Die Nintendo WaveBird ist unbestritten eine der ikonischsten Wireless-Controller, die jemals für Konsolen entwickelt wurden. Mit ihrer bahnbrechenden Technologie, die erstmals Radiofrequenz (RF) anstelle von Infrarotverbindungen einsetzte, setzte sie neue Maßstäbe in Sachen kabelloser Kontrolle, Reichweite und Benutzerkomfort. Trotz der herausragenden Eigenschaften des WaveBird-Controllers hat Nintendo die Produktion dieser Geräte bereits vor mehr als einem Jahrzehnt eingestellt, was heute vor allem bei der Verfügbarkeit von Empfängern und Controllern zu spürbaren Engpässen führt. Hier setzt das Projekt WavePhoenix an. Es handelt sich dabei um eine Open-Source-Implementierung des Nintendo WaveBird Protokolls, die auf modernen Silicon Labs Wireless Gecko System-on-Chips (SoCs) basiert.
Dieses Projekt eröffnet neue Perspektiven für Retro-Gamer und Technikenthusiasten, die das kabellose GC/Wii-Erlebnis neu erleben oder erhalten möchten. Die Motivation hinter WavePhoenix ist klar: Fans des WaveBird-Controllers, vielfach als einer der besten Controller aller Zeiten bezeichnet, suchen nach einer langfristigen und erschwinglichen Lösung für die schrumpfende Verfügbarkeit originaler Hardware. Die originale Technologie des WaveBird sorgt für extrem lange Batterielaufzeiten und eine stabile drahtlose Verbindung ohne Eingabeverzögerung oder störende Sichtlinienanforderungen – Eigenschaften, die in der bewegten Geschichte von Wireless-Controllern selten zu finden sind. WavePhoenix stellt nicht nur eine reine Softwareumsetzung dar, sondern umfasst ein umfassendes Ökosystem aus Firmware, Hardwareentwürfen, Protokollbeschreibungen und Werkzeugen, die zusammenarbeiten, um eine vollständige Nachbildung des Original-Receivers zu ermöglichen. Die Firmware gliedert sich in verschiedene Komponenten, darunter libwavebird, die zentrale Implementierung des WaveBird Protokolls, libsi, die das SI (Serial Interface) Protokoll für die Kommunikation mit GameCube- und Wii-Konsolen umsetzt, eine Referenzsoftware für den Receiver selbst sowie einen Bootloader, der Firmware-Upgrades via Bluetooth ermöglicht.
Die Hardware für die WavePhoenix-Empfänger orientiert sich an modernen, kostengünstigen und leicht zugänglichen Komponenten. Im Fokus stehen Entwicklungskits und RF-Module auf Basis der Silicon Labs Wireless Gecko EFR32BG22-C3 Reihe, die kleinen Bausteine kombinieren SoC, Funkantennen und Frequenzabgleich in einem kompakten Modul. Die Open-Source-Hardware umfasst Schaltpläne, Leiterplatten-Designs (KiCad) und 3D-druckbare Gehäuse, die einfach nachgebaut oder in Auftrag gegeben werden können. Durch diese Offenheit wird es für die Community zum Kinderspiel, eigene Receiver zu erstellen, anzupassen oder weiterzuentwickeln. Ein zentraler technischer Aspekt ist die Herausforderung der Funktechnik selbst.
Das originale WaveBird verwendet eine spezielle Form von Direct Sequence Spread Spectrum (DSSS) Funkübertragung mit 15 Chips pro Bit, eine Technologie, die eine robuste und störungsresistente Verbindung gewährleistet. Die Herausforderung bestand darin, einen modernen SoC zu finden, der dieses Protokoll in Echtzeit hardwareseitig verarbeiten kann. Nach gründlicher Recherche fiel die Wahl auf die Silicon Labs Wireless Gecko-Serie, die diese Anforderungen erfüllt. Die Implementierung der Funkübertragung und -aufnahme ist komplex. Sie kombiniert präzise Timings, Modulationsverfahren und Fehlerkorrekturverfahren und sorgt für die zuverlässige Dekodierung der Datenpakete.
Der Decoder musste so programmiert werden, dass er eingehende Datenströme de-interleaved, BCH(31,21) Nachrichten korrekt decodiert und eine valide CRC-Prüfung durchführt. Ebenso spannend ist die Tatsache, dass der WaveBird-Controller neben den gängigen Eingabedaten auch sogenannte Origin-Nachrichten sendet, die wichtige Zustandsinformationen der Analog-Sticks direkt nach Einschalten des Controllers übermitteln. Die genaue Behandlung und Entschlüsselung dieser Nachrichten war ein weiterer Erfolg des WavePhoenix-Projekts, der bisherige Reverse-Engineering-Versuche nur unzureichend abgedeckt hatten. Ein weiteres Kernstück der Arbeit war die Emulation des SI-Busses, der für die Kommunikation zwischen GameCube/Wii-Konsole und Controller zuständig ist. Die Komplexität besteht darin, die seriellen Datenraten präzise einzuhalten und sowohl Eingangs- als auch Ausgangssignale im Hardware-Zeitfenster korrekt zu vermitteln.
