In den letzten Jahren hat die Bedeutung von Online-Desinformation rasant zugenommen. Falschinformationen und manipulative Inhalte beeinflussen zunehmend politische Meinungen, gesellschaftlichen Zusammenhalt und sogar demokratische Prozesse. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, finanzieren staatliche Stellen in den USA regelmäßig wissenschaftliche Projekte, die Strategien zur Erkennung und Eindämmung von Desinformation entwickeln. Doch unter der Präsidentschaft von Donald Trump wurde eine umstrittene Entscheidung getroffen: Zahlreiche Fördermittel für Forschungen zu Online-Desinformation wurden abrupt eingestellt. Diese Maßnahme hat eine überwältigende Debatte über Freiheit, Forschung und die Rolle des Staates in der Internetregulierung ausgelöst.
Federführend bei diesen Streichungen waren das Pentagon, die National Institutes of Health und die National Science Foundation, die argumentierten, mit den Kürzungen würden konservative Stimmen vor vermeintlicher Online-Zensur geschützt. Kritiker hingegen sehen darin einen gefährlichen Versuch, die wissenschaftliche Untersuchung eines zunehmend relevanten Themas zu behindern. Lisa K. Fazio, eine assoziierte Professorin an der Vanderbilt University und Expertin für kognitive Psychologie, war eine der Wissenschaftlerinnen, deren Forschungsförderung eingestellt wurde. Ihre Arbeit beschäftigte sich mit der Frage, wie die Wiederholung von Lügen deren Glaubwürdigkeit beeinflusst und damit die Verbreitung von Fehlinformationen befeuert.
Fazio betonte, dass viele Amerikaner genau wissen wollen, wie solche Mechanismen funktionieren und wie man ihnen entgegenwirken kann. Die Fördermittelstreichungen erfolgen parallel zu einem von Präsident Trump am 20. Januar erlassenen Executive Order, der den Schutz des Ersten Verfassungszusatzes und damit der Meinungsfreiheit betont. Aus Sicht der Administration stellt die Forschung zu Desinformation eine Bedrohung dar, weil sie angeblich zur Zensur konservativer Inhalte führt. Allerdings blieb ein direkter Nachweis, dass geförderte Projekte tatsächlich solche Zensurmaßnahmen begünstigt haben, aus.
Statistiken und wissenschaftliche Untersuchungen zeigen vielmehr, dass die eingeschränkten Fördermittel dazu führen, dass wichtige Forschungsprojekte gar nicht erst beginnen oder frühzeitig abgebrochen werden müssen. Projekte wie die Entwicklung von Werkzeugen zur Erkennung von mit Künstlicher Intelligenz erzeugten manipulierten Bildern und Videos, die sich an der Rochester Institute of Technology in New York in Entwicklung befanden, bleiben dadurch unerforscht. Ebenso untersuchten Wissenschaftler an der Kent State University in Ohio Strategien, mit denen böswillige Akteure durch falsche Identitäten die öffentliche Meinung in sozialen Medien beeinflussen. Durch die Streichungen entsteht eine Lücke im wissenschaftlichen Verständnis von digitalen Manipulationstechniken, was langfristig auch negative Auswirkungen auf die Informationssicherheit und Öffentlichkeit haben kann. Die Argumentation, die Förderung zu stoppen, um vermeintliche Zensur zu verhindern, basiert auf einer konservativen Wahrnehmung, dass Universitäten und Non-Profit-Organisationen als verlängerte Arme großer Tech-Plattformen fungieren könnten, um konservative Stimmen zu unterdrücken.
Diese Sichtweise wird von vielen Experten als unbegründet zurückgewiesen, da bei der Untersuchung von Desinformation wissenschaftliche Neutralität und objektive Daten im Vordergrund stehen sollten. Zudem sind viele der geförderten Studien interdisziplinär angelegt und tragen zum wissenschaftlichen Fortschritt in Bereichen wie Psychologie, Informatik und Kommunikationswissenschaft bei. Die Auswirkungen dieser Kürzungen sind nicht nur auf den akademischen Bereich beschränkt. Die Verbreitung von Desinformation untergräbt demokratische Werte und hat während der COVID-19-Pandemie sowie bei Wahlen gezeigt, wie gefährlich unkontrollierte Fehlinformation sein kann. Wissenschaftler warnen, dass eine Reduzierung der Forschungskapazitäten dazu führt, dass Gesellschaften weniger gut gerüstet sind, um auf solche Herausforderungen zu reagieren.
Internationale Kooperationen und der Austausch von Erkenntnissen könnten dadurch ebenfalls beeinträchtigt werden, was die USA im globalen Wettbewerb um digitale Sicherheit und Medienkompetenz ins Hintertreffen geraten lässt. Der politische Kontext spielt eine entscheidende Rolle in der Debatte. Kritiker sehen die Fördermittelkürzungen nicht nur als Sparmaßnahme, sondern als Instrument, um unbequeme Forschungsergebnisse ungehört zu lassen und die Kontrolle über die öffentliche Narration zu behalten. Die Verteidiger der Maßnahme weisen darauf hin, dass das Fundament der Demokratie in den Vereinigten Staaten die uneingeschränkte Meinungsfreiheit sei und jede Maßnahme, die potenziell diese Freiheit einschränkt, sorgfältig geprüft werden müsse. Der Konflikt zeigt, wie komplex die Balance zwischen freier Meinungsäußerung und dem Schutz vor schädlicher Desinformation im digitalen Zeitalter ist.