Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen. Von einfachen automatisierten Systemen hat sie sich zu komplexen Modellen entwickelt, die Sprache verstehen, Bilder erzeugen, medizinische Diagnosen unterstützen und sogar kreative Aufgaben übernehmen können. Trotz der bemerkenswerten Fortschritte bringt diese technologische Revolution jedoch eine Herausforderung mit sich, die oft in der Diskussion übersehen wird: den enormen Energieverbrauch von KI-Systemen. Die Frage, ob KI jemals nachhaltig sein kann, beschäftigt Wissenschaftler, Ingenieure und Industrieexperten gleichermaßen. Die Energieverbrauchsdynamik von KI Datenzentren sind das Rückgrat moderner KI.
Sie beherbergen die Hardware, auf der Modelle trainiert und betrieben werden, und sie verbrauchen bereits enorme Mengen an Elektrizität. Laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der Stromverbrauch von Datenzentren bis 2030 in den USA aller Voraussicht nach den Konsum der gesamten energieintensiven Schwerindustrie übersteigen – inklusive Aluminium-, Stahl- und Zementproduktion. Künstliche Intelligenz ist der Hauptantrieb dieses beachtlichen Anstiegs. Das Training moderner KI-Modelle wie großer Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) oder multimodaler Systeme erfordert Rechenressourcen in bislang ungekanntem Ausmaß. Ein einziger Trainingslauf kann hunderte kilowattstunden verbrauchen, was grob mit dem Energiehaushalt eines durchschnittlichen Haushalts über mehrere Monate vergleichbar ist.
Neben dem Training sind es auch Inferenzvorgänge, also die praktische Anwendung der Modelle im Betrieb, die über die gesamte Lebensdauer eines Systems hinweg erhebliche Mengen an Energie fordern. Die Herausforderung der Nachhaltigkeit wird zusätzlich durch die Art und Weise verschärft, wie viele Anbieter und Entwickler mit dem Thema umgehen. Während KI bei der Datennutzung extrem offen agiert, bleiben spezifische Angaben zum Energieverbrauch vielfach unter Verschluss. Dies erschwert es, den ökologischen Fußabdruck transparent zu machen und gezielt Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Nachhaltigkeit durch verantwortungsvolle Planung Die wichtigste Stellschraube bei nachhaltiger KI beginnt bereits bei der Projektplanung.
Es stellt sich die Frage, ob KI überhaupt die geeignete Methode zur Problemlösung ist. Oft wird sie reflexartig oder aus Marketinggründen eingesetzt, ohne zwingend erforderlich zu sein. Ein sorgfältiger Abwägungsprozess, der alternative Ansätze und ihre jeweilige Umweltbelastung berücksichtigt, ist deshalb essenziell. Besteht die Notwendigkeit für den Einsatz von KI, sollte geprüft werden, ob es erforderlich ist, ein Modell selbst zu trainieren, oder ob auf bereits vortrainierte, offene Modelle ausgewichen werden kann. Das Training eigener Modelle ist besonders energieintensiv.
Die Nutzung bestehender Open-Source-Lösungen kann dagegen die Umweltbilanz deutlich verbessern und Kosten reduzieren. Ebenfalls entscheidend ist der Standort der Recheninfrastruktur. Rechenzentren an Orten mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien und einer gut geplanten Netzsteuerung können den CO2-Fußabdruck erheblich verringern. Werkzeuge wie Electricity Maps helfen dabei, solche energieeffizienten Standorte zu identifizieren und den Betrieb flexibel an die jeweils „grünsten“ Zeiten anzupassen. Technische Ansätze zur Reduktion des Energieverbrauchs Neben organisatorischen Entscheidungen gibt es technische Entwicklungen, die das langfristige Ziel der Nachhaltigkeit bei KI unterstützen.
Besonders vielversprechend sind Methoden zur Modellkompression, also der Reduzierung der Größe und damit des Rechenaufwands von KI-Systemen. Hierzu zählen Distillation, Quantisierung und Pruning. Distillation ermöglicht es, ein großes, leistungsfähiges Modell zu nutzen, um ein kleineres Modell auf dessen Verhalten zu trainieren. So kann das kompakte Modell schneller und mit weniger Energieaufwand inferieren, ohne stark an Qualität einzubüßen. Quantisierung reduziert die Datenpräzision innerhalb der Modelle, was Speicherbedarf und Rechenlast senkt.
Pruning entfernt überflüssige oder weniger wichtige Parameter aus neuronalen Netzwerken, angelehnt an biologische Prozesse, die beim Menschen unnötige Synapsen abbauen. Diese drei Techniken tragen gemeinsam dazu bei, dass KI-Systeme mit deutlich geringerem Energieaufwand arbeiten können. Eine Herausforderung bleibt jedoch, dass die zugrundeliegende Hardware diese Optimierungen unterstützen muss. Spezialisierte Prozessoren und FPGAs (Field Programmable Gate Arrays) bieten hier erhebliche Effizienzvorteile gegenüber allgemeinen GPUs. Ein weiterer innovativer Ansatz ist das energiereffiziente Management von Trainingsrechnern.
Das Perseus-Projekt des ML.Energy-Teams optimiert die Auslastung einer GPU-Trainingsfarm, indem es die Arbeitslast so verteilt, dass schwächer ausgelastete GPUs langsamer laufen und so weniger Energie verbrauchen, ohne die Gesamtdauer des Trainings zu verlängern. Erste Tests mit komplexen Modellen wie GPT-3 zeigen Einsparungen von bis zu 30 Prozent beim Energieverbrauch. Optimierung beim Betrieb und der Wartung Im produzierenden Betrieb spielt vor allem die Inferenzphase eine große Rolle für den Energieverbrauch. Studien von Google legen nahe, dass etwa 60 Prozent des Gesamtenergiebedarfs eines KI-Systems auf das Betreiben und nicht auf das Training entfallen.
Daher ist es wichtig, Modelle auch nach dem Training weiter zu optimieren. Kompressionstechniken können hier erneut angewandt werden, um das Modell für den Einsatz effizienter zu gestalten. Eine bedeutende Innovation stellt die sogenannte „speculative decoding“ dar, die das sequentielle Generieren von Texten durch parallele Token-Erzeugung ersetzt. Google konnte so die Geschwindigkeit für ein Übersetzungsmodell verdreifachen und damit den Energiebedarf der Inferenz stark reduzieren. Darüber hinaus ist der Hardwareeinsatz nach wie vor ein wichtiger Faktor.
Fortschrittliche Spezialchips, die niedrigere Bitpräzision nativ unterstützen, können die Vorteile von Quantisierung voll ausschöpfen und so Speicher- und Rechenressourcen schonen. Potenziale durch KI im Energiesektor Paradoxerweise kann KI selbst auch Teil der Lösung sein. Die IEA sieht großes Potenzial darin, KI in Energiesystemen einzusetzen, um technologische Innovationen zu beschleunigen, Netzwerke effizienter zu steuern und die Belastbarkeit bei witterungsbedingten oder anderen Störungen zu erhöhen. KI-gestützte Vorhersagen verbessern die Integration erneuerbarer Energien, deren volatile Erzeugung die Netzstabilität herausfordert. Hier kann die intelligente Steuerung von Verbrauch und Erzeugung helfen, den Energiebedarf von Datenzentren zu glätten und Lastspitzen zu vermeiden.
Carbon-aware Computing oder Anwendungsstrategien, die Nutzungsprofile auf grüne Zeitfenster verschieben oder an Standortbedingungen anpassen, sind praktisch umsetzbare Methoden für mehr Nachhaltigkeit. Gesellschaftliche Verantwortung und Zukunftsaussichten Die Verantwortung für nachhaltige KI erstreckt sich über die gesamte Wertschöpfungskette. Unternehmen, Entwickler und Nutzer sollten einen bewussten Umgang mit den Ressourcen fördern. Öffentliche Initiativen, Transparenz bei den Energiekennzahlen und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie können die Weichen für eine umweltverträglichere KI stellen. Fortschritte in Forschung und Softwareentwicklung sind vielversprechend, doch stellen sie auch die Frage nach Prioritäten und ethischer Zielsetzung.