Der Kurzfilm Why Man Creates aus dem Jahr 1968 ist ein außergewöhnliches Werk, das von Saul Bass, einem renommierten Grafikdesigner und Filmemacher, konzipiert und produziert wurde. Der Film beschäftigt sich mit einem fundamentalen Aspekt der menschlichen Natur – der Kreativität. Trotz seines Alters hat Why Man Creates bis heute nichts von seiner Faszination und Bedeutung eingebüßt. Im Gegenteil, gerade in Zeiten sich rasant verändernder Technologien und ständig neuer Herausforderungen gewinnt das Thema der schöpferischen Kraft des Menschen zunehmend an Relevanz. Der Film gliedert sich in mehrere Abschnitte, die von der Entstehung der menschlichen Kreativität über deren Bedeutung in verschiedenen Kontexten bis hin zu den Hindernissen, die ihr im Weg stehen, führen.
Dabei verfolgt Why Man Creates keine streng lineare Erzählweise, sondern bewegt sich assoziativ durch unterschiedlichste Beispiele aus Kunst, Wissenschaft, Geschichte und Alltag. Die zentrale Frage, die Why Man Creates stellt, ist die nach dem Motiv hinter dem schöpferischen Handeln des Menschen. Was bringt ihn dazu, Neues zu schaffen, Grenzen zu überschreiten und mit seiner Vorstellungskraft zu experimentieren? In seinem Film zeigt Bass, dass Kreativität weit über das bloße Erfinden oder die Kunst hinausgeht. Sie ist ein grundlegender Impuls, der tief in unserer Psyche verwurzelt ist und unser ganzes Leben prägt. Ein bemerkenswerter Teil des Films widmet sich der Geschichte der Menschheit und illustriert, wie kreative Durchbrüche oft in Zeiten großer Herausforderungen entstehen.
Beispielsweise wird dargestellt, wie frühe Werkzeuge das Überleben sicherten und damit die Grundlage für komplexere kulturelle Entwicklungen gelegt wurde. Ebenso wird gezeigt, wie Erfindungen im Zeitalter der Industrialisierung und die Innovationskraft im wissenschaftlichen Bereich maßgeblich die Gesellschaft formten. Why Man Creates zeigt aber auch die Schattenseiten der Kreativität nicht aus. Es wird thematisiert, dass schöpferische Energien manchmal fehlgeleitet werden können und obendrein auch Ängste vor Neuem oder Machtinteressen die freie Entfaltung behindern können. Der Film illustriert dies anhand von Szenen, die Künstlervisionen mit Zensur, Widerstand oder Missverständnissen konfrontieren.
Ein weiterer wegweisender Ansatz des Films ist die Verbindung von Kreativität mit dem individuellen Selbstverständnis. Kreatives Schaffen ist nicht einfach ein Mittel zum Zweck, sondern auch eine Form der Selbstverwirklichung und Kommunikation. Warum zieht es Menschen zum Gestalten, obwohl der Prozess oft mit Mühen, Zweifeln und Unsicherheiten verbunden ist? Warum schaffen wir trotz des Risikos des Scheiterns weiter? Bass vermittelt, dass die Antwort in einem inneren Drang liegt, die Welt zu verändern und gleichzeitig sich selbst besser zu verstehen. Die kreative Leistung wird dabei als ein dynamischer Prozess dargestellt, der über reine Ideenfindung hinausgeht. Es geht um Ausprobieren, Scheitern, Lernen und stetige Weiterentwicklung.
Der Film vermittelt auf anschauliche Weise, dass Kreativität nicht nur etwas für Genie oder ausgesuchte Persönlichkeiten ist, sondern ein zutiefst menschlicher Impuls. Was Why Man Creates so zeitlos macht, ist die künstlerische Umsetzung. Der Film kombiniert verschiedene visuelle Stile – von animierten Sequenzen bis zu realen Archivaufnahmen – und schafft dadurch eine lebendige und abwechslungsreiche Erfahrung. Der prägnante Einsatz von Musik und Soundeffekten unterstützt die emotionale Wirkung und verstärkt die Botschaft. Die Gestaltung spiegelt den Geist der 1960er Jahre wider, eine Zeit, in der gesellschaftlicher Wandel und Experimentierfreude einen Höhepunkt erreichten.
Heute, mehr als fünf Jahrzehnte nach seiner Entstehung, hat Why Man Creates nichts von seiner Aktualität verloren. In einer Welt, die von Digitalisierung, Automatisierung und globalen Umwälzungen geprägt ist, bleibt die Frage, warum der Mensch erschafft, höchst relevant. Kreativität ist zur Schlüsselressource geworden, um neue Lösungen für komplexe Probleme zu finden und sich ständig verändernden Anforderungen zu stellen. Unternehmen, Künstler und Wissenschaftler können aus den Impulsen des Films lernen, wie wichtig es ist, kreative Freiräume zu fördern und experimentelle Denkansätze zuzulassen. Bass' Werk erinnert daran, dass Kreativität nicht nur Resultat individueller Begabung ist, sondern auch ein Prozess, der durch Umgebung und Zusammenarbeit geformt wird.