Südkorea befindet sich an einem entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung seiner Marinekapazitäten. Während der ursprünglich geplte Bau eines leichten Flugzeugträgers den Einsatz von F-35B-Kampfjets vorsah, hat das Land nun eine grundlegende Neuausrichtung dieses Konzepts beschlossen. Statt auf die hochmodernen, aber kostenintensiven amerikanischen Jets zu setzen, will Südkorea künftig vor allem auf eine Flotte von unbemannten Luftfahrzeugen, sogenannten Drohnen, setzen. Diese strategische Veränderung hebt nicht nur die Verteidigungsdoktrin auf ein neues Level, sondern zeigt auch den Bemühungen um mehr Unabhängigkeit im Bereich militärischer Technologien und Kostenkontrolle. Der Wandel resultiert aus einer Kombination mehrerer Einflussfaktoren.
Zunächst stehen finanzielle Aspekte im Fokus: Der Erwerb und Unterhalt der F-35B Lightning II Jets sind mit erheblichen Ausgaben verbunden, die das Verteidigungsbudget stark belasten könnten. Südkorea sieht in den Drohnen eine kosteneffizientere Alternative, die nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die Wartungskosten langfristig reduzieren kann. Zudem ermöglichen unbemannte Systeme eine flexiblere und risikoärmere Durchführung von Aufklärungs-, Überwachungs- und sogar Angriffseinsätzen, ohne die Sicherheit menschlicher Piloten zu gefährden. Technologisch hat Südkorea große Fortschritte bei der Entwicklung eigener UAVs (Unmanned Aerial Vehicles) erzielt. Dank vermehrter Investitionen in Forschung und Entwicklung ist das Land in der Lage, spezialisierte Drohnen zu produzieren, die den Anforderungen moderner Marineoperationen gerecht werden können.
Der Fokus liegt dabei auf verschiedenen Typen von Drohnen, die sowohl in der Kampf- als auch in der Aufklärungsrolle eingesetzt werden können. Einsteiger in das Konzept sind neben Kampfdrohnen auch Überwachungsdrohnen mit langen Flugzeiten sowie sogenannte „loitering munitions“ – eine Art „Kamikaze-Drohnen“, die gezielt für Angriffe über ein längeres Zeitfenster in der Luft verbleiben. Die Entscheidung wirkt sich auch auf die geplante Größe und Ausstattung des Flugzeugträgers aus. Das ursprüngliche Projekt sah ein 30.000 Tonnen schweres Schiff mit einer Länge von 260 Metern und einer Breite von 40 Metern vor, ausgestattet mit bis zu 20 F-35B Jets.
Die Neuausrichtung ermöglicht eine Kostenreduktion um mehrere Billionen südkoreanischer Won, was die Umsetzung realistischer und nachhaltiger macht. Zudem entsteht ein flexibleres Einsatzprofil für das Schiff, das neben Kampf- und Aufklärungsaufgaben auch amphibische Operationen sowie Sicherheits- und Such- und Rettungsmissionen übernehmen soll. Diese moderne Ausrichtung reflektiert auch den globalen Trend zur Automatisierung und Digitalisierung des Militärwesens. Drohnen ermöglichen es, schneller auf sich ändernde Bedrohungen zu reagieren, und bieten durch ihre Vielseitigkeit eine höhere Einsatzflexibilität. Zudem können mehrere Drohnen gleichzeitig vom Flugzeugträger gestartet und koordiniert werden, was die Schlagkraft erhöht.
Die Integration bemannter Hubschrauber bleibt dennoch erhalten, um Aufgaben zu erfüllen, die höhere Präzision oder menschliches Eingreifen erfordern. Sicherheitsstrategisch ergibt sich aus dem Wechsel zum Drohneneinsatz eine spürbare Stärkung der nationalen Verteidigung. Die reduzierte Abhängigkeit von ausländischen, insbesondere US-amerikanischen Waffensystemen, entspricht dem Willen Südkoreas, seine militärische Souveränität auszubauen. Durch den Ausbau der heimischen Verteidigungsindustrie können zudem technologische und wirtschaftliche Impulse gesetzt werden, die auch die Position Südkoreas als regionaler Akteur im asiatisch-pazifischen Raum festigen. Für Südkorea ist die anstehende Entscheidung eines Meilensteins in der Verteidigungspolitik.
Mit der Beauftragung von HD Hyundai zur Entwicklung eines neuen Trägerkonzepts im letzten Monat und der geplanten endgültigen Freigabe des Projekts nach einem bevorstehenden Stabsmeeting wächst die Aussicht, die ersten Schiffe bereits in der zweiten Hälfte der 2030er Jahre zu bauen. Dieses Vorhaben könnte die Art und Weise, wie Seestreitkräfte operieren, grundlegend verändern und neue Maßstäbe für Stealth, Effizienz und Kampfkraft setzen. Auf internationaler Ebene verfolgt die Weltgemeinschaft die Entwicklung mit Interesse. Südkoreas Weg zeigt, wie moderne Technologien und strategisches Kalkül kombiniert werden können, um militärische Effektivität zu steigern und gleichzeitig Budgetrestriktionen zu umgehen. Dies könnte weitere Staaten ermutigen, Drohnentechnologie in ihre militärischen Konzepte zu integrieren und den klassischen Kampfflugzeugen eine zunehmend ergänzende oder ersetzende Rolle zuzuschreiben.
Insgesamt unterstreicht der Schritt Südkoreas die tiefgreifenden Transformationen in der militärischen Luftfahrt und Seestreitkraftstrategie des 21. Jahrhunderts. Drohnen gewinnen an Bedeutung als wirtschaftliche, taktische und technologische Innovationen, die nicht nur alte Grenzen überwinden, sondern auch neue Möglichkeiten für nationale Verteidigung und internationale Zusammenarbeit eröffnen. Vor diesem Hintergrund gilt der Fokus nun den technischen Realisierungen, der Ausarbeitung detaillierter Einsatzkonzepte und der langfristigen Integration der unbemannten Systeme in das gesamte Verteidigungsökosystem Südkoreas.