Louise Brown ist eine der herausragendsten Persönlichkeiten der modernen medizinischen Geschichte, da sie als erstes Kind geboren wurde, das durch In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt wurde. Ihre Geburt markierte einen Meilenstein, der die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin revolutionierte und weltweit Hoffnungen für Paare weckte, die mit Unfruchtbarkeit zu kämpfen hatten. Geboren am 25. Juli 1978 in Oldham, England, eröffnete Louise Browns Leben eine völlig neue Ära der Familienplanung und Wissenschaft. Die Geschichte von Louise Brown beginnt mit dem langwierigen Kinderwunsch ihrer Eltern, Lesley und John Brown.
Das Paar hatte neun Jahre lang vergeblich versucht, auf natürlichem Weg ein Kind zu bekommen. Lesley Brown litt unter verklebten Eileitern, eine Krankheit, die eine natürliche Befruchtung erschwert oder unmöglich macht. Dank der innovativen Arbeit des Wissenschaftlers Robert Edwards, des Gynäkologen Patrick Steptoe und der Schwester Jean Purdy wurde erstmals die Möglichkeit genutzt, eine Eizelle außerhalb des Körpers zu befruchten – im Labor in einer Petrischale. Am 10. November 1977 unterzog sich Lesley Brown dem bahnbrechenden IVF-Verfahren.
Dabei wurde eine reife Eizelle entnommen und im Reagenzglas mit dem Samen von John Brown zusammengebracht. Die Zellteilung des Embryos konnten die Wissenschaftler live verfolgen, wobei Jean Purdy als erste die embryonalen Zellen wachsen sah. Die befruchtete Eizelle wurde dann in Lesleys Gebärmutter eingesetzt, und Monate später wurde Louise Brown per geplanter Kaiserschnitt geboren. Ihr Geburtsgewicht lag bei 5 Pfund und 12 Unzen, was etwa 2,6 Kilogramm entspricht. Die Geburt von Louise Brown war nicht nur ein medizinischer Erfolg, sondern sorgte auch weltweit für großes Aufsehen.
Sie wurde oft als „Retortenbaby“ oder „Testtube Baby“ tituliert, wobei letzterer Begriff technisch nicht zutreffend ist, da die Befruchtung nicht in einem Reagenzglas, sondern einer Petrischale stattfand. Die Medien und Gesellschaft reagierten gemischt: Während viele das Verfahren als „Wunder der Medizin“ feierten, gab es auch ethische und religiöse Diskussionen. Skeptiker warnten vor möglichen Risiken und einer „Kommerzialisierung“ der menschlichen Fortpflanzung. Trotz aller Bedenken erwies sich Louise Brown gesund und entwickelte sich normal. Ihr Leben zeigte, dass das Verfahren keine negativen Auswirkungen auf Babys hat, wie Kritiker vorher befürchtet hatten.
1982 wurde ihre jüngere Schwester Natalie geboren, ebenfalls durch IVF gezeugt, und sie wurde bekanntlich die erste von IVF gezeugte Person, die selbst auf natürlichem Weg Mutter wurde. Dies bestätigte die langfristige Sicherheit und Realitätstauglichkeit der Reproduktionsmethode. Louise Brown trat in den folgenden Jahren gelegentlich als Sprecherin und Botschafterin für die IVF-Community auf. Ihr persönliches Leben verlief weitgehend normal; 2004 heiratete sie Wesley Mullinder und bekam zwei Kinder, die ohne medizinische Eingriffe natürlich gezeugt wurden. Diese Fakten entkräfteten weiterhin viele Vorurteile über künstlich gezeugte Kinder und zeigten, dass IVF-Kinder ebenso gesund und normal wie andere Heranwachsen.
Die Entstehung von IVF stellte einen medizinischen Meilenstein des 20. Jahrhunderts dar und beeinflusste sowohl die medizinische Technik als auch gesellschaftliche Einstellung zur Kinderwunschbehandlung entscheidend. Robert Edwards erhielt 2010 den Nobelpreis für Medizin für seine Pionierarbeit. Die Rolle von Jean Purdy, die wichtige Schritte in der Embryokultur entwickelte, wurde lange Zeit weniger beachtet, bekam aber später entsprechende Anerkennung. Das Royal Oldham Hospital würdigte zudem 2022 den Beitrag von Schwester Muriel Harris, die das Team unterstützte.
Ethik und Religion spielten eine große Rolle bei der gesellschaftlichen Debatte um die IVF-Technik. Kurz nach Louises Geburt äußerte sich der damals Patriarch von Venedig, Albino Luciani, der später als Papst Johannes Paul I. bekannt wurde. Obwohl er die Ängste hinsichtlich möglicher Ausbeutung von Frauen als „Gebärmaschinen“ formulierte, verurteilte er die Browns nicht, wohl wissend, wie tief ihr Wunsch nach einem Kind war. Solche Positionen spiegeln die damals noch fehlende allgemeine Akzeptanz und das Neuartige des Verfahrens wider.
Heute ist die In-vitro-Fertilisation eine etablierte Methode, die Millionen von Paaren weltweit hilft. Die Technologie hat sich weiterentwickelt, um höhere Erfolgschancen und Sicherheit zu gewährleisten. Louise Browns Geburt blieb und bleibt dabei ein Synonym für Hoffnung, medizinischen Fortschritt und die Überwindung von Unfruchtbarkeit. Ihre Biographie, veröffentlicht zusammen mit Martin Powell im Jahr 2015, gewährt intime Einblicke in ihr Leben als „erstes Testtube-Baby“. Darin beschreibt sie die Herausforderungen, die mit ihrem Status einhergingen, aber auch Freude und Normalität in ihrem Alltag.