Der Börsengang von Circle, dem Unternehmen hinter einer der größten Stablecoins weltweit, war für viele Marktbeobachter ein bedeutender Meilenstein in der Krypto-Branche. Mit dem öffentlichen Debüt am 5. Juni 2025 an der New Yorker Börse (NYSE) setzte Circle ein starkes Zeichen für die zunehmende Verzahnung von Kryptowährungen und traditionellen Finanzmärkten. Doch nicht alle Teilnehmer aus der Krypto-Community feiern diesen Schritt. Jeff Dorman, Chief Investment Officer des Krypto-Investmentunternehmens Arca, äußerte in einem offenen, mit Fäkalsprache gespickten Brief scharfe Kritik am Umgang Circles mit seinem Unternehmen im Rahmen des IPO-Anteils.
Arca gehört zu den frühesten Unterstützern von Circle im Bereich digitaler Vermögenswerte. Dorman betonte, dass sein Unternehmen bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein Angebot zur Teilnahme am IPO von Circle abgegeben hatte. Doch zu seiner großen Enttäuschung erhielt Arca lediglich eine äußerst geringe Zuteilung von 135.000 US-Dollar – und das bei einem eingereichten Ordervolumen von 10 Millionen US-Dollar. Dieses Vorgehen wertete Dorman als eine respektlose und unangemessene Behandlung gegenüber einem der ursprünglichen Unterstützer Circles.
Die Schärfe der Kritik spiegelt die Spannungen innerhalb der Krypto-Branche wider. Dorman schrieb, dass Arca über Jahre hinweg eine enge Partnerschaft mit Circle pflegte und sogar Gerüchte über voraussichtliche Verzögerungen des Börsengangs angesichts der angespannten globalen Wirtschaftslage trotzte. Für ihn ist die geringe Allokation eine Verletzung des Vertrauens und ein erbärmliches Zeichen für das Geschäftsgebaren von Circle und dessen Führung. Auch die Tatsache, dass Arca, ein Unternehmen, das sich lange von den traditionellen Finanzmärkten bewusst distanziert hat, nun von Circle so behandelt wird, bezeichnete Dorman als ironisch. Die Reaktion von Dorman ist keine bloße Beschwerde, sondern mündete in die Ankündigung, sämtliche Konten von Arca bei Circle aufzulösen und andere Unternehmen vor einer Zusammenarbeit mit Circle zu warnen.
Diese deutliche Haltung unterstreicht die Brisanz der Auseinandersetzung und verweist auf mögliche zukünftige Spannungen zwischen Krypto-Investmentfirmen und den zunehmend institutionalisierten Emittenten von Stablecoins. Dieser Vorfall verdeutlicht gleichzeitig die Herausforderungen, denen sich Unternehmen aus der Blockchain- und Kryptobranche stellen müssen, wenn sie den Schritt in die traditionelle Finanzwelt wagen. Circle, das Unternehmen hinter USDC, der zweitgrößten Stablecoin nach Marktkapitalisierung, verfügt über hohe strategische Ambitionen. Mit mehreren Erhöhungen des Ziels für den Börsengang – von zunächst 24 Millionen bis zu schließlich 34 Millionen Aktien – hatte Circle ein klares Zeichen gesetzt, dass es sich als ernstzunehmender Akteur am traditionellen Kapitalmarkt positionieren möchte. Die anfängliche Kursentwicklung der Circle-Aktie an der NYSE, die mit einem Anstieg von über 200 % startete, zeigte die hohe Nachfrage und das Interesse professioneller Investoren.
Unter anderem sorgte die Ankündigung, dass BlackRock eine Position von zehn Prozent am IPO halten könnte, für zusätzlichen Schwung und brachte das Vertrauen großer institutioneller Investoren zum Ausdruck. Doch trotz dieser Fortschritte zeigen die Kontroversen um die Zuteilungen bei IPOs, wie fragil die Beziehung zwischen Krypto-Pionieren und den etablierten Strukturen tradierter Finanzmärkte ist. Viele in der Kryptowelt lehnten lange Zeit das traditionelle Finanzsystem ab, doch um Wachstum und Liquidität zu erzielen, ist ein gewisses Maß an Integration notwendig. Der Fall Circle gegen Arca illustriert die Zwiespältigkeit dieses Wandels. Die Geschichte des offenen Briefs von Jeff Dorman ist auch ein Spiegelbild des kulturellen Konflikts zwischen den sogenannten Krypto-Natives – Unternehmer und Investoren, die von Anfang an im Blockchain-Bereich aktiv waren – und den TradFi-Akteuren (traditionelle Finanzinstitutionen).
Dorman bezeichnete in seinem Text die Führung von Circle als "TradFi-Clowns" und spielte damit auf die vermeintliche Arroganz und Intransparenz an, die manche Krypto-Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit etablierten Finanzakteuren vermuten. Diese Auseinandersetzung ist jedoch mehr als eine persönliche Kränkung oder Eitelkeitsprobe: Sie wirft Fragen auf, wie zukünftige IPOs für Krypto-Unternehmen gestaltet werden sollten, um die Interessen der bestehenden Blockchain-Community angemessen zu berücksichtigen. Transparenz, angemessene Allokationen und faire Behandlung von frühen Unterstützern könnten entscheidende Faktoren sein, wenn die Branche im Mainstream Vertrauen aufbauen möchte. Darüber hinaus ist Circles IPO ein wichtiger Moment für die Stablecoin-Branche insgesamt. Stablecoins sind seit jeher eine Schnittstelle zwischen traditionellen Finanzmärkten und der dezentralisierten Welt der Kryptowährungen.
Sie spielen eine zentrale Rolle als Brückenwährungen innerhalb von Handelsplattformen, DeFi-Protokollen und als potenzielle Katalysatoren für eine breitere Akzeptanz digitaler Vermögenswerte. Der Erfolg oder Misserfolg eines so prominent platzierten Börsengangs wie dem von Circle könnte daher wegweisend für regulatorische Entwicklungen, Markttrends und die Investitionsbereitschaft sein. Im Kontext der aktuellen makroökonomischen Lage, die durch Handelsspannungen, Inflation und geopolitische Unsicherheiten gekennzeichnet ist, stehen IPOs wie der von Circle vor zusätzlichen Herausforderungen. Die Zunahme der angebotenen Aktienzahl und der ambitionierte Finanzierungsplan zeigen, dass Circle trotz dieser Unwägbarkeiten zuversichtlich ist, im Wettbewerb bestehen zu können. Aus Marketingsicht und zur Stärkung der Zukunftschancen von Kryptowährungen ist es wichtig, dass Unternehmen wie Circle Vertrauen und Glaubwürdigkeit nicht nur bei großen institutionellen Investoren, sondern auch innerhalb der Krypto-Community aufbauen.