Die Vereinigten Staaten galten jahrzehntelang als einer der führenden Standorte für wissenschaftliche Konferenzen und internationale Forschungstreffen. Forscher aus aller Welt kamen zusammen, um sich auszutauschen, Kooperationen zu knüpfen und die neuesten Erkenntnisse zu teilen. Doch in den letzten Jahren zeichnet sich ein deutlicher Wandel ab. Aus Angst vor den verschärften Einreisekontrollen und der strengen Immigrationspolitik der USA entscheiden sich immer mehr Organisatoren und Wissenschaftler gegen amerikanische Ziele für wissenschaftliche Veranstaltungen. Wissenschaftliche Konferenzen werden verschoben, abgesagt oder gleich in andere Länder verlegt.
Diese Entwicklung wirft weitreichende Fragen für die Zukunft der globalen Forschung auf. Die Ursachen für das Abwandern der Konferenzen sind vielschichtig. Im Kern stehen die politischen Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen an den US-Grenzen. Insbesondere Forschende aus Asien, dem Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika sehen sich mit langwierigen Visa-Antragsprozessen, Unsicherheiten bei der Einreise und der Sorge konfrontiert, an Grenzkontrollen in unangenehmer Weise festgehalten, befragt oder gar abgewiesen zu werden. Diese Befürchtungen sind nicht unbegründet, da es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Berichten über rigorose Kontrollen, stundenlanges Warten und sogar zeitweise Zurückweisungen von Wissenschaftlern an Flughäfen kam.
Die politischen Rahmenbedingungen haben sich seit etwa Mitte der 2010er Jahre verschärft. Verschiedene Maßnahmen zur „Sicherheitsverstärkung“ wurden eingeführt, darunter mehrstufige Befragungen, erweiterte Hintergrundprüfungen und eine paradoxe Kombination aus rigoroser Kontrolle und unklaren, sich häufig ändernden Visa-Richtlinien. Für internationale Wissenschaftler sind die Folgen gravierend. Neben der Verzögerung oder Verweigerung von Einreisen entsteht ein Klima des Misstrauens und der Unsicherheit, das sich negativ auf die Bereitschaft zur Teilnahme an US-Veranstaltungen auswirkt. Wissenschaftskonferenzen, die traditionell darauf angewiesen sind, globale Expertise und diverse Perspektiven zusammenzubringen, verlieren zunehmend an Anziehungskraft, wenn ein großer Teil potenzieller Teilnehmer sich zurückzieht oder absagt.
Die organisatorischen Auswirkungen auf Veranstalter und Institutionen sind erheblich. Mehrere namhafte Kongresse und Workshops in den USA wurden entweder abgesagt oder an andere Standorte verlagert. Europa, insbesondere Deutschland, die Schweiz, Kanada und asiatische Länder wie Japan und Südkorea profitieren von diesem Trend und konnten ihre Position als Gastgeber von internationalen Konferenzen stärken. Für die USA bedeutet diese Entwicklung einen herben Verlust an wissenschaftlicher Sichtbarkeit, an Netzwerkmöglichkeiten und an Innovationskraft. Der wissenschaftliche Fortschritt lebt von internationalen Kooperationen und einem offenen Austausch von Wissen.
Wenn Forscher zögern oder gar verhinderten werden, an US-Konferenzen teilzunehmen, leidet das Innovationsklima, und die wissenschaftliche Gemeinschaft wird fragmentierter. Zudem steht die Amerika als Wissenschaftsstandort zunehmend unter Wettbewerbsdruck durch andere Länder, die sich durch offene Einwanderungs- und Forschungspolitiken als attraktive Alternativen positionieren. Die Dezentralisierung der Konferenzen wirkt sich auch auf den Transfer von Technologien und die Gründung internationaler Forschungsprojekte aus. Eine weitere Folge sind finanzielle Einbußen für die US-Wissenschaftsbranche, denn Kongresse generieren erhebliche Umsätze durch Teilnehmerbeiträge, Sponsoring und lokalen Tourismus. Experten warnen, dass die USA, wenn die derzeitige Politik fortgeführt wird, langfristig nicht nur als Gastgeberkonferenzmarkt, sondern insgesamt als attraktiver Wissenschaftsstandort verlieren könnten.
Die wissenschaftliche Community reagiert mit vielfältigen Initiativen, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Einige Konferenzveranstalter versuchen, hybride Modelle anzubieten, bei denen eine Teilnahme online ermöglicht wird, um den Zugang zu erleichtern. Andere intensivieren die Zusammenarbeit mit Gastgeberländern außerhalb der USA, um möglichst viele Teilnehmer einzubinden. Gleichzeitig wächst der Druck auf politische Entscheidungsträger, Einreisehürden zu senken und Visa-Anträge zu erleichtern, insbesondere für Wissenschaftler und Studierende. Auch der akademische Diskurs fokussiert sich stärker auf die Bedeutung einer offenen Wissenschaftspolitik, die den interkulturellen Austausch fördert und nicht behindert.
Für internationale Wissenschaftler bleibt es jedoch eine Herausforderung, die individuelle Sicherheit und Karrierechancen gegen die Einreisebarrieren abzuwägen. Viele PhD-Studierende, Postdocs und etablierte Forschende überlegen, Forschungspartnerschaften zu verlagern oder langfristig auf andere Länder auszuweichen, in denen ein unkomplizierter Zugang gewährleistet ist. All dies verändert die globale Wissenschaftslandschaft nachhaltig. Die USA verlieren damit eines ihrer wichtigsten Güter – die Fähigkeit, Talente aus aller Welt anzuziehen und zu vernetzen. In einer Zeit, in der wissenschaftliche Innovationen entscheidend für gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimawandel, Gesundheitskrisen und Technologieentwicklung sind, ist dieser Verlust besonders kritisch.
Wissenschaft lebt von Offenheit, Mobilität und einem freien Austausch von Ideen. Wenn Grenzen mehr als nur geografische Trennlinien werden, leidet die gesamte Gemeinschaft. Abschließend lässt sich sagen, dass die aktuelle Situation um die Verlagerung wissenschaftlicher Konferenzen aus den USA heraus eine Mahnung an Politik und Gesellschaft ist. Um die führende Rolle in Forschung und Innovation zu sichern, müssen Barrieren und Ängste überwunden werden. Nur durch eine einladende und unterstützende Haltung gegenüber internationalen Forschern kann die USA ihre Stellung als weltweit wichtiger Wissenschaftsstandort bewahren.
Denn Wissenschaft ist global – und Grenzen sollten dies nicht behindern.