konzept, das langfristig nachhaltige digitale Organisation ermöglicht.
Die abschließende Weisheit besagt, dass ein Werkzeug niemals die eigentliche Arbeit abnimmt, sondern eine Chance in den Händen des Nutzers darstellt. Der Wechsel von Notion zu Obsidian ist somit ein bewusster Schritt zu mehr Selbstbestimmung, minimalistischem Design und professioneller Notizverwaltung. Mit Mut zum Tüfteln und der Bereitschaft, sich auf neue Arbeitsweisen einzulassen, kann dieser Schritt zu einem echten Gewinn in der digitalen Produktivität werden.