Die Glyptostrobus pensilis, besser bekannt als chinesische Sumpfzypresse, ist eine bemerkenswerte Baumart, die als tertiäres Relikt gilt und einst große Areale im Perlflussdelta im südlichen China bedeckte. Diese Baumart wuchs bevorzugt in sumpfigen Auen und Flussdeltas, wo sie kahle, wasserverwaltete Böden meisterhaft nutzte. Trotz ihrer einstigen weitläufigen Verbreitung steht sie heute kurz vor der Auslöschung, und die Gründe für den Zusammenbruch dieser Wälder sind vielschichtig und faszinierend zugleich. Eine Vielzahl von Hinweisen aus Palynologie, Radiokarbon-Datierungen und Sedimentstudien liefert heute ein differenziertes Bild des Geschehens in den vergangenen 5000 Jahren. Zunächst ist es wichtig, den Lebensraum und die ökologischen Bedürfnisse der Glyptostrobus pensilis zu verstehen.
Die Art ist wasserliebend, tolerant gegenüber dauerhafter Wasseransammlung und benötigt ein gemäßigtes bis subtropisches Klima mit Temperaturen zwischen etwa 12 und 25 Grad Celsius sowie einer jährlichen Niederschlagsmenge zwischen 1200 und 2230 Millimetern. Historische Untersuchungen zeigen, dass die Sumpfzypressenwälder im Perlflussdelta vor Tausenden von Jahren weitaus ausgedehnter waren und dichte, kohlenstoffreiche Torfschichten bildeten. Diese Torfschichten, oft als „vergrabene Urwälder“ bezeichnet, enthalten heute noch zahlreiche, teils zwei Meter dicke Baumstümpfe, die zumeist aufrecht und gut konserviert im Wasser eingeschlossen liegen. Die Befunde aus den Sedimentkernprofilen in Orten wie Gaoyao und Sihui zeigen, dass diese Wälder sich über einen langen Zeitraum stabil und gesund entwickelten. Untersuchungen des organischen Kohlenstoffgehaltes im Torf und der Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs belegen ein hohes Maß an Photosyntheseleistung und Kohlenstoffbindung.
Diese dichten Sumpfwälder fungierten als bedeutende Kohlenstoffspeicher und beeinflussten das lokale Klima und die Biodiversität maßgeblich. Mit der Zeit jedoch eröffnen palynologische Daten Hinweise auf eine Abnahme der Baumdichte und eine Veränderung der Vegetationsstruktur, die sich nicht ausschließlich durch klimatische Schwankungen erklären lässt. Zwar gab es in der späten Holozän-Periode ab etwa 4300 vor unserer Zeit eine nachweisbare Klimakältephase, und um 3500 Jahre vor heute eine längere Phase von Trockenheit und kühleren Temperaturen, ausgehend von analogen Klimarekonstruktionen und Vergleichen mit globalen Ereignissen wie der 4,2- und 3,5-Kilojahr-Markanter Klimawandel-Ereignissen. Diese Phasen führten zeitweise zu einer Rückzugsdynamik der Sumpfzypressenbestände, jedoch erholten sich die Waldflächen anschließend, sobald die klimatischen Bedingungen wieder günstiger wurden. Der eigentliche Zusammenbruch der Glyptostrobus pensilis Wattenwaldsysteme lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht natürlichem Klimawandel zuschreiben.
Ab etwa 2100 Jahren vor heute fällt eine markante Zäsur auf, bei der die Anteile der Sumpfzypressenpollen abrupt abnehmen und gleichzeitig Pollenarten wie Poaceae – typischerweise Gräser und Getreide wie Reis – sowie Pionierpflanzen deutlich zunehmen. Gleichzeitig steigt die Konzentration anthropogener Metalle wie Kupfer und Blei in Sedimenten deutlich an. Diese Befunde korrelieren mit historischen Aufzeichnungen, die dokumentieren, dass in diesem Zeitfenster zwei bedeutende militärische Eroberungen das Perlflussdelta erschütterten. Die erste war die Invasion der Qin-Dynastie zwischen 221 und 214 v. Chr.
, als ein großer Heerführer des damaligen chinesischen Kaisers südliche Regionen gewaltsam unterwarf. Diese Expansion brachte eine Vielzahl von Siedlern, Handelstreibenden und Staatsbeamten in die Region, die fortgeschrittene Landwirtschaftstechniken mit sich brachten und die Siedlungsstruktur nachhaltig veränderten. Mehr noch jedoch ist das zweite Ereignis von zentraler Bedeutung: die Vernichtung des Nanyue-Reiches durch die Han-Dynastie im Jahr 111 v. Chr. Der Han-Heer und seine Marine setzten bei der Eroberung auch großflächige Feuerangriffe ein, die weit über die Stadt Panyu hinaus Umwelt und Vegetation in Mitleidenschaft zogen.
Die in den Torfschichten erhaltenen verbrannten Baumstümpfe weisen auf diese Verbrühungen hin – ein dramatischer Beleg für die Zerstörung der einstigen Sumpfwälder durch kriegerische Aktivitäten. Diese Kriegsereignisse sowie die anschließende massive Bevölkerungszunahme und Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung führten zu einem Anthropozän-artigen Niedergang der ursprünglichen Sumpfwälder. Durch die Kombination von Brandschäden, Rodungen und veränderten Landnutzungssystemen fanden die fragilen Sumpfsysteme kein Regenerationsfenster mehr. Die Glyptostrobus pensilis verschwanden nahezu vollständig aus den Küstengebieten, überdauernde Populationen sind heute auf nur wenige abgelegene Binnenregionen zurückgedrängt. Im weiteren Verlauf der Geschichte setzte eine fortwährende Entwaldung in der Region ein, welche zur Folge hatte, dass zusammen mit der Glyptostrobus pensilis auch eine breite Vielfalt an anderen Tier- und Pflanzenarten verloren ging.
Dies umfasste inzwischen ausgestorbene oder lokal erloschene Tiere wie Elefanten, Tiger, Nashörner und Flussschildkröten, die bis dahin natürliche Ökosysteme prägten. Die Zerstörung der Sumpfwälder beeinflusste außerdem die Flussmorphologie, Wasserqualität und aquatische Lebensgemeinschaften, wie die Populationen des Süßwasser-Delfins (Tümmler) veranschaulichen. Die wissenschaftliche Arbeit an den Torfschichten bietet heute nicht nur ein insight in die Umweltgeschichte Chinas, sondern stellt auch einen wichtigen Warnhinweis dar. Die Fragilität von Ökosystemen unter kombiniertem Druck von klimatischen Schwankungen und menschlichen Eingriffen wird vor Augen geführt. Während vergangene Klimaextreme reversible Effekte auf die Sumpfwälder hatten, waren die Zerstörungen durch Krieg und intensive menschliche Landnutzung kumulativ und nachhaltig.
Eine Wiederherstellung der ursprünglichen Glyptostrobus pensilis-Sümpfe erscheint unrealistisch, besonders angesichts der gegenwärtigen dichten Besiedlung und wirtschaftlichen Nutzung der Region. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschung an den verschütteten Dinosaurier-artigen Wäldern, wie sie im Perlflussdelta gefunden werden, historische Kriege, Bevölkerungsbewegungen und landwirtschaftlichen Wandel als die entscheidenden Ursachen für den Zusammenbruch der chinesischen Sumpfzypresse offenbart hat. Dieser Fall illustriert die komplexen Wechselwirkungen von Natur, Gesellschaft und Geschichte und zeigt, wie menschliche Konflikte und Technologien zur unwiederbringlichen Veränderung ganzer Lebensräume führen können. Die heutige Bedrohung dieser Baumart und ihrer letzten Refugien mahnt, dass eine nachhaltige Landschafts- und Artenschutzpolitik erforderlich ist, um das verbliebene Erbe dieser uralten Wälder zu bewahren.