Bitcoin gilt seit seiner Einführung 2009 als digitales Gold mit einer festen Gesamtmenge von 21 Millionen Coins. Trotz dieser Begrenzung ist Bitcoin eigentlich kein deflationäres Asset, denn täglich werden neue Coins durch den Mining-Prozess geschaffen, wodurch sich das Gesamtangebot langsam erhöht. Anders als bei echten deflationären Vermögenswerten, bei denen die Gesamtmenge mit der Zeit abnimmt, gibt es bei Bitcoin keine Zerstörung von Coins im Hauptprotokoll. Die jüngsten Entwicklungen rund um den US-amerikanischen Technologie- und Big-Data-Unternehmer Michael Saylor und sein Unternehmen Strategy (ehemals MicroStrategy) setzen diese Dynamik nun jedoch entscheidend außer Kraft und führen dazu, dass Bitcoin für die ersten Male in seiner Geschichte tatsächlich deflationär wirkt. Laut Aussagen von Ki Young Ju, CEO der auf Krypto-Daten spezialisierten Plattform CryptoQuant, hat diese Massengewinnung von BTC bei Strategy das Angebot auf dem freien Markt sichtbar reduziert.
Strategy kauft Bitcoin so aggressiv, dass das tägliche Kaufvolumen die durch Miner geschaffenen Neumünzen übersteigt, was zu einer Verringerung der tatsächlich handelbaren Menge führt – ein klassisches Kennzeichen einer deflationären Situation. Die Organisation hält aktuell über 555.000 Bitcoin und hat damit etwa 2,23 Prozent der Gesamtmenge aus dem Umlauf genommen, was eine anerkannte Deflationsrate im Bitcoin-Ökosystem bewirkt. Diese Bitcoin sind fest „eingeschlossen“ und nicht für den Verkauf vorgesehen, wodurch die liquidierbare Angebotsmenge schrumpft und eine Verknappung eintritt, die zu steigenden Preisen führen kann. Die Anfänge dieser Strategie datieren zurück in den September 2020, als das Unternehmen noch MicroStrategy hieß und Bitcoin bei rund 10.
000 US-Dollar lag. Trotz schwankender Kurse, Börsencrashs und anderen Unsicherheiten hielt das Unternehmen unbeirrt an seiner Ankaufsstategie fest und baute seine Bestände stetig aus. Die Beharrlichkeit zahlte sich aus, als Bitcoin in 2021 kurz vor die 70.000-Dollar-Marke stieg. Auch die Rücksetzer in Folge des FTX-Crashes oder anderer Marktverwerfungen führten nicht zu einem Umschwenken – im Gegenteil, Strategy erhöhte weiter seine BTC-Holdings.
Diese Ausdauer und das klare Bekenntnis zum langfristigen Halten der Coins macht Strategy zu einem Zentralakteur auf dem Bitcoin-Markt. Es ist bemerkenswert, dass der tägliche Bitcoin-Ertrag der Miner im Durchschnitt bei etwa 450 BTC liegt, während Strategy täglich mehr als 2.000 BTC kauft. Die Dynamik erinnert damit an eine künstliche Halbierung des Angebots, da ein Großteil der frisch geminten Coins direkt abgekauft wird und nicht in Umlauf gelangt. Adam Livingston, ein bekannter Bitcoin-Autor, beschreibt diese Entwicklung als „synthetische Halbierung“, bei der Strategy den Zugang zu Bitcoin so stark verknappt, dass der Coin für gewöhnliche Investoren und kleinere Marktteilnehmer seltener und teurer wird.
Das hat das Potenzial, die Liquidität zu reduzieren und den Wert zu steigern, denn wenn die verfügbare Menge sinkt, steigt der Preis üblicherweise unter Annahme konstanter oder wachsender Nachfrage. Die Folgen dieser Beschaffungsstrategie können weitreichend sein: Kreditvergabe gegen Bitcoin wird teurer, das Ausleihen von Bitcoins könnte zu einer exklusiven Tätigkeit für große Unternehmen oder gar Staaten werden, da kleinere Akteure vom Markt gedrängt werden könnten. Gleichzeitig kontrolliert Strategy mit diesen BTC-Beständen eine Schlüsselressource innerhalb des Bitcoin-Ökosystems, was ihnen eine außergewöhnliche Marktmacht verschafft. Trotz der klaren Chancen sind nicht alle großen Player im Kryptowährungssektor diesen Weg gegangen. So gab es bei Coinbase, einer der größten und bekanntesten Krypto-Börsen, mehrfach Überlegungen, einen Teil ihres Bilanzvermögens ähnlich wie Strategy massiv in Bitcoin zu investieren.
Nach internen Bewertungen entschied sich die Führung um CEO Brian Armstrong jedoch gegen eine derart aggressive Bitcoin-Ankaufsstrategie, um Risiken zu begrenzen und die Liquidität des Unternehmens zu schützen. Coinbase investierte im ersten Quartal 2025 zwar rund 153 Millionen US-Dollar in verschiedene Kryptowährungen, darunter vor allem Bitcoin, besitzt allerdings mit knapp 9.500 BTC nur einen Bruchteil von Strategy’s 555.000 Coins. Das zurückhaltende Vorgehen zeigt, dass trotz des überzeugenden Potenzials eines solchen Kaufprogramms auch Unterschiede in den Unternehmensstrategien und Risikobewertungen existieren.
Die Tatsache, dass sich das Gesamtangebot des marktfähigen Bitcoins durch dieses exzessive Akkumulieren wirkungsvoll verringert, ist eine bedeutende und neuartige Entwicklung. Die ursprünglich als fest definierte Angebotskurve für die kommenden Jahrzehnte angesehen wurde, erfährt durch das Verhalten institutioneller Großinvestoren eine Verschiebung. Die Verknappung erzeugt eine temporäre Deflation, die in den kommenden Jahren die Wirtschafts- und Finanzlandschaft rund um digitalen Werttransfers beeinflussen wird. Aus Sicht von Investoren ist dieses Szenario spannend, da deflationäre Vermögenswerte dazu neigen, ihren Wert mit der Zeit und bei anhaltender Nachfrage zu erhöhen. Institutionalisiertes Bitcoin-Halten durch Unternehmen wie Strategy könnte zum Treiber eines neuen Bullenmarktes werden, da der freie Markt weniger Coins zum Handel bereitstellt.
Jedoch bergen solche Machtkonzentrationen auch Risiken, beispielsweise wenn einzelne Akteure das Angebot kontrollieren und Preismechanismen manipulieren könnten. Das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage im Bitcoin-Ökosystem wird durch Strategys Strategie entscheidend beeinflusst. Die Folge ist eine fundamentale Änderung im Bitcoin-Markt, die weit über kurzfristige Kursbewegungen hinausgeht. Für Anleger, Unternehmen und Regulatoren bedeutet das, dass der Bitcoin künftig nicht nur als digitales Gold, sondern auch als knappes, deflationäres Asset wahrgenommen werden könnte. Ob diese Verknappung zur nachhaltigen Wertsteigerung führt oder den Markt in eine neue Phase der Unsicherheit und Volatilität katapultiert, bleibt von der weiteren Entwicklung institutioneller Nachfragestrukturen und regulatorischer Rahmenbedingungen abhängig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Strategy mit seinem massiven Bitcoin-Kaufprogramm eine neue Ära in der Geschichte von Bitcoin einläutet. Durch das Übersteigen der Miner-Neuerschaffung und das Entziehen von Coins aus dem Handelsumfeld schafft das Unternehmen synthetisch ein Szenario, das sonst nur durch die Halbierungen im Mining-Reward erzeugt wird. Dieses Phänomen der Deflationalität bei Bitcoin stellt ein bedeutendes wirtschaftliches Experiment dar und wird die Entwicklung des Marktes, die Preisgestaltung sowie die Zugänglichkeit zu Bitcoin langfristig prägen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie andere Marktteilnehmer auf diesen Wandel reagieren und inwieweit das Bitcoin-Angebot weiterhin dynamisch durch institutionelle Akteure beeinflusst wird.