Hierbei kommen Mikrocontroller-Peripherien wie Timer, DMA sowie USART in speziellen Modi zum Einsatz, um CPU-Lasten gering zu halten und Reaktionszeiten auf Konsolenbefehle zu optimieren. In der Praxis ist das Ergebnis so beeindruckend wie beeindruckend detailliert: Das System kann SI-Kommandos erkennen, korrekt darauf antworten, und die aktuelle Controller-Eingabe mit wenigen Millisekunden Verzögerung liefern. Die ursprüngliche Funktionalität des WaveBird wird damit vollständig nachgebildet. Da der WaveBird keine formale Kopplung seiner Controller mit Receivern hat, kommt ein Mechanismus namens „ID-Pinning“ zum Einsatz. Der Receiver fixiert sich auf die erste empfangene Controller-ID und ignoriert anschließend alle anderen IDs, um Probleme bei der Multiplen Controller-Versammlung auf demselben Kanal zu vermeiden.
WavePhoenix implementiert dieses Verhalten präzise und erweitert es um moderne „virtuelle Pairing“-Funktionen, bei denen der Nutzer über eine Taste auf dem Receiver und eine Tastenkombination am Controller eine sichere Kopplung herstellen kann. Diese Funktionalität erleichtert den zeitgemäßen Betrieb in belebten Umgebungen mit mehreren Controllern erheblich. Durch ständige Radio-Feintuning-Maßnahmen wurde die Leistung des WavePhoenix-Empfängers immer weiter verbessert, sodass heute mehr als 230 Pakete pro Sekunde auf Entfernungen bis etwa fünf Meter sicher empfangen werden können – eine Leistung, die sehr nahe an die Original-Hardware heranreicht und für flüssige Eingabereaktion sorgt. Obwohl die Arbeit bereits beeindruckende Resultate liefert, sieht der Entwickler noch viel Potenzial zur Weiterentwicklung, wozu die Community herzlich eingeladen ist. Ein besonderer Reiz an WavePhoenix ist die Möglichkeit, nicht nur die Empfängerseite, sondern perspektivisch auch eigene Controller zu bauen.
Die Bibliothek libwavebird enthält nämlich auch Funktionen zum Kodieren von Paketen, was ambitionierten Bastlern und Entwicklern erlaubt, eigene WaveBird-kompatible Transmitter zu entwickeln und so das Ökosystem zu erweitern oder zu modifizieren. Darüber hinaus steht die Anpassung an andere Nintendo-Konsolen im Raum. Da das GameCube-Si-Protokoll sehr ähnlich zu dem des Nintendo 64 ist, wäre es denkbar, WavePhoenix zu erweitern, um auch N64-kompatible WaveBird-Empfänger zu erstellen. Zusätzliche Entwicklungsideen sehen die Integration von USB-HID-Dongles vor, welche den Einsatz von WaveBird-Controllern an PC-Systemen oder Emulatoren wie Dolphin erleichtern könnten und so das Retro-Gaming-Erlebnis auf moderne Plattformen erweitern. WavePhoenix ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie moderne Open-Source-Softwareentwicklung eine Brücke zu klassischer Hardware schlagen kann.
Die Mischung aus detaillierter Protokollanalyse, sauberer Softwarearchitektur, cleveren Hardwaredesigns und engagiertem Community-Support hat ein seltenes Projekt hervorgebracht, das historische Gaming-Hardware neu definiert. Die Anwender profitieren von einer gesteigerten Verfügbarkeit, modernerer Technologie und der Möglichkeit, die ursprüngliche Wireless-Erfahrung nahezu originalgetreu wiederzugeben. Abschließend steht das Projekt auch für die Bedeutung offener Lizenzen. Die Firmware ist unter der MIT-Lizenz veröffentlicht, während die Hardwarepläne unter der Solderpad Hardware License stehen. Das sichert langfristigen Zugang und gemeinschaftliches Weiterentwickeln, ohne die Barrieren proprietärer Systeme.
WavePhoenix zeigt eindrucksvoll, wie Technologie und leidenschaftliche Community-Arbeit zusammenspielen können, um Klassiker wie den WaveBird lebendig zu halten und fit für die Zukunft zu machen. Für Fans von Retro-Konsolen und Funktechnik ist dieses Projekt ein absolutes Muss und setzt einen neuen Standard, wie Nachhaltigkeit, Innovation und Nostalgie Hand in Hand gehen können